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Treibgut

Treibgut

Titel: Treibgut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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Die Miete sollte es mir ermöglichen, den Kredit abzuzahlen und weiter dort wohnen zu bleiben. Hinzu kam, dass Danko stets zur Stelle war, wenn ich Hilfe brauchte.«
    Um nicht falsch verstanden zu werden, stellte Elena klar, dass es ihr trotz seines guten Aussehens nie in den Sinn gekommen wäre, mehr als einen guten Freund in ihm zu sehen. »Dazu war die Sache mit Rufus viel zu frisch, tat noch zu weh, als dass ich auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwendet hätte. Als ich Dankos Interesse an mir bemerkte, war das zuerst wie ein Schock für mich.« Ein Schock, der jedoch schon bald nüchternen Erwägungen gewichen war. Überlegungen die darauf abzielten, seinen Antrag anzunehmen. »Irgendwo war ich sogar froh, wieder einen Mann im Haus zu haben. Wobei das nicht den Ausschlag gab. Den gab Dankos Bereitschaft, Lea als seine Tochter anzuerkennen. Um zu zeigen, wie ernst es ihm damit war, schlug er mir vor, noch vor meiner Niederkunft zu heiraten, weil sie dadurch automatisch seinen Namen tragen und uns eine Menge Papierkram erspart bleiben würde. Ich habe ihm das hoch angerechnet. Überhaupt war er die ganze Zeit über rührend um mich besorgt. Als er mir dann auch noch zu verstehen gab, dass er meinen Schmerz akzeptieren und mich zu nichts drängen werde, habe ich ja gesagt – und es bis heute nicht bereut«, fügte sie voller Überzeugung hinzu. »Er war der verständnisvollste Mensch, den man sich denken kann.«
    »Klingt ja ganz so, als ob er ein Heiliger gewesen sei«, stellte Henning lakonisch fest.
    Als er sah, wie sich ihre Schultern anspannten, hätte er sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Warum musste er bloß zu allem seinen Kommentar abgeben? Darum bemüht, ihre Aufmerksamkeit auf ein möglichst unverfängliches Thema zu lenken, erkundigte er sich nach ihrer Kindheit. Elenas Erzählung lieferte keine weiteren Anhaltspunkte. Henning verabschiedete sich mit dem Versprechen, sich zu melden, sobald er die auf dem Chip gespeicherten Bilder gesichtet hatte.

8
     
     
    In der folgenden Nacht fand er lange Zeit keinen Schlaf. Je länger er sich ruhelos hin und her wälzte, desto mehr verstärkte sich das ungute Gefühl, etwas übersehen zu haben. Ihm gingen tausend Fragen durch den Kopf. Auf der Suche nach den dazugehörigen Antworten ging er in Gedanken noch einmal das Gespräch mit Elena durch. Welche Rolle spielten Danko Dierks und Rufus Kirchner? Konnte es sein, dass es eine Verbindung zwischen den beiden Männern gab? Etwas, das sie verband, abgesehen von den tragischen Todesumständen?
    Seinen Aufzeichnungen zufolge kamen beide aus Plauen. Jener Stadt, in der sich Elena und Rufus kennengelernt hatten. Henning versuchte aus dieser Gemeinsamkeit Schlüsse zu ziehen, da fiel ihm ein weiteres Detail ein: die Stadtwaldklinik. Henning meinte, sich vage daran zu erinnern, den Namen schon einmal gehört zu haben. Es konnte sicher nicht schaden, sich dort umzuhören. Bei dem Gedanken daran kam ihm Leona in den Sinn. Durch seine Pläne schien ein Wiedersehen mit ihr in greifbare Nähe zu rücken. Sein Herz machte einen freudigen Sprung. Wenn nichts dazwischenkäme, wäre das die willkommene Gelegenheit, ihre Einladung anzunehmen und sie in Netzschkau, das nur einen Katzensprung von Plauen entfernt lag, zu besuchen.
    Sie hatten sich in der Rechtsmedizin kennengelernt. Einem der wohl unpassendsten Orte für eine solche Begegnung. Es war ein heißer Sommertag gewesen, der sich mit Sicherheit besser dazu geeignet hätte, ihn am Strand oder in den angenehm kühlen Fluten der Ostsee zu verbringen, als ausgerechnet in der unterkühlten Atmosphäre eines Leichenschauhauses. Sie wollten beide die rätselhafte Serie von Frauenmorde aufklären, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Henning erinnerte sich, dass die Besonderheiten der Morde auf ein ähnlich gelagertes Verbrechen hinwiesen, mit dem sich einst schon Leonas Großvater, der Rechtsmediziner Albert Pirell, beschäftigt hatte, ohne es jemals aufklären zu können. Trotz des ungastlichen Ortes hatte ihn Leona von Anfang an in ihren Bann gezogen und seinen Beschützerinstinkt auf den Plan gerufen. Aufgrund der langanhaltenden Hitzewelle war kein einziges freies Hotelbett mehr zu finden, also hatte er ihr kurzerhand sein Gästezimmer zur Verfügung gestellt. Über ihrem Bestreben, die Hintergründe des Falls aufzudecken und den Täter zu überführen, hatte Henning rasch väterliche Gefühle für die junge Frau entwickelt. Zumal sie vom Alter her gut und

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