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Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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wandelten wie Zombies herum.
    Vom südlichen Teil des Parks schallte laute Musik herauf. Marschmusik drang aus den Lautsprechern eines schwarzen Vans, der von jungen Nationalisten in dunklen, paramilitärischen
Uniformen begleitet wurde. Die Männer standen breitbeinig, mit finsterer Miene und auf dem Rücken verschränkten Händen um ihren Anführer herum, einen älteren Mann mit kahl rasiertem Kopf, der Beschimpfungen in ein Mikro brüllte und die Faust in Richtung der acht jungen Männer schüttelte, die einträchtig zu Rock Around the Clock tanzten.
    Die Tänzer waren gekleidet wie Elvis in den 1950ern – der Rockabilly-Elvis, der Träumer und Rebell. Sie trugen Motorradstiefel, enge, schwarze Jeans und Lederjacken mit silbernen Nieten und Ketten. Aufwändigster Teil der Verkleidung war die Frisur; das Haar war pomadisiert und zu einer hohen Tolle aus der Stirn gekämmt. Der Anführer der Gruppe war kaum größer als einen Meter fünfzig, wirkte aber durch seine Stiefel, die Frisur und die Schulterpolster der Lederjacke um einiges größer.
    Die Anlage der Nationalisten spielte einen Militärchor, die Elvisse konterten mit Blue Suede Shoes . Nichts und niemand würde sie von ihrem altmodisch coolen Stil abbringen. Schließlich gaben die Nationalisten auf, bestiegen den schwarzen Van und brausten davon. Die Elvisse führten einen Freudentanz zu Shake, Rattle and Roll auf – und machten Schluss für heute. Hollis näherte sich dem ältesten Tänzer und fragte nach Hoshi. Der Mann antwortete auf Japanisch und zeigte auf den Anführer – den kleinen Mann mit der gepolsterten Lederjacke, der gerade dabei war, seine CDs in eine Sporttasche zu packen.
    Hollis lief dem jungen Mann nach. »Entschuldigen Sie, Sir. Sind Sie Hoshi Hirano?«
    Der kleine Mann blieb stehen und schüttelte sich die Tolle aus der Stirn. »So wurde ich genannt, aber inzwischen habe ich meinen Namen in Billy Hirano geändert. Klingt viel stilvoller, meinen Sie nicht auch?«
    »Ich bin ein Freund von Akihido Kotani.«

    »Ja. Mein Sensei.« Traurig schüttelte Billy den Kopf. »Haben Sie gehört, dass er gestern Nacht in einem Liebeshotel in Shibuya ermordet worden ist? Ich habe es im Fernsehen gesehen …«
    Während seine Stimme immer leiser wurde, verriet Billys Gesicht Erstaunen – aber keine Angst. Er zog einen rosa Kamm heraus und korrigierte die Entenschwanzfrisur in seinem Nacken. »Die Polizei sagt, ein schwarzer Gaijin habe ihn ermordet. Einer wie du.«
    Hollis nahm die Sonnenbrille ab, so dass Billy ihm in die Augen sehen konnte. »Ich schwöre, dass ich deinen Lehrer nicht umgebracht habe. Hat er dir jemals von seinem Freund Sparrow erzählt? Ich bin ein Mann wie er, nur dass ich aus den Vereinigten Staaten komme.«
    »Du bist ein Harlequin? Wirklich? Wo ist dein Schwert, Mann?«
    Hollis öffnete den Reißverschluss seiner Jacke und zeigte Billy die Pistole in seinem Hosenbund. »Es ist nicht so leicht, in der Öffentlichkeit ein Schwert zu tragen. Ich bevorzuge moderne Waffen.«
    »Du bist entweder ein Harlequin – oder vollkommen verrückt. Falls die Polizei dich damit erwischt, hast du zwanzig Jahre was davon.« Billy wiegte sich auf seinen Motorradstiefeln vor und zurück. »Wie heißt du?«
    »Hollis.«
    »Was willst du in Japan? Es gibt hier keine Traveler mehr. Die Tabula hat sie alle ermordet.«
    »Ich muss nach Nordjapan, um eine Itako zu finden.«
    »Eine Itako? Du meinst eine Verrückte, die die Stimmen der Toten hört?«
    »Billy, kannst du mir helfen? Ich brauche einen Dolmetscher. Ich werde für alles aufkommen. Für alle Kosten.«
    »In den Norden zu reisen dauert mindestens zwei oder drei Tage.« Billy dachte sekundenlang nach, während ihm die
schmierige Locke wieder in die Stirn fiel. »Ich denke, das ließe sich einrichten.« Er zog den Kamm abermals heraus und reparierte seine Frisur. »Wäre ziemlich cool, sich mit den Toten zu unterhalten.«
    »Die Polizei fahndet nach mir.«
    »Ich verstehe. Du siehst viel zu ausländisch aus, viel zu …«
    »Schwarz?«
    »Du hast es kapiert, Mann! Das macht die Sache umso komplizierter.«
    Während Hollis im Park wartete, lief Billy über die Straße, betrat eine Drogerie und kam wenig später mit einem Stock und einer Papiertüte wieder heraus. »Setz die auf«, sagte er und reichte Hollis eine OP-Maske. »Die Japaner tragen einen Mundschutz, wenn sie krank sind, weil sie die anderen nicht anstecken wollen. Okay, und nun setz deine Sonnenbrille auf.« Er nickte.

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