Traveler - das Finale
Korridor. An jeder Ampel hingen Überwachungskameras.
»Wohin fahren wir?«, fragte sie.
»Ich bringe Sie an den sichersten Ort, den ich kenne«, antwortete Josetta. »Dort gibt es keine Überwachungskameras, und niemand wird Sie nach Ihrem Ausweis fragen. Sie können dort übernachten, und morgen Früh bringe ich Ihnen ein Auto mit sauberem Nummernschild.«
»Wie sieht es mit einer Handfeuerwaffe oder einer Flinte aus?«
»Der Prophet hat geschrieben, dass der Gerechte die Todesmaschinen nicht berühren darf und …«
Maya fiel ihr ins Wort. »Gabriel ist ein Traveler, und die Tabula wollen ihn ermorden. Ein Harlequin hat sein Leben Ihrem Propheten geopfert. Ich dachte, Sie glauben an ›Schuld nicht abbezahlt‹?«
»Die Schuld ist sehr wohl abbezahlt – durch meine Tochter. Alle in der Kirche wissen von ihrem Opfer.« Josettas Gesicht verriet Schmerz und Wut, als sie eine Hand an das herzförmige Medaillon an ihrem Hals legte. »Ich helfe Ihnen nur, weil Mr. Corrigan so rücksichtsvoll war, mich nach dem Tod meiner Tochter anzurufen.«
Am nördlichen Ende des San Fernando Valley verließen sie den Highway und fuhren über die Gebirgsausläufer, die mit Virginia-Eichen bewachsen waren. Die zweispurige Straße schlängelte sich durch eine Schlucht, und bald tauchten die ersten Schilder auf: RANCHO VISTA – MODERNES WOHNEN.
»Ich bin Kreditsachbearbeiterin«, erklärte Josetta. »Rancho Vista war eine groß angelegte Neubausiedlung, aber dann ging der Bauherr pleite. Nun gehört das Grundstück meiner Bank, und ich verwalte es, bis die Anwälte den Hahnenkampf beendet haben.«
Josetta hielt an einem Pförtnerhaus, in dem ein junger Wachmann saß und ein Baseballspiel im Radio verfolgte. Er erkannte Josettas Gesicht und ließ die Schranke hochfahren, und der Wagen bog in eine Privatstraße ein.
»Weiß der Wachmann, dass wir über Nacht bleiben?«, fragte Maya.
»Er braucht nichts zu wissen. In zwanzig Minuten hat er Feierabend, und wenn ich vom Gelände fahre, wird ein Diakon meiner Kirche die Nachtschicht angetreten haben.«
Rancho Vista war als lange Zeile von in den Berg gebauten Terrassenhäusern angelegt, aber erst ein Gebäude war fertig gestellt. Es war im Landhausstil gebaut und verfügte über eine Dreiergarage und einen Vorgartenrasen, in dem Willkommensschilder steckten. Dahinter standen zwei Häuser ohne Rasen, an die sich die Holzgerüste von einem Dutzend aufgegebener Häuser anschlossen. Dahinter hatten Stechapfel- und Bärentraubenbüsche den Abhang zurückerobert.
»Das ist unser Modellhaus«, sagte Josetta und fuhr in die Einfahrt. »Der Bauherr hat es eingerichtet, damit die Leute sich besser ausmalen können, hier oben in den Bergen zu wohnen.«
Sie stieg aus dem Auto, öffnete den Kofferraum und holte einen Seesack und eine Tüte voller Lebensmittel heraus. Dann führte sie Maya und Gabriel über den Ziegelpfad zum Haus und schloss die Eingangstür auf. Maya hatte gedacht, das Modellhaus wäre leer, aber überall standen verstaubte Möbel herum. Im Regal standen Cocktailgläser und Spirituosenflaschen, und mitten auf dem Wohnzimmertisch stand ein großer Tulpenstrauß. Maya brauchte einen Moment, um zu bemerken, dass die Flaschen leer und die Blumen aus Seide und Draht waren.
»Es gibt keinen elektrischen Strom«, erklärte Josetta, »aber das Wasser haben sie nicht abgestellt.«
Sie folgten ihr in die Küche, in deren Mitte eine Kochinsel mit Granitoberflächen und teuer aussehenden Elektrogeräten stand. In einer Kupferschale lagen Äpfel und Birnen aus Plastik, und auf dem Küchentisch stand eine Kuchenplatte mit einer falschen Torte.
Josetta ließ den Seesack zu Boden fallen und stellte die Lebensmittel auf dem Küchentresen ab. Sie ignorierte Maya und richtete ihre Worte allein an Gabriel. »Ich habe Ihnen Sandwiches zum Abendessen und Blaubeermuffins zum Frühstück eingepackt. Im Sack finden Sie eine Taschenlampe und zwei Schlafsäcke. Hier oben wird es nachts ziemlich kalt.«
»Vielen Dank«, sagte Gabriel. »Wir wissen Ihre Hilfe wirklich sehr zu schätzen.«
»Wenn meine Tochter mich aus New York anrief, hat sie immer nur in den höchsten Tönen von Ihnen gesprochen, Mr. Corrigan.«
»Vicki war ein wunderbarer Mensch«, sagte Gabriel. »Sie hatte ein reines Herz.«
Josetta verzog das Gesicht, als hätte man sie mit einem Messer gestochen, und fing zu weinen an. »Ich wusste schon vor ihrer Geburt, dass sie etwas Besonderes war. Aus diesem Grund gab ich ihr
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