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Traumreisende

Traumreisende

Titel: Traumreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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gelegentlich an oder zeigten auf etwas in der Ferne. Die folgenden sechzig Kilometer legte Beatrice viel schneller zurück.
    Endlich hielt das Fahrzeug an und parkte seitlich neben einem kleinen gelben Haus, aus dem sofort mehrere Leute herauskamen. Alle waren Aborigines. Beatrice hatte Gelegenheit, sich vorzustellen, und erfuhr, dass dies die Familie McDaniel sei. Die vier im Wagen hatten die Möbel aus dem Haus eines Verwandten geholt, der verstorben war. Sie bestanden darauf, dass Beatrice über Nacht bei ihnen bliebe. Die Familie schien bereit, alles mit ihr zu teilen, was sie hatte, und Fremde aufzunehmen, als seien sie durchreisende Angehörige.
    »Ich bin Pauline«, sagte die Frau, als sie aus dem Lastwagen stieg. »Hier, trag diese Uhr«, fügte sie hinzu und reichte dem Jungen eine altmodische Standuhr. Er trug sie ins Haus.
    »Ich heiße Beatrice. Wie kann ich euch helfen? Vielen Dank für die Fahrt.«
    »Wir können diesen Tisch auf die Veranda tragen«, war die Antwort, gefolgt von: »Freddy, komm und hilf!« Zwei ältere Männer näherten sich. Sie luden sich den schartigen und rostigen Chromtisch auf, während Beatrice und Pauline je einen Stuhl trugen. Der Tisch wurde auf die Veranda gestellt, weil im Haus kein Platz war. Es gab schon einen Tisch und vier Stühle, die den größten Teil der Küche einnahmen. Die anderen Zimmer von Paulines Vierzimmerhaus enthielten Betten, Sofas und Schränke sowie Matratzen auf dem Fußboden. Das Badezimmer lag neben der Küche, und die Toilette war ein winziges Kabuff, das man von der Hauptdiele aus erreichte. Kaum hatten sie das Haus betreten, rochen sie den wunderbaren Essensduft. »Nimm einen Teller«, sagte Pauline.
    »Dann können wir uns irgendwo hinsetzen, und du kannst uns deine Geschichte erzählen.« Beatrice hatte ihr Leben oder die Umstände ihrer Reise nicht als Geschichte angesehen, aber vielleicht war das eine gute Bezeichnung dafür.
    Sie berichtete von dem Brand bei Mrs. Crowley und ihrem Interesse daran, die alte Lebensweise kennen zulernen.
    »Warum interessierst du dich dafür?« fragte Pauline, während sie sich noch einen Bissen süße Yamwurzel in den Mund steckte. »Das bedeutet, rückwärts zu gehen. Wir müssen vorwärts gehen. Wir brauchen mehr Geld von der Regierung und mehr Häuser und bessere Jobs. Wenn du anfängst, wie die alte Tante hier zu reden, machst du die Dinge nur schlechter und nicht besser!« Die alte Tante war die Frau in der Ecke der Veranda, nahm Beatrice an.
    »Das mag sein«, gab Beatrice zu, während sie lächelte und sich das Gesicht der alten Frau genau ansah, »aber woher wissen wir, wofür wir in der Zukunft kämpfen müssen, wenn wir nicht mal wissen, was wir aufgegeben haben?« Sie sah die anderen an und sagte: »Ich wünschte nur, ich könnte ausführlich mit jemandem reden, der mir von der Vergangenheit erzählen kann, davon, wie es früher war, warum manches so und nicht anders war und wie und warum es sich geändert hat.«
    »Es gibt noch ein paar, die auf die alte Art leben«, trug Freddy zu dem Gespräch bei. »Geh nach Arnhem Land oder in die innere Wüste. Wir haben Freunde, die im Northern Territory leben, und andere in Westaustralien. Ich kann dir helfen, dort oben Leute kennen zulernen, wenn du möchtest.«
    »Aber die Dinge stehen dort genauso schlecht«, warf Pauline ein. »Alles ist so ungerecht. Niemand von der Regierung will auf uns hören. Kein Weißer kümmert sich um uns, und sie haben alle Macht. Ich bin mir sicher, sie wünschen sich, wir würden alle in die Wüste ziehen und ihnen das ganze Land überlassen, damit ihre Rinder und Schafe überall grasen können, außer dort, wo sie die Erde mit Zement bedecken und ihre Einkaufsläden hinbauen wollen. Ich habe kein Interesse am Weglaufen; ich bleibe hier, um für unsere Rechte einzutreten.
    Wenn wir ihre Art akzeptieren müssen, dann muss es uns auch gestattet sein, so zu leben wie sie. Wir brauchen unsere eigenen Ärzte und Rechtsanwälte, Rundfunksprecher und Fabrikarbeiter in der Brauerei und...« Doch sie wurde von einem lauten Lachen der Männer auf der Veranda unterbrochen.
    »Ja, Pauline, Arbeit in der Brauerei würde ganz bestimmt alles bestens regeln«, scherzten sie.
    »Das ist ein Traum«, sagte Freddy. »Dass Schwarze mit Weißen zusammenarbeiten. Dasselbe bezahlt bekommen. Die gleiche Arbeit tun. Tür an Tür mit weißen Leuten wohnen. Das ist alles ein Traum.«
    Da meldete sich die winzige Stimme der alten Tante, fast flüsternd.

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