Traveler - das Finale
bückte sich, hielt sich schützend die Arme über den Kopf und huschte in den Kartenraum. Als sie die Tür zuzog, wurde ihre linke Hand von einem Stein getroffen.
Inmitten der Engelbilder kniete Maya auf dem Steinfußboden
und hörte die unterschiedlichen Geräusche, die die Geschosse verursachten. Die Steine prallten von der Tür ab, während Ziegel und Betonklumpen daran zerschellten. Die Männer schrien, ohne dass Maya ihre Worte verstehen konnte. Sie wusste, dass sich die Angreifer aus verschiedenen Richtungen näherten. Sie hatten die Holzleitern aufgerichtet und an die Säule gelehnt.
Ein stolzer Tod . Wer hatte diesen Ausdruck benutzt? Ihr Vater. Und plötzlich fiel ihr der Kampf in der Londoner U-Bahn wieder ein. Sie war ganz allein, und drei fremde Männer kamen auf sie zugerannt. Wo ist mein Vate r?, dachte sie. Warum hat er mich im Stich gelassen? Ein Stein schlug mit lautem Knall gegen die Tür. Maya streckte die Hand im Dunkeln aus und ertastete die Klinke in der Mitte der Tür. Geh hinaus und stelle dich ihnen entgegen.
Maya packte den Türgriff und hob die Tür aus den Angeln. Sie hielt das Schwert in der Rechten und die Tür mit der Linken wie einen schützenden Schild vor ihren Körper, verließ den Kartenraum und schob sich zentimeterweise voran. Die Wölfe auf der anderen Seite des Abgrunds zielten auf die Tür, aber die Steine prallten vom Metall ab. Ein Betonbrocken krachte Maya vor die Füße und explodierte wie eine Bombe, und unzählige Splitter spritzten über den Boden.
Maya wich nach rechts aus und sah zwei Leitersprossen über die Kante ragen. Ein riesiger Mann mit geflochtenem Haar und selbst gebasteltem Schwert war dabei, auf die Plattform zu klettern. Maya sprang in die Höhe, als die Klinge über den Boden fegte. Bei der Landung schoss sie nach vorn und stach dem Angreifer in die Kehle.
Linksdrehung. Wieder eine Leiter. Maya machte einen Schritt und spürte plötzlich einen brennenden Schmerz im linken Oberschenkel. Ein Mann auf einer Leiter hatte seinen Speer hinaufgestoßen und Maya direkt oberhalb des Knies in den Muskel gerammt. Blut schoss aus der Wunde, und Maya
hatte Schwierigkeiten, sich aufrecht zu halten. Immer mehr Piken und Speere wurden in ihre Richtung geschleudert, so dass ihr nichts übrig blieb, als sich in den Kartenraum zu retten.
Stille. Der Steinregen hörte auf, die Gesichter der Angreifer verschwanden. Maya spähte an ihrem Schild vorbei. Die Männer auf der anderen Seite sahen schweigend zu, wie ein brennender Stofffetzen von der Decke herunterschwebte. Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass die Bibliothek in Flammen stand. Maya zog den Kopf zurück und sah, dass der Qualm durch alle Ritzen in die Kammer drang. Der Geruch erinnerte sie an feuchtes Holz, das auf einem Acker verbrennt.
»Feuer!«, schrie jemand. Andere trugen die Warnung weiter: »Achtung! Es brennt!«
Der Richter eilte über das Schachbrettmuster des Saalbodens. Kurz vor der Bodenkante blieb er stehen, um den Angreifern neue Anweisungen zuzubrüllen. »Holt die Leitern ein und zieht euch zurück! Sie wird verbrennen, wenn die Decke einstürzt!«
Maya ließ ihren Schild sinken und dann zu Boden fallen. Sie stellte sich an den Rand ihrer Warte und schaute den Männern nach, die die Leitern aus der Ruine trugen. Fluchend stolperten sie durch den Schutt, dann waren sie verschwunden. Diese Männer, die sie verachtete, die sie bekämpft und getötet hatte, waren der letzte Beweis für ihre Existenz an diesem dunklen Ort gewesen. Ohne ihre Feinde würde sie sich in nichts auflösen.
Sie ging in die Knie und ließ sich auf die Seite fallen. Die Wunde an ihrem Oberschenkel blutete. Sie hatte das Gefühl, als verließe das Licht ihren Körper. Unter der Saaldecke hatte sich eine Qualmwolke angesammelt wie ein böser Geist, der immer tiefer herabsank. Kleine Flämmchen züngelten aus den Wänden wie orangefarbener Mohn aus einer Felswand. Die
Flammen wuchsen; sie wogten hin und her und reckten sich Maya entgegen, die sich am liebsten in die Arme dieses hellen, klaren Lichts geworfen hätte.
Ihr Gesichtsfeld begann, sich von den Rändern ausgehend zu verdunkeln. Maya schloss minutenlang die Augen, und als sie sie wieder öffnete, erkannte sie zwei Gestalten im Lesesaal. Ein in Lumpen gekleideter Mann schlug seinen Schleier zurück und entblößte sein blasses, erschrockenes Gesicht. Er drehte sich um und sagte etwas, als ein jüngerer Mann mit einem brennenden Stock aus dem Qualm
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