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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sehen. Du bist ganz allein. Du hast Zeit.«
    »Ja, ich habe Zeit. Ich hatte auch Zeit genug, nachzudenken.« Marianne fuhr herum. Ihre blauen Augen wurden dunkel und zornig. »Ich habe bis heute auch nicht gewußt, daß man sich bei einer Fahrt nach Salzburg so gründlich verfahren kann. Nicht mal im Urwald verirrt man sich so …«
    »War es meine Schuld? Saß ich am Steuer des Wagens?«
    »Aber du wußtest genau, was geschieht!«
    »Ich hatte nicht die geringste Ahnung.«
    »Wer soll dir das glauben?!«
    »Du!«
    »Hältst du mich für ein so gutmütiges Schaf? Natürlich … Marianne, das Hausmütterchen – Ilse, das große Erlebnis. Nein, danke! Unsere Arbeitsteilung war früher besser … als du noch nicht hier warst.«
    Dr. Lorentzen erhob sich langsam von der Bank. Sein Gesicht war ernst. »Ich habe mich nicht aufgedrängt. Ich werde heute noch an Dr. Benndorf schreiben.«
    »Wer ist denn dieser Benndorf nun wieder?«
    »Ein bekannter Mann der Schönheitschirurgie. Lebt bei Wien. Ich werde ihn bitten, mein Nachfolger zu werden. Benndorf ist glücklich verheiratet und hat vier Kinder. Außerdem ist er klein und dick. Er dürfte hier der richtige Mann sein.«
    Lorentzen drehte sich schroff um und ging. Nach ein paar Schritten hörte er hinter sich das Geklapper von Mariannes Sandalen. Dann war sie neben ihm und fiel in sein weitausgreifendes Schritt-Tempo ein.
    »Du willst gehen?« fragte sie laut.
    »Ja. Sobald Benndorf da ist.«
    »Ich pfeife auf diesen kleinen dicken Benndorf. Ich habe mit dir einen Vertrag. Ich habe die Klinik für dich gebaut. Und jetzt willst du einfach gehen. Das ist feige.«
    »Ich will euch eure Ruhe wiedergeben.«
    »Und wo willst du hin?«
    »Zurück nach Köln. Wieder Muster bei den Ärzten abgeben und Präparate empfehlen.«
    »Du bist ja verrückt, Lutz!«
    »Ich will nicht schuld sein, wenn hier eines Tages zwei Mädchen sich die Haare ausreißen.«
    »O du Dickkopf!« Sie faßte ihn am Ärmel und riß ihn herum. Der warme Wind hatte ihre Haare zerzaust. Die blonden Strähnen wehten vor ihren blitzenden Augen. »Warum hast du das getan?«
    »Was habe ich getan?«
    »Die Nacht mit Ilse …«
    »Es war keine ›Nacht mit Ilse‹. Ich habe in einem ganz anderen Zimmer geschlafen. Nur meinen Schlafanzug habe ich ihr geliehen, weil sie gar nichts bei sich hatte.«
    »Und es ist nichts … nichts …« Marianne verschluckte die letzten Worte. Ihre Augen bettelten plötzlich.
    »Gar nichts, Marianne.« Lorentzen legte den Arm um sie und zog sie an sich. »Es wäre alles viel einfacher, wenn wir reinen Tisch machten. Ich fahre am Sonntag nach München und rede mit deinem Vater.«
    »Noch nicht. Bitte, noch nicht.« Sie machte sich aus seiner Umarmung los. Von der Küche aus konnte man sie sehen. Sie wußte, daß wenigstens einer unter dem Personal war, der Ilse Patz nachher berichten würde: er hat sie umarmt. Vor der dann folgenden Auseinandersetzung mit Ilse hatte sie Angst. Sie kannte das alles: Drohungen, Gehässigkeiten, Vorwürfe. Wie ein Teufel war Ilse, wenn sie liebte … nachher, wenn es vorbei war, wenn die große Ernüchterung über sie herfiel, konnte sie tagelang weinen und sich von Marianne trösten lassen. Dann war sie wie ein Kind. Bis ein neuer Mann kam und den Vulkan in ihr wieder aufriß …
    Lorentzen schien zu fühlen, was sie dachte. »Du hast Angst«, sagte er. »Angst vor Ilse.«
    »Nein! O nein!« Sie hob beteuernd beide Hände, aber es war nicht überzeugend. »Ich denke ganz egoistisch, Lutz. Ich denke nur an uns. Laß uns so lange warten, bis die Klinik reibungslos läuft. Bis alle Anfangsschwierigkeiten vorüber sind.«
    Lorentzen ließ sie in dem Glauben, daß er ihr recht gab. Es wäre für ihn leicht, darauf hinzuweisen, daß es gar keine Schwierigkeiten mehr gab. Die Klinik war fast voll belegt, der Operationsbetrieb lief reibungslos. Es war abzusehen, wann der Zeitpunkt eintreten würde, zu dem man Anfragen ablehnen oder weit voraus mit den Betten disponieren mußte. Joan Bridge hatte für weltweite Propaganda gesorgt. In den letzten drei Tagen war sie damit beschäftigt gewesen, Briefe nach allen Himmelsrichtungen zu schreiben. Genau dreiundvierzig Briefe mußte Dicki zur Post bringen.
    »So international woarn's wir nie!« sagte der Posthalter von St. Hubert, als er die Adressen durchsah. »Australien … Indien … Singapur … Madrid … jo mei, sogar Afrika! Solln's jetz Negerinnen kimma und sich ihr schwoarze Haut abzieh'n lasse?«
    Dr. Lorentzen

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