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Traveler - Roman

Traveler - Roman

Titel: Traveler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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»Eröffne ein Bankkonto. Kauf dir ein Haus oder eine Wohnung.« Gabriel hatte bisher keinen ihrer Ratschläge befolgt, aber er fand es schön, dass sie sich um ihn sorgte.
    Er fuhr mit dem Fahrstuhl in den einundzwanzigsten Stock, wo ihn die Empfangssekretärin in Maggies Büro schickte. Als er es betrat, rauchte sie gerade eine Zigarette und telefonierte.
    »Von mir aus können Sie gerne zum Staatsanwalt gehen, aber ich werde mich trotzdem auf keinen Handel einlassen. Und zwar deshalb, weil das Material für eine Anklage nicht ausreicht. Erkundigen Sie sich ruhig bei ihm, und rufen Sie mich hinterher an. Ich bin dann wahrscheinlich beim Mittagessen, aber meine Mädchen werden den Anruf aufs Handy weiterleiten.« Maggie legte auf und schnippte die Asche von ihrer Zigarette. »Arschlöcher. Alles verlogene Arschlöcher.«

    »Du hast eine Sendung für mich?«
    »Nein. Ich wollte ungestört mit dir reden. Ich zahl dir natürlich den Ausfall.«
    Gabriel setzte sich auf das Sofa und öffnete den Reißverschluss seiner Jacke. Auf dem Tisch vor ihm stand eine Mineralwasserflasche, und er schenkte sich ein Glas voll ein.
    Maggie beugte sich mit finsterer Miene vor. »Dealst du, Gabriel? Wenn ja, bringe ich dich auf der Stelle um.«
    »Nein, tu ich nicht.«
    »Was ist mit deinem Bruder? Bist du etwa an seinen unseriösen Geschäften beteiligt?«
    »Er kauft Bürogebäude und vermietet sie. Das ist alles.«
    »Hoffentlich stimmt das auch, Schatz. Ich schneid ihm die Zunge ab, wenn er dich in irgendetwas Illegales mit reinzieht.«
    »Was ist eigentlich los?«
    »Ich arbeite öfter mit einem Exbullen zusammen, der jetzt als so genannter Sicherheitsberater tätig ist. Wenn einer meiner Klienten von einem Stalker verfolgt wird, kümmert er sich um den Verrückten. Gestern haben wir telefoniert, und ganz unvermittelt fragt er: ›Du kennst doch einen Motorradkurier namens Gabriel, oder? Ich bin ihm auf deiner letzten Geburtstagsparty begegnet.‹ Natürlich antworte ich: ›Ja.‹ Und dann sagt er: ›Ein paar Freunde von mir haben sich nach ihm erkundigt. Für wen er arbeitet. Wo er wohnt.‹«
    »Wer sind diese Freunde?«
    »Das wollte er mir nicht verraten«, antwortete Maggie. »Aber du solltest dich in Acht nehmen, Schatz. Jemand Einflussreiches interessiert sich für dich. Hattest du kürzlich einen Verkehrsunfall?«
    »Nein.«
    »Irgendeinen Gerichtsprozess?«
    »Natürlich nicht.«
    »Irgendwelche Affären?« Sie fixierte ihn. »Eine Frau mit viel Geld oder einem Ehemann?«

    »Ich treffe mich ab und zu mit dem Mädchen, das ich auf deiner Party kennen gelernt habe. Andrea –«
    »Andrea Scofield? Ihrem Vater gehören vier Weingüter im Napa Valley.« Maggie lachte. »Das wird’s sein. Dan Scofield hat jemanden auf dich angesetzt.«
    »Andrea und ich sind ein paarmal zusammen Motorrad gefahren.«
    »Keine Sorge, Gabriel. Ich werde Dan anrufen und ihm sagen, er soll es mit seiner Fürsorge nicht übertreiben. Jetzt aber raus mit dir. Ich muss mich auf eine Anklageerhebung vorbereiten.«
     
    Als er durch die Tiefgarage ging, machten sich Angst und Misstrauen in ihm breit. Wurde er beobachtet? Von den beiden Männern in dem Geländewagen? Von der Frau mit der Aktentasche, die den Fahrstuhl ansteuerte? Er griff in seine Kuriertasche und berührte den massiven Engländer. Falls nötig, würde er ihn als Waffe benutzen können.
    Wenn seine Eltern erfahren hätten, dass sich jemand nach ihnen erkundigt habe, hätten sie augenblicklich die Flucht ergriffen. Aber er lebte inzwischen seit fünf Jahren in Los Angeles, und niemand hatte ihm die Tür eingetreten. Womöglich sollte er Maggies Rat befolgen: Geh auf die Uni, und lerne einen ordentlichen Beruf. Wenn er erst mit dem Raster verbunden wäre, würde sein Leben viel gefestigter sein.
    Als er auf den Kickstarter trat, kam ihm wieder die Geschichte in den Sinn, die seine Mutter ihm und Michael so oft erzählt hatte, und wie immer tröstete sie ihn. Michael und er waren Prinzen, getarnt als Bettler, aber tapfer und einfallsreich. Gabriel fuhr mit röhrendem Motor die Rampe zur Ausfahrt hinauf, fädelte sich in den Verkehr ein und überholte einen Pick-up. Zweiter Gang, dritter Gang. Schneller. Er war wieder in Bewegung, ständig in Bewegung, ein kleiner Bewusstseinsfunke, umgeben von Maschinen.

FÜNF
    M ichael Corrigan war der Ansicht, die Welt sei das Schlachtfeld eines immer währenden Krieges. Zu diesem Krieg gehörten die Hightech-Feldzüge der USA und ihrer

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