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Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)

Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)

Titel: Traurige Therapeuten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingomar von Kieseritzky
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Potenzialität.
    Die nubische Schönheit gähnte wieder dezent.
    Zeit zum Schluss, sagte Spoerri.
    Letzte Frage, sagte ich, was hat es mit dem Apparat von Ihrem Kollegen auf sich.
    Der Häberlein, sagte Spoerri, sei kein Theoretiker und nur am Geld interessiert. Er wolle jetzt alle seine Nahtod- und Jenseitsaspiranten in den Tiefschlaf oder ein künstliches Koma versetzen, damit sie wenigstens im Traum noch einmal ihre tröstlichen Erfahrungen machen könnten, unter dem Häberleinschen Rubrum: Ich weiß, dass es ein Leben nach dem Tod gibt.
    Spoerri erhob sich.
    Wir müssen gehen, sagte er mit sanfter Stimme zur Prinzessin.
    Auf Ihr Wohl, sagte ich, trinke ich den Rest des Fendants – es war ein Aigle, sagte mein Doc, die Saaltochter hat sich wieder geirrt.
    Welche Therapie, fragte ich, hätten denn Sie für die Neubelebten, die Reanimierten, also die Gruppe?
    Man muss, sagte Spoerri, das können Sie sich für Ihre eigenen Zustände merken, nicht immer verrückt, plemplem oder gaga sein, um unter geistigen Ideen zu leiden, egal, woher sie kommen.
    Der Abschied war kurz. Ich blieb leicht betäubt über den Forellenresten sitzen.
    Die ‹geistigen Ideen› beschäftigten mich. Mein Doc war, elektrifiziert von der Prinzessin, so blau wie meine Forelle.

 
    77 Der kleine Ausflug hatte meinem Nervensystem geschadet; am Abend Kopfweh, kalte Füße und kalte Gehirnhaut; viel Juckreiz auf Kopfhaut soll, sagte mir einmal Finriß in Berlin, ein Altersphänomen sein.
    An der Olivetti keine Einfälle für einen ersten Satz; lag daran, dass mir der Tag nicht einfallen wollte, an dem die Schildkröten unter der Aufsicht von Herrn Bilz abgeholt wurden.
    Unruhiger Schlaf in verwickelten Laken; dumme Lage; träumte von dieser heillosen Welt, in der es keine Gesunden mehr gab, ausgedacht und dann fundamental etabliert von diesem Dr. Knock, der bestimmt eine Erfindung war; wenn nicht, dann ein furchtbares Genie.
    Mittagszeit, draußen Dunst, der gottlob die Berge verbarg.
    Telefonierte mit der Assistentin in Spoerris Souterrain-Praxis. Die meldete sich gaumig – Hier ist die Praxis Spoerri, mein Name ist Glock, was kann ich für Sie tun?
    Hier Singram, ist der Doktor zu sprechen.
    Hat eine Sitzung, sagte die Stimme.
    Wo?, fragte ich in meiner mentalen Konfusion.
    Im Becasse noir, sagte Frau Glock.
    Danke, sagte ich.
    Das Restaurant war so gut wie leer. Auch mein Kopf war leer; ich bestellte eine Flasche Miranda und einen Armagnac.
    Da saß ich und versuchte mein kleines, privates Universum wieder zu möblieren in der nützlichen Reihenfolge Mo/Die/Mi/Do/Frei/Sa/So/ – eine wahre Schicksalsmelodie ab dem 2. Mai. Keine Bilder erschienen, die Daten waren diffus oder blass. Man muss, sagte ich mir, d.h., du musst dich auf den Abschied von den Schildkröten konzentrieren.
    Zwei große Holzkisten materialisierten sich vor meinem leicht myopischen geistigen Auge.
    Gleichzeitig trat Dr. Spoerri aus der Toilettentür, direkt neben der Schwingtür zur Küche. Ich fand diese Lage nicht sehr hygienisch; aber in Ägypten liegen die Klosetts auch immer neben der Küche.
    Stelle bei neuerlicher Lektüre fest, dass ich – im Kopfe, wo sonst – einen Bandwurm von Wahnsinn ernährte. Ich benötigte dringend der Medikation.
    Spoerri trat an meinen Tisch, setzte sich und sagte, ich sähe blendend aus, der Ausflug in die Außenwelt sei doch immer die beste Therapie.
    Ich stelle Ihnen jetzt Herrn Prussac vor – hallo, rief er, ich bin hier, kommen Sie!
    Ein kleiner Greis mit weißem Haar setzte sich graziös.
    Doktor, sagte ich, mein Gedächtnis ist mir abhandengekommen.
    Ob Gedächtnis oder Karma, sagte Spoerri, das lässt sich schon regeln.
    Herr Prussac trug ein Dinerjackett, darunter eine schmerzhaft bunte Brokatweste, die mich stark an die Westen des Pavians und Butlers Jenkins erinnerte. Ich mochte ihn sofort.
    Sie lieben, sagte mein Tischgast, üppige Blondinen mit großen Brüsten, die Athletinnen im Reiche des Eros.
    Falscher konnte er gar nicht liegen.
    So ist es, sagte ich, Sie haben den Scharfblick Henri Bergsons.
    Michel Prussac sollte sich ein halbes Jahr später von seinem Balkon im 4. Stock auf die Sommerterrasse des Sanatoriums stürzen, in der linken Hand eine Photographie von Daniela Bianchi, der Bondgespielin aus From russia with love .
    Mein Gedächtnis –, sagte ich noch einmal.
    Wird überschätzt, sagte Spoerri, wie Sie gleich sehen werden, überflüssig, liefert immer nur falsche Daten, dumme Irritationen, selbstgefinkelte

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