Treibhaus der Träume
ihr, ausgelassen und lachend, und drüben auf dem Hügel leuchteten die Gebäude der kosmetischen Klinik in der Sommersonne. Welch eine Wandlung.
»Ich taufe Sie auf den Namen: Gute Seele der Almfried-Klinik!« sagte Marianne hell. »Und viel, viel Erfolg …«
Sie kippte das Sektglas etwas und ließ ein paar Tropfen auf Lorentzens Haar fallen. Sie rannen an seiner Stirn herunter und tropften auf die Nase.
In diesem Augenblick kam Ilse Patz herein. Sie blieb an der Tür stehen und blickte erstaunt auf den knienden Arzt. »Was ist denn das?« rief sie. In den Händen hielt sie einen großen Blumenstrauß. Rote Rosen.
Lorentzen erhob sich und schüttelte den Sekt aus seinem Haar wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt.
»Das war die Taufe!« lachte er.
»Und von mir bekommen Sie Blumen.« Ilse Patz hielt ihm den herrlichen Strauß entgegen. »Soll ich auch romantisch sein wie Marianne? Dann bitte, knien Sie sich wieder hin … ich werde die Blumen zerrupfen und Ihnen die Rosenblätter übers Haupt streuen.«
Marianne Steegert biß die Zähne zusammen. Ihre Lippen verengten sich zu einem dünnen, roten Strich. Voll Neid sah sie, wie wunderbar Ilse aussah. Sie trug ein zitronengelbes Kleid, gegen das ihre braune Haut und das schwarze Haar erregend abstachen, Sie hatte in diesem Jahr wirklich zehn Pfund zugenommen. Das Überschlanke, leicht knochig Wirkende war verschwunden. Die Brüste waren voller geworden, auf den Hüften lagen leichte Rundungen. Sie war von einer betörenden fremdländischen Fraulichkeit.
»Ich habe die Rosen lieber in der Vase.« Dr. Lorentzen nahm Ilse Patz den großen Strauß aus den Händen und hob ihn hoch. »Sie und Marianne feiern mich wie einen Sieger, der ein Rennen gewonnen hat. Dabei geht es doch erst richtig los. Bisher habe ich Ihnen nur Geld gekostet.«
»Fast zwei Millionen«, sagte Ilse trocken. Der Blick, den Marianne ihr zuwarf, war wie ein geschleuderter Dolch.
»Sehen Sie. Zwei Millionen. Und was ist bisher hereingekommen? Heute vormittag sieben Patienten.«
»Wir sind glücklich, daß es so gut begonnen hat.«
»Das wird sich noch zeigen. Übermorgen ist der erste Operationstag.«
»Sie werden glänzend operieren, Lutz.« Marianne hakte sich bei Dr. Lorentzen ein. »Darf ich zu Tisch bitten, Herr Chefarzt? Es gibt Schweinebraten mit Knödel. Ich bitte, das besonders zu bewerten. Auf der Schönheitsfarm, wo Diät wie ein Wort aus der Bibel ist, gibt es Knödel. Nur Ihnen zu Ehren.«
»Und im Speisesaal ist eine stille Revolution. Man hat die Knödel und den Schweinebraten gerochen.« Ilse Patz hakte sich auf der anderen Seite bei Lorentzen ein. »Frau Ehrmann und Frau Hillebrand haben schon versucht, die Köchin zu bestechen und auch Knödel zu bekommen.«
»Ich werde sie mit genießerischem Schweigen essen.« Lorentzen setzte sich an die mit Blumen dekorierte Tafel. Im Sektkühler stand die von Kälte beschlagene Flasche.
Während sie aßen, beobachtete Lorentzen die beiden Mädchen aus den Augenwinkeln. Eine mühsam unterdrückte Spannung lag zwischen ihnen, das spürte er fast körperlich. Und er wußte, daß er der Anlaß dazu war.
In dem vergangenen Jahr hatte er wenig Gelegenheit gehabt, sich um die Privatsphäre von Marianne Steegert und Ilse Patz zu kümmern. Der Bau der Klinik, die Beschaffung von Tausenden Einrichtungseinzelheiten, das Engagieren der Schwestern, Pfleger, Köchinnen und der beiden Assistentinnen nahmen ihm jede freie Stunde. Er fuhr kreuz und quer durch Deutschland; vier Wochen hospitierte er in Frankreich an einer kosmetischen Klinik und studierte die neueste Methode der Brustvergrößerung mit Kunststoffen. In London informierte er sich über Krampfaderverödungen durch elektrische Nadeln … wo blieb da Raum für das Herz?
Nur in kurzen Minuten hatte er im vergangenen Jahr mit Marianne und Ilse gesprochen. Einmal hatte er Marianne in München in die Oper geführt, einmal war er mit Ilse in ein Musical gegangen. Nach den Vorstellungen trank man noch ein Glas Wein in einer stillen Weinstube … aber man sprach nicht von romantischen Dingen, trotz der Kerzenbeleuchtung. Es ging nur um die neue Klinik.
Marianne hatte ihm mit ihren großen blauen Augen strahlend zugehört; Ilse Patz war anders gewesen. Sie hatte ihn zum Tanzen aufgefordert und ihren schlanken, tierhaften Körper eng an ihn gedrückt. Damals hatte er es gar nicht so intensiv wahrgenommen … jetzt, am Mittagstisch nach diesem Jahr, erinnerte er sich daran. Ihre schwarzen
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