Traumschlange (German Edition)
Gedärme festzuhalten. Blut strömte zwischen seinen Fingern hervor, floss über seine Hosenbeine auf den Stein und bildete dort eine dunkle Lache, die ständig größer wurde. Seine Augen standen offen und blickten Abby traurig an. Er versuchte etwas zu sagen.
Abby legte ihm einen Finger auf den Mund.
„Nicht.“
„Abby...“
Ein Klappern vor der Kellertür lenkte sie ab. Dann war es wieder still. Plötzlich bemerkte Abby einen scharfen Geruch. Ihre Augen suchten den Raum ab. Unter dem Türspalt floss eine klare Flüssigkeit in die Zelle hinein.
Benzin!
Castor, dieses Schwein, wollte sie bei lebendigem Leib verbrennen. Ihre Befürchtung wurde kurz darauf bestätigt, als ein seltsames, leises Knistern erklang, als raschele jemand mit Seide.
Entsetzt beobachtete Abby, wie sich eine glühende Schlange in den Raum fraß und das Benzin entzündete. In Sekundenschnelle schlugen Flammen nach allen Richtungen. Der Teppich begann zu brennen. Abby erwachte aus ihrer Lethargie, packte das noch unberührte Ende des Teppichs und schlug es über den brennenden Teil, aber es war zu spät. Die Tür hatte ebenfalls Feuer gefangen. Feurige Zungen leckten gierig über das Holz. Panik stieg in Abby auf.
Sie hetzte zu Linda, zog sie auf die Beine und stellte sie ans hintere Ende des Raumes, wohin das Feuer noch keinen Weg gefunden hatte. Dann packte sie Jean und schleifte ihn neben ihre Schwester. Der junge Arzt stöhnte leise, als sie ihn auf den Boden legte.
Eine Stimme krächzte heiser ihren Namen.
Patrick.
Sie ging zu ihm hinüber. Seine Augen waren vollkommen klar, als er sie eindringlich ansah. Seine Hand zuckte unruhig umher.
Er versuchte ihr etwas zu sagen.
Abby beugte sich tief über seinen Mund.
„Nimm...den...Revolver...“ Das Sprechen fiel ihm schwer, aber mit übermenschlicher Willensanstrengung flüsterte er weiter. „Schieß...das...Schloss...aus...der...Tür.“
Abbys Augen huschten über den Boden, entdeckten die Waffe inmitten der Blutlache. Sie griff danach.
Der Revolver fühlte sich durch das warme Blut wie ein lebendiges Wesen an. Ihre Hand umschloss den Griff fest. Sie richtete sich auf und ging zwei Schritte auf die Tür zu, die nun vollkommen in Flammen stand. Der Qualm des brennenden Holzes drang in ihre Lungen. Ihre Bronchien verkrampften sich. Ein Asthmaanfall stand kurz bevor.
Mit tränenden Augen versuchte Abby in all dem Rauch die Stelle an der Tür zu finden, an der sich der Sperrriegel befinden musste. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit. Das Feuer war nun überall und drohte den Raum zu verschlingen. Plötzlich bekam sie keine Luft mehr. Sie hustete würgend, aber es half nicht.
Ich werde sterben, dachte sie.
Dann zwang sie ihre Hand zur Ruhe und feuerte auf die Tür.
Castor hatte sich mit seinem gesunden Arm auf den Wächter gestützt und schwankte die Kellertreppe hinauf. Er hatte die oberste Stufe noch nicht erreicht, als draußen im Hof ein Inferno ausbrach. Schüsse erklangen. Menschen schrieen. Das Rattern eines Maschinengewehres zerfetzte die Nacht.
Er humpelte nach oben und blickte sich um. Die Morgendämmerung färbte den Himmel über den Bergen blutrot. In ihrem schwachen Licht sah Castor, wie ein Polizeijeep auf das geschlossene Tor zuraste, aber von einer Feuergarbe aus dem Maschinengewehr gestoppt wurde.
Was zum Teufel war hier los?
Seine Wächter hatten sich hinter umgestürzten Fässern verschanzt und schossen auf alles, was sich hinter dem Tor bewegte. Castor beobachtete, wie ein nach vorn stürmender Polizist von den Kugeln durchsiebt wurde und zu Boden sackte. Die Gegenwehr der kaum sichtbaren Polizeikräfte war zunächst noch schwach, aber nach und nach schlug den Verteidigern ein konzertiertes Gegenfeuer entgegen. Castor sah, wie zwei seiner Leute starben und ein weiterer verwundet hinter die Baracke der Arbeiter kroch. Eine Kugel pfiff an seinem Kopf vorbei und er duckte sich.
Woher kam die Polizei? Warum war er nicht gewarnt worden?
Diese englische Schlampe musste die Behörden informiert haben, eine andere Erklärung gab es nicht.
Castor erkannte in diesem Augenblick, dass es nichts mehr zu retten gab. Am Tor lagen tote Polizisten, diesmal würden ihm auch Bestechungsgelder nicht aus der Klemme helfen. Er musste von hier verschwinden, so lange er noch konnte.
Noch wagte die Polizei keinen weiteren Sturmangriff auf das Tor, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis sie den Widerstand überwunden hatten.
Castor wandte sich an den Wächter, der ihn
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