Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)
war ein demonstrativer Beweis, dass Yorick mich begriffen hatte, in einer bequemen Seitenlage leckte er mit geschlossenen Augen sein Genital, einen roten konischen Zapfen, der Nancys Entzücken gewesen wäre. Schon gut, sagte ich, mein Urologe heißt Sorge; um dich muss man sich keine Sorgen machen, was diese Angelegenheit betrifft. Der Kater warf mir im harmonischen Einklang mit Hirn und Hormonhaushalt einen sehr gelben Blick zu und schritt – mit zwei Ruten gewissermaßen – arrogant in das aufgeräumte Weichbild davon. Hör zu, sagte ich in die Dämmerung, morgen werde ich einen Transportkorb besorgen; dann gehen wir zusammen in den Katzenpuff Pussy-Palace; wir nehmen ein Taxi, denn das Institut residiert in Wittenau, weit entfernt. Dort kannst du deine späten Phantasien mit Angora-Miezen, Feld-Wald-und-Wiesenkatzen, herrlichen Exoten wie Siamesinnen und anderen Weibern ausleben.
Yorick schwieg.
Es gebe da auch eine Sado-Maso-Abteilung; die Domina mit den schärfsten Krallen trage nicht zu Unrecht den Namen Pussy Galore und sei unter erfahrenen Besuchern ebenso gefürchtet wie beliebt; in einem Zimmer warte eine alte Katze namens Molly Detento, die berühmt sei für Felisfellatio, besonders präferiert von älteren Katern, die eine der üblichen Kopulationen wegen der Anstrengung scheuten; und höre, sagte ich beschwörend: Die teuerste Mieze ist eine Salzkatze mit Stupsnase, so wild und zärtlich wie Cleopatra mit Mark Anton.
Yorick kannte weder die ägyptische Geschichte noch Shakespeare – so ließ ich’s sein.
Blödkopf, sagte ich. Im geheimnisvollen Boudoir 12 – unter Kennern gerühmt, wenn sie die Begegnung überlebten – wartet eine Königin auf dich, The golden Princess of Africa, eine Zibetkatze; freilich sei ihren Liebespielen nur ein Athlet gewachsen, ein He-Man, vielleicht Mike Tyson oder Clint Eastwood … Zur Not auch du.
Das gab Yorick den Rest.
Er trabte vorbei, Nase hoch, Schwanz unten, seine Erektion war, wie man so sagt, im Orkus.
76 Als Tierheilpraktiker, der ich einmal war, spendete ich seelisch infirmen Tieren das, was der verständige Therapeut Tonisierung nennt, also Trost und Rat, im Fall des Katers Yorick durch eine Puff-Erzählung in einem phantastischen Katzen-Milieu. Ich dachte damals ernsthaft – Sonntag vor dem furchtbaren Montag –, seine Affekte gedämpft zu haben; wie sehr sollte ich mich irren …
Die Erinnerungen hatten mich angegriffen, es war Zeit für eine Erfrischung. Aus Gründen der Disziplin – Außenreize suchen und aushalten – ging ich in den Speisesaal.
An meinem Tisch 14 fand ich Spoerri in Gesellschaft einer reizvollen Schwarzen mit vollen dunklen Lippen (rot-violett), hohen Backenknochen und Augen in der klassischen Mandelform, wie man sie aus ägyptischen Gräbern der Königsfamilien kennt, mindestens 18. Dynastie. Es war neun Uhr abends, nicht zu spät für ein kleines Diner.
Schön, Sie zu sehen, sagte Spoerri, darf ich vorstellen, das ist Madame Hotep, eine nubische Prinzessin. Nach einem Unfall auf der Corniche von Alexandria verlor sie ihr Gedächtnis, die Folge ist eine durchdringende Migräne.
Ich setzte mich ihnen gegenüber auf einen der bequemen Polsterstühle.
Und sie leide, fuhr Spoerri fort, an Wortblindheit, einer cecité verbal pure. Ist sie nicht ein Bild von Frau …? Für mich, mein lieber Singram, ist Nofretete wieder auferstanden – aber wohlgemerkt, die Quarzit-Fassung aus dem ägyptischen Museum, Saal IV im Parterre. Kommunikation ist leider im Augenblick nicht möglich, sie schweige wie ein Grab, sei aber durchaus bei Appetit.
Auf der ländlich karierten Tischdecke stand eine silberne Platte mit einigen Entremets wie Kaviar, Toast, Lachs, kleinen Pasteten, Bündner Fleisch, Gänseleberpâté und ein Cocktail de Crevettes.
Die Prinzessin stocherte mit der Gabel lustlos in den Köstlichkeiten; ihre Miene war moros.
Plötzlich sagte sie sehr moduliert ‹Tahina›.
Der Doc war verblüfft.
Natürlich, sagte er, Tahina… selbstverständlich; aber was ist das?
Eine Sesam-Paste, sagte ich.
Der brave Spoerri orderte bei der dürren Saaltochter diese orientalische Spezialität.
Ich bestellte eine Consommé à la Moelle und eine Forelle blau. Spoerri lud mich selbstlos zu einem Glas Roederer cristal ein. Die Magnum-Flasche war schon zur Hälfte geleert.
Wie es mit meiner Erinnerungsarbeit voranginge, fragte er.
Leidlich, sagte ich, das Gedächtnis liefere nicht alle Details vollständig.
Das sei normal, sagte
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