Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)
anders verlaufen.
Für Oktober war es recht kalt, so dass ich meinen Gehpelz aus Zobel trug, bewaffnet war ich mit einem Stockdegen – beides mir liebe Objekte meines Vaters Iron, den schon lange der Rasen deckt. Bei einer seiner barbarischen Fuchsjagden hatte er sich gottlob den Hals gebrochen, die näheren Umstände tun nichts zur Sache.
Die Unterhaltung war auf beiden Seiten einsilbig, während wir durch den Zoo gingen, es war 18 Uhr, aus dem Sumpf im Norden stieg leichter, ziemlich heller Nebel.
Die Tiere schliefen. Der Käfig meines Lieblingspumas (er hieß Nikolaj) war leer, Tod durch Lungenentzündung.
Sind Sie eigentlich gesund?, fragte ich den Baron.
Ich glaube schon, sagte Strehlow, das liegt daran, dass ich nie die Krankheit fand, die zu mir gepasst hätte.
Immerhin ein Petit Four von Antwort. Mein Zoo ging unter, das war zu sehen.
Wenn Sie mit der Totenrede für Jenkins nach meinen Notizen, sagte ich, fertig sind, machen Sie bitte zusammen mit Dr. Mauser eine Inventur des Bestandes.
Gern, sagte der Baron widerwillig.
Wie traurig die leeren Volieren im Buchenhain froren; ich hatte alle die geliebten Eulen- und Krähenvögel eines Tages freigelassen.
Wir näherten uns dem vergitterten Terrain, das der Baron noch nie gesehen hatte – er fürchtete das ganze alte Gelände.
Ich hörte die Schweine grunzen, liebliche Laute.
Schweine!, sagte der Baron. Ich höre Schweine!
Es sind auch welche, sagte ich.
Der Baron verlor die Contenance, die Existenz der Schweine hatte ihn aus der Kurve getragen.
Wir traten näher, ich lockte meine Lieblinge mit der Schweinepfeife, ein schönes Modell meines Hauserfinders Gubel (er starb an einem rostigen Nagel, Sepsis und Finis) –, und alle meine Schweine trabten heran, alle meine geliebten Suidae.
Sie lebten, das kann ich sagen, auf gewissermaßen großem Fuß oder, besser gesagt: Paarhuf in einem Riesenhabitat mit Wiesen und Matten, Suhlen und Senken; im Sommer kühlten sie ihre fetten Bäuche in einem hübschen Bach-Mäander, der im Sumpf mündete; Siesta hielten sie an lauschigen Plätzchen unter Korkweiden oder in einem anmutigen Erlenhain; im Winter schliefen sie in flachen, aber geräumigen, mit Stroh ausgelegten Boxen. Sie stanken lieblich nach Moschus mit einer Beimischung von Ammoniak, grunzten freudig, ein jedes nach seiner Art, und rieben ihre rosigen Leiber am Gitter.
Zuerst drängten die Petrain-Schweine heran, gefolgt von einer kleinen Gruppe zierlicher Pekaris, dann begrüßten mich die Maskenschweine, das sind die Shar Peis unter den Schweinen, während sich die schüchternen Hängebauchschweine zurückhielten.
Es waren, denke ich, ohne Volkszählung, siebzig kerngesunde Exemplare voller Lebenslust.
Hören Sie, sagte Strehlow, diese Viecher, diese Schweine, ich meine – die sind, das ist doch Futter, will sagen, Nahrung … für den menschlichen Verzehr bestimmt, wie die Natur es befiehlt, lieber Singram, ja, wie die Natur … und wir … wir müssen jeden Tag –! und dann fing er in einem sehr leidenden Tonfall bis zum Lamentieren an, über das arme Schneehuhn herzuziehen, das eigentlich, soviel ich von der Ornithologie verstehe, ein Moorhuhn ist, aber so groß mag der Unterschied nicht sein.
Man solle, rief der Baron mit Emphase, das Schneehuhn leben lassen, wie diverse andere Viecher auch, die nicht schmackhaft seien, aber Schweine seien dem Genuss des Menschen zugedacht vom Anbeginn aller Zeiten, ja, er kenne baltisch-russische Rezepte für Spanferkel, z.B., Porosjonok à la Russe. Ein rechtes Gericht für den russischen Ostertisch.
Ich erwiderte ruhig, Ferkel kämen niemals auf den Tisch, und Ostern sei mir schnuppe.
Wir gingen während dieser blöden Unterhaltung langsam am Gehege entlang; noch niemals hatte ich eine so große Abneigung gegen den Baron. Hin und wieder streichelte ich die Schnauzen, diese kühlen, feuchten und rosigen Nasen, mit den Fingerspitzen. Die Schweine grunzten, jedes wollte mit mir sprechen und gab beredt Laut. Herrliche Tiere; wohl das Beste, was der gute G. hingekriegt hat, außer Affen und Raubtieren.
Auch die Füllung, sagte Strehlow, sei pures Schwein, roh und sehr fein gehackt. Unsere Köchin, sagte er, damals in Riga, gab noch Weinbrand mit Thymian und Salbei in diese göttliche Füllung.
Man könne so ein Spanferkel auch kochen.
Ihr Balten, sagte ich, seid Barbaren. (Erinnerte mich an solche Schlemmereien in Zeiten vor der Schneehuhn-Phase).
Erlauben Sie, mein Lieber, sagte der Baron, wenn man Ihre Köchin wenigstens
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