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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Augen hatten gefunkelt, als er mit der Hand, unbeabsichtigt, ihren Rücken streichelte.
    »Wir sollten öfter ausgehen, Lutz«, hatte sie gesagt, und ihre Stimme war dunkel gewesen wie ihre Haut.
    »Wenn ich dazu Atem bekomme«, hatte er geantwortet. Aber er bekam nie diesen Atem; er atmete ein Jahr lang nur für seine Klinik.
    Nun war es geschafft. Marianne hatte ihn mit Sekt getauft und Ilse ihn mit Rosen beschenkt. Und ein merkwürdiger Zustand war eingetreten: Lorentzen bemerkte auf einmal überdeutlich, wie hübsch diese Mädchen waren. Wie sehr er sich an sie gewöhnt hatte. Wie spannungsgeladen sie um ihn und mit ihm lebten.
    Ich muß jetzt etwas sagen, dachte er. Etwas ganz Dummes, um die elektrisch knisternde Luft zu entladen.
    Er legte seine Gabel zur Seite und lächelte Marianne und Ilse wie ein großer, zufriedener Junge an.
    »Das schmeckt köstlich«, sagte er.
    Er griff zur Sektflasche und goß noch einmal die Gläser voll.
    »Auf eine schöne Zukunft!«
    Marianne stieß mit ihm an. Es klang wie eine kristallene Glocke.
    »Auf Ihren Erfolg, Lutz!«
    Ilse Patz hob nur ihr Glas bis zu den Augen. Aber ihr Blick über den Glasrand hinweg war wie sprühendes Feuer.
    »Auf Sie allein, Lutz!« sagte sie dunkel.
    Dann trank sie mit einem Zug das Glas leer, sah Lorentzen noch einmal an und warf dann das Glas über ihre linke Schulter weg gegen die Wand.
    Nebenan, in einem schmalen Raum, in dem das Geschirr abgestellt wurde, hockte ›Dicki‹ auf einem Küchenstuhl und kaute Knödel. Zum Schutze seiner weißen Uniform hatte er ein Handtuch in den Kragen gesteckt.
    »Jetzt beginnt ein neues Leben«, sagte er weise. »Der Doktor und ich, wir werden Schwung in den Saftladen bringen! War verdammt nötig, daß mal 'ne Männerhand die Leitung übernimmt …«
    Er bewies das gleich am Nachmittag, als ein neuer Zug von München eintraf und neue Patienten nach St. Hubert brachte.
    In seiner weißen Uniform wie ein General einer exotischen Armee wirkend, stand ›Dicki‹ auf dem Bahnsteig, umgeben von vier bayerischen Gepäckträgern, und legte grüßend die Hand an die goldbestickte Mütze, als sich die Patienten auf ihn zubewegten.
    »Willkommen, meine Damen und Herren!« sagte er mit sonorer Stimme. Dann pfiff er durch die Zähne, die Damen zuckten zusammen, die Gepäckträger von St. Hubert stürzten sich wie Kannibalen auf die Koffer und Taschen, rissen sie an sich und trabten hinaus zu einem wartenden Omnibus.
    Eine Dame in einem hellgrünen Seidenkostüm und mit sichtlich gebleichten hellblonden Haaren kam auf ›Dicki‹ zu und sah ihn forschend an. Sachverständig ließ auch ›Dicki‹ seine Blicke über ihren Körper gleiten. Hautraffung, dachte er. Etwas dicke Hüften. Sonst ganz passabel. Augen hat sie wie eine spanische Tänzerin. Man kommt sich nackt vor, wenn sie einen so anstarrt. Er nahm die weiße Mütze ab und hielt sie vor seinen Schoß. Verdammt, das geht durch und durch, dachte er wieder.
    »Wer sind Sie?« fragte die Dame. Ihre Stimme sang ein wenig.
    »Der Hausmeister, gnädige Frau.«
    »Erstaunlich. Ich hielt Sie für einen südamerikanischen General.«
    »So weit habe ich es noch nicht gebracht.« ›Dicki‹ bekam einen roten Kopf. Die Dame fand das süß, denn sie lächelte mit der handgreiflichen Koketterie älterer Frauen.
    »Sie sehen aus, als hätten Sie auch bessere Tage gekannt.«
    »Jawohl, gnädige Frau. Ich war früher mal auf einem Gut in Polen. Bereiter und Kutscher.«
    Das war gewaltig gelogen, denn über den Stallburschen war Adam Czschisczinski nie hinausgekommen. Er hatte sich immer gewünscht, Kutscher zu werden, aber nach einer Probefahrt, die im Straßengraben endete, sprach man nicht mehr darüber. Dabei war es nicht die Schuld Adams gewesen. Auf der Weide neben der Straße hatte eine rossige Stute gewiehert, als sie vorbeifuhren, und das Pferd seines Wagens war ein Hengst in den besten Jahren. Da gab es ein Theater. Adam wollte geradeaus, der Hengst wollte auf die Weide zur Stute. Übrig blieb ein Haufen Holz im Straßengraben, gebrochene Räder und ein fluchender Adam, der mit dem Peitschenknauf dem Hengst zwischen die Augen schlug.
    »Ich bin Luisa Baronin von Durrhaus«, sagte die Dame und sah ›Dicki‹ an, als wolle sie ihn gleich auf dem Bahnhof abküssen. »Ich habe ein großes Gut im Schwäbischen. Ich glaube, wir werden Erfahrungen austauschen können.«
    »Aber ja, Frau Baronin.«
    ›Dicki‹ machte eine tiefe Verbeugung und wartete, bis sich der kleine Trupp

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