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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie begeistert. »Sie haben mir das Leben gerettet! Ich bin so glücklich, und Alfredo auch. Hat der Augen gemacht! Kaum eine Narbe zu sehen. Und alles so straff und fest. Und dann hat er sogar …«
    Lorentzen legte Joan die Hand auf den Mund. Er war nicht daran interessiert, Einzelheiten des Waldspazierganges zu erfahren.
    »In einer halben Stunde geht es los, Joan!« sagte er väterlich. »Ich nehme an, daß Sie noch einiges einzupacken haben.«
    Erna Mittelhardt, die kleine Lehrerin, trug noch immer ihre große Sonnenbrille, aber wenn sie die abnahm, war ihr Gesicht glatt und von einer milden Schönheit. Wo einmal die Tränensäcke hingen, spannte sich glatt die Haut. Sie veränderte das Gesicht völlig.
    Erna Mittelhardt sprach nicht viel. Sie drückte Lorentzen stumm die Hand, und als sie etwas sagen wollte, kamen Tränen in ihre Augen. Lorentzen nickte ihr zu.
    »Ich weiß, was Sie sagen wollen. Ich freue mich selbst, daß ich Ihnen helfen konnte. Schreiben Sie einmal, wie es nach den Ferien in der Schule weitergegangen ist?«
    »Ja, Herr Doktor. Natürlich.« Erna Mittelhardt nagte an der Unterlippe. Sie wollte nicht weinen, aber die Tränen flossen einfach aus den Augen. »Man sollte so etwas allen Menschen sagen, die wenigsten wissen es ja, wie schnell und einfach es ist, ein neuer Mensch zu werden. Wie viele laufen herum und hassen sich selbst wegen ihres Aussehens … und wie leicht kann ihnen geholfen werden.«
    Generaldirektor Dr. Braubach, braungebrannt und mit herrlich anliegenden Ohren, erfüllt von neuer Arbeitslust und frei von allen Komplexen, hatte eine Überraschung zum Abschied aufgespart. Während alle Patienten herumstanden und Sekt mit Orangensaft tranken, zog er Lorentzen in eine Ecke der Eingangshalle. Hinter einer großen Topfpalme, die sie verdeckte, trat er nahe an Lorentzen heran und griff in die Brusttasche seines Rockes.
    »Doktor«, sagte Dr. Braubach sichtlich ergriffen, »als ich zu Ihnen kam, war es eine Flucht vor der Welt. Sie war für mich am Verhandlungstisch in Paris zusammengebrochen. Nun kehre ich zurück als neuer Mensch. Übermorgen geht es schon weiter. EWG-Konferenz in Brüssel. Sonntag in Luxemburg. Nächste Woche drei Tage wieder Paris. Ich fühle mich um zehn Jahre jünger. Wenn ich in den Spiegel sehe – ich kann es nicht fassen.« Dr. Braubach zog ein Kuvert aus der Tasche. »Doktor – ich hatte das Zimmer 10.«
    »Ja.« Lorentzen ahnte nicht, was Braubach vorhatte.
    »Ich möchte das Zimmer 10 mieten.«
    »Mieten? Wieso?«
    »Ich möchte es fest auf fünf Jahre, durchgehend, mieten. Mit allem, was dazugehört.«
    »Ich verstehe nicht, Herr Braubach …« Lorentzen sah den Generaldirektor entgeistert an. Man kann doch kein Zimmer in einer Klinik mieten.
    »Ich bin ein sehr reicher Mann, Doktor.« Dr. Braubach hielt Lorentzen das Kuvert hin. »Ich verdiene als Vorsitzender von zig Aufsichtsräten mehr, als ich verbrauchen kann. Dazu meine Fabriken, einige Patente, Aktienerträge … es häuft sich. Ihnen Geld anzubieten, Doktor, wäre beleidigend, ich weiß. Da habe ich eine andere Idee gehabt. Ich stifte ein Stipendium. Ich miete das Zimmer 10 auf fünf Jahre. Alle Patienten, die auf Zimmer 10 kommen, werden freie Behandlung bei Ihnen haben. Die Auswahl überlasse ich Ihnen, Doktor. Aber es sollen Menschen sein, die nicht das nötige Geld besitzen, um sich bei Ihnen durch eine Operation wieder Lust am Leben geben zu lassen. Menschen, die unter ihrer Mißbildung leiden und denen Sie helfen können. Arme Schlucker, die das gleiche Recht auf Glück haben wie ich. Nehmen Sie an, Doktor?«
    Lorentzen nickte ergriffen. Er nahm das Kuvert und steckte es ein. »Ich danke Ihnen, im Namen aller noch unbekannten Patienten, die einmal auf Zimmer 10 liegen werden«, sagte er. »Ich habe in meinen Anfragen drei Fälle, die ich leider hätte zurückweisen müssen: eine Verkäuferin, ein Ruhrkumpel und eine Mutter von sechs Kindern. Jetzt kann ich ihnen helfen.«
    Es wurde ein großer Abschied. Die Zurückbleibenden standen auf der Freitreppe und winkten mit Taschentüchern und Handtüchern den Scheidenden nach. Adam Czschisczinski entpuppte sich als Musiker: auf einem Waldhorn blies er etwas, was niemand kannte, aber es klang melodisch und nicht atonal. Auf jeden Fall war es feierlich: Dicki in seiner weißen Uniform auf den Stufen der Klinik als Posaunenengel. Ein Anblick, den man nie vergißt.
    Vor der Klinik sah Joan, die neben Alfredo im offenen Sportwagen saß und den

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