Traumreisende
herumsitzen und klagen bringt nichts. Ich muss wissen, wer wir sind und wer wir waren. Irgendwie hab' ich das Gefühl, solch einen richtigen Job wie die Weißen zu bekommen und in solchen Häusern zu leben, ist nicht die Lösung für mich. Ich weiß nicht, was es ist, aber ich denke, ich kann es rauskriegen, wenn ich meinen Gefühlen folge. Mein Herz sagt mir, ich solle darauf vertrauen, dass ich geführt werde und glauben, dass dort draußen ein Weg auf mich wartet, den ich gehen soll. Ich werde dir helfen zu kämpfen, Pauline, ich verspreche es. Aber ich muss wissen, wofür ich kämpfe, nicht nur, wogegen.«
Am nächsten Morgen nahm Beatrice Abschied und begann wieder den Highway entlang zuziehen. Ihre Zigarrenkiste war jetzt nur noch halb voll und lag zusammen mit dem Proviant, den die McDaniels ihr unbedingt hatten mitgeben wollen, in der blauen Tasche. Sie hatte einen ausrangierten Armeekanister für Wasser an den Riemen der Tasche gebunden, die über ihrer Schulter hing.
An diesem Tag wurde sie mehrmals mitgenommen. Zuerst hielt ein älteres weißes Ehepaar. Sie fuhr mehr als drei Stunden auf deren Rücksitz mit, bevor sie die Abzweigung erreichten, an der sie den Highway verlassen mussten. Danach nahm eine ausländisch aussehende Frau, die ihren Urlaub hier verbrachte, sie auf und fuhr in die nächste Stadt, wo sie sie an der Tankstelle absetzte. Beatrice aß ein Sandwich, füllte neues Wasser in ihren Kanister und machte sich dann wieder auf den Weg. Plötzlich ertönte ein lautes Geräusch hinter ihr, als der Fahrer eines riesigen Fernlasters hupte und anhielt. Er würde die ganze Nacht fahren und könnte etwas Gesellschaft brauchen. Sie kletterte ins Führerhaus, dankbar für seine Großzügigkeit.
»Wo willst du hin?« fragte er, eine Zigarette im Mundwinkel.
»Nach Norden.«
»Viele Schwarze leben im Norden, nicht? Muss besseres Buschfutter geben da. Ich kann nicht verstehen, wie ihr manches von dem Zeug essen könnt. Mir sind eine ordentliche Scheibe Rindfleisch mit reichlich Brötchen und hausgemachter Marmelade lieber!« Für den Rest der Nacht redete er immer dann auf Beatrice ein, wenn ihm ein anderes Thema in den Sinn kam. Gelegentlich stellte er ihr eine Frage, aber ein bloßes
»Hm« genügte ihm gewöhnlich als Antwort. Sie war rechtschaffen müde, aber da er ihr die Mitfahrgelegenheit angeboten hatte, um Gesellschaft zu haben, zwang sie sich, wach zu bleiben. Sie tat so, als sei sie interessiert an allem, womit er prahlen oder worüber er sich beklagen wollte.
Am Morgen hielten sie, um zu tanken und damit er frühstücken könnte. Sie aß von den Vorräten aus ihrer Tasche. Sie fuhren weiter bis gegen Mittag; dann sagte er, er müsse anhalten und etwas schlafen. Ein anderer Laster war mit ungefähr der gleichen Geschwindigkeit gefahren. Sie hatten sich mehrmals gegenseitig überholt. Er blinkte den anderen Laster an, und beide hielten am Straßenrand. Ihr Fahrer erklärte dem anderen, er müsse anhalten und sich ausruhen, aber er habe eine Anhalterin bei sich, die mitgenommen werden wolle. Würde der andere Fahrer das tun? Der willigte ein. Beatrice stieg aus einem Führerhaus aus und kletterte in das andere. Dieser zweite Fahrer war groß; er maß an die ein Meter achtzig.
Als er Beatrices Tasche ergriff und auf den Boden warf, bebten seine Armmuskeln, als wären sie enttäuscht, nicht auf eine Herausforderung von mehreren hundert Pfund Gewicht zu stoßen. Auch er schien mit einer brennenden Zigarette zu leben, die ihm wie angewachsen aus dem Mund stand. Sie fuhren den ganzen Tag und hielten nur zum Tanken. Der Besitzer einer Tankstelle verweigerte Beatrice den Zutritt zur Damentoilette. Er behauptete, die sei kaputt. Seine Frau reichte Beatrice einen Pappbecher und sagte: »Hier, vielleicht kannst du das benutzen!« Beatrice wusste nicht recht, wie, also ging sie hinter das Gebäude und hielt sich den Becher zwischen die Beine. Als sie fertig war, schüttete sie den Urin auf den Boden und beschloss, den Becher für ähnliche Anlässe aufzubewahren. Er kam mit in die Tasche.
In dieser Nacht, mehrere Stunden nach Sonnenuntergang, fuhr der Fahrer den großen Laster an den Straßenrand und stieg aus. Er streckte die Arme aus und bewegte den Hals, als wolle er die verkrampften Muskeln lockern. Er öffnete Beatrices Tür und sagte: »Komm raus und vertritt dir die Beine. Es ist eine schöne Nacht.« Es war wirklich eine schöne Nacht. Die Sterne flimmerten über ihnen, und ohne jedes
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