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Treibgut - 11

Treibgut - 11

Titel: Treibgut - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Witzko
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kreischte Marno und überschütte die beiden Sklaven mit den übelsten Verwünschungen, die ihm gerade in den Sinn kamen. Nur mit Mühe konnte er sich zurückhalten, eigenhändig sein Herrenrecht an ihnen zu vollziehen. Das würde Nestorio klären.
    »Was liegst du da, törichtes Weibsbild?« brüllte er. »Steh endlich auf!«
    »Herr, ich …«, stammelte die Alte und versuchte abermals hochzukommen. Wiederum schnitt der grausame Schmerz in Arm und Nacken.
    Der Hauslehrer bückte sich und half ihr vorsichtig hoch. »Ihr Arm ist gebrochen, man muß einen Medicus rufen«, stellte er fest.
    Marno blickte auf die heulende Sklavin, deren linker Arm eigenartig verkürzt und verdreht war. »Meinst du, das sehe ich nicht selbst, du Tölpel?« gab er zurück.
    »Liva hat sie die Treppe hinuntergestoßen«, mischte sich nun Diago ein.
    »Was hast du getan?« fragte Marno mit eisiger Stimme. »Dafür werde ich dich auspeitschen lassen, daß dir die Haut in Fetzen vom Leib hängt!«
    Liva beugte sich demütig so weit hinunter, daß sein Rücken fast waagrecht war. »Mit Verlaub, es stimmt nicht, es war ein Versehen.«
    »Willst du damit sagen, daß mein Sohn lügt?«
    »Nein.«
    »Marno«, sagte Imelde, die sich inzwischen dazugesellt hatte, und legte ihm die Hand auf die Schulter, »auf ein Wort.«
    Sie ging voran in den Raum, in dem sie sich zuvor mit ihrem Mann aufgehalten hatte, dieser folgte ihr.
    Mittlerweile war auch Thesares die Treppe heruntergekommen.
    »Wird er jetzt sterben müssen?« fragte sie ihren Bruder.
    »Bestimmt wirft man ihn den Krokodilen vor«, behauptete Diago mit unverhohlener Schadenfreude.
     
    Erregt ging Marno auf und ab. »Sie war ein edles Stück. Ich habe viele Dublonen dafür bezahlt. Ich kann ihm das nicht durchgehen lassen. Noch dazu, nachdem der Dreckskerl es gewagt hat, unseren Sohn der Lüge zu bezichtigen!«
    »Aber du kannst ihn nicht auspeitschen lassen«, wandte seine Frau zum dritten Mal ein.
    »Warum nicht?«
    »Weil er ein Geschenk Zors ist. Stell dir vor, er fragt nach ihm, wie er uns gefällt, und wir müssen ihm antworten, daß sein Geschenk nichts taugt, daß wir ihn auspeitschen mußten, oder schlimmer noch, daß er dabei umgekommen ist. Zor wird das nicht gefallen, er wird beleidigt sein. Und nach dem, was Zor schreibt, scheint er es bei du Metuant weit gebracht zu haben. Willst du seine Freundschaft verlieren? Willst du, daß er uns grollt?«
    Marno schwieg, ging aber nach wie vor auf und ab. Es war vernünftig, was Imelde sagte. Es mochte wirklich sein, daß Zordaphero ihnen den Sklaven aus reiner Großzügigkeit geschenkt hatte und nicht, weil er irgend etwas mit seinem Geschenk bezweckte. Es mochte durchaus sein.
    »Aber irgendwie muß ich ihn bestrafen.«
    »Reicht es nicht, wenn du ihm das Privileg entziehst, eine eigene Hütte zu bewohnen? Reicht es nicht, wenn du ihn zu den anderen Sklaven verlegst? Ihr Spott wird ihm Strafe genug sein.«
    Mißlaunig willigte ihr Gatte ein.
    »Aber was fangen wir mit der Alten an?«
    »Ehrlich gesagt«, entgegnete Imelde, »es wäre nicht schade gewesen, wenn sie sich gleich den Hals gebrochen hätte. Ich sehe sie nicht mehr gern um mich.«
    Marno, der die kleinen Ängste seiner Frau gut kannte, schmunzelte, nahm sie in den Arm und streichelte ihr zärtlich über die Wange: »Ich liebe dich, meine Rose, ich werde dich immer lieben, und ich preise den Boden, den dein Fuß betritt.« Er küßte sie innig. Als er sie wieder losließ, fuhr er fort: »Der Medicus wird ein Vermögen verlangen, und anschließend wird die Alte noch wochenlang nicht richtig zupacken können und nutzlos sein. Es ist ärgerlich!«
    Plötzlich hatte er eine Idee. Er verriet sie Imelde. Sie war stolz auf ihn. Wie schlau Marno doch war!
     
    Shalima war zu den Herrschaften befohlen worden. Sie hatte Angst, daß man sie wegen der Vase bestrafen würde. Mit zusammengebissenen Zähnen stand sie vor dem Herrn, der lässig an der Wand neben dem Fenster lehnte, und der Herrin, die ausgestreckt auf einem Diwan lag, über den eine Decke drapiert worden war, deren schimmernde Farben wechselten wie bei einem Chamäleon. Beide schauten Shalima freundlich an. Sie versuchte, nicht an den pochenden Schmerz in ihrem nutzlos herunterhängenden Arm zu denken. Sie fühlte sich zittrig und schwindlig.
    »Shahane«, ergriff die Herrin das Wort, »du hast uns so viele Jahre treu gedient, deshalb haben wir beschlossen, dich für deine Treue zu belohnen. Du bist frei.«
    »Frei?« fragte

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