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Traumreisende

Traumreisende

Titel: Traumreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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dieser entlegenen Gemeinde herausgewachsen. Hier war es zu ruhig, zu langweilig, zu weit vom Rest der Welt entfernt, also ging er fort. Sie hatte ein paar Briefe und vor fünf Jahren eine Weihnachtskarte bekommen, aber seither nichts mehr von ihm gehört. Jeden Tag hoffte und erwartete sie, er würde durch die langen Plastikstreifen des Fliegenvorhangs am Eingang hereingeschlendert kommen, aber das tat er nie.
    Die Milchbar war lang und schmal. Die vordere Hälfte war von den Gästen einzusehen. Sie enthielt ein buntes Sortiment an Lebensmitteln in Büchsen, Schachteln und Kartons. Es gab einen Kühlschrank, wo die Getränke kalt gestellt wurden. Mildred berechnete ein paar Cents mehr, wenn der Kunde ein gekühltes statt desselben warm im Regal stehenden Getränks haben wollte. Sie bereitete auch jeden Tag Essen für Stammkunden zu, das diese kauften und mitnahmen. Es handelte sich dabei im wesentlichen um die Mittagsmahlzeit, aber meistens wurden abends bei Ladenschluss die letzten Reste verkauft. Die Leute, die im Hotel wohnten, kamen manchmal herüber, um sich Zutaten für ihre Sandwiches zu kaufen, statt die teureren Gerichte in dem Pub zu essen. Ein paar Blocks entfernt gab es zwei Unternehmen, die nach Perlen tauchten, und die Angestellten fanden Mildreds Essen preisgünstig und von guter Qualität.
    In der hinteren Hälfte des Ladens lagerten alle Kartons zum Auffüllen der Regale, sobald diese sich leerten. Es gab ein Badezimmer mit Toilette, einen kleinen Herd, einen Ausguss, einen Oberschrank und einen weiteren Kühlschrank. Gleich hinter der Tür, die die beiden Hälften voneinander trennte, hatte Mildred ein hohes altmodisches Radiogerät stehen, wo sie in einem Polstersessel sitzen und zuhören und während der Stunden, in denen im Geschäft nicht viel zu tun war, die Eingangstür im Auge behalten konnte. Rechts von der hinteren Tür führten Stufen in das Obergeschoss zur Wohnung der Familie McCreary.
    Mildred ließ Beatrice die Regale mit fehlenden Waren auffüllen, beide Hälften des Geschäfts fegen und den Bereich putzen, in dem das Essen zubereitet wurde. Sie war beeindruckt, wie hingebungsvoll die junge Frau sich jeder Aufgabe zu widmen schien. Am Ende des Tages schlug sie vor, Beatrice solle nach oben gehen und ein Faltbett holen, das man im hinteren Teil des Geschäfts aufstellen könnte. In den nächsten zehn Tagen verließ Beatrice den Laden nur, um den Gehsteig vor dem Eingang zu fegen und hinter dem Haus einen Teppich auszuklopfen. Sie erbot sich, Mildreds Wohnung zu putzen, und machte das viel besser, als die Besitzerin es jemals selbst getan hatte, und so wurde auch das ein Teil ihrer Pflichten.
    Die beiden Frauen kamen gut miteinander aus. Keine neigte zu müßigem Gerede, und da Beatrice ständig beschäftigt war, hatte Mildred das Gefühl, eine Perle als Angestellte gefunden zu haben. Sie brachte ihrer neuen Helferin sogar bei, ihre Bücher zu führen, Einnahmen und Ausgaben auszugleichen und die Konten für jene Leute zu führen, die anschreiben ließen. Im vierten Monat ihrer Anstellung wurde Beatrice die Aufgabe anvertraut, die Einnahmen zur Bank zu tragen und dort jeden Monat einen Umschlag abzuliefern, der das Geld für die Miete zur Einzahlung auf das Konto von Malcolm Houghton enthielt.
    Mr. Houghton war in zweiter Generation Besitzer einer Schafsfarm. Ihm gehörte zwanzigmal mehr Land, um seine Schafe weiden zu lassen, als die ganze Stadt groß war. Das Gebäude, in dem sich das Hotel befand, und alle Häuser auf Mildreds Straßenseite gehörten Malcolm Houghton. Er saß im Aufsichtsrat der Bank, unterstützte die Praxis eines durchreisenden Arztes, indem er die Räumlichkeiten für dessen Sprechstunden zur Verfügung stellte, die an zwei Tagen in der Woche abgehalten wurden, und trug auch zur Einrichtung eines Parks und eines Spielfeldes für Sportveranstaltungen bei.

    Außerdem beschäftigte er Aborigines. Beatrice hatte den Mann noch nie gesehen und bezweifelte auch, dass sie ihn je zu Gesicht bekommen würde, aber sie hörte seinen Namen fast jeden Tag. Als sie die alltäglichen Aufgaben, das Geschäft zu öffnen, zu schließen und zu führen beherrschte, fand sie endlich Zeit, sich mit den anderen Aborigine-Frauen und -Familien bekannt zu machen, die von Zeit zu Zeit in den Laden kamen. Es war wunderbar zu sehen, dass im Norden die schwarzen Kinder endlich dieselbe Schule besuchten wie die weißen.
    Obwohl ihr Einkommen noch immer staatlich bezuschusst wurde, um ihren

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