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Treibland

Treibland

Titel: Treibland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Till Raether
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setzten und quälten oder nicht: mit den geübten, aber im Laufe der Zeit nachlässig abgeschliffenen Gesten von Leuten, denen andere sagten, was sie tun sollten. Die Quetscher handelten im Auftrag von jemandem, aber die vier Animateure, die ihm hier gegenüberstanden, hatten sich selbst überzeugen müssen, dass sie das Richtige taten, wenn sie Kontakt zu ihm aufnahmen.
    «Sind Sie noch da?», fragte Sonja Vespucci.
    «Kann sein», sagte Danowski. «Manchmal träume ich mich von Bord.»
    «Wer nicht», antwortete sie. «Aber erst möchten wir Ihnen etwas zeigen. Oder es zumindest versuchen.»
    «Okay», sagte er. «Aber vermutlich nicht hier.»
    «Nein», sagte sie. «Sie suchen Simone Bender, und wir können Ihnen zumindest zeigen, wo sie ist.»
    «Wenn alles gutgeht», sagte Maik, und Danowski sah, dass er am meisten Angst von allen hatte. Er nickte ihm begütigend zu, als könnte er irgendjemandem die Angst nehmen oder in irgendeiner Weise dafür garantieren, etwas hier würde gutgehen.
    «Und wir haben etwas für Sie, wovon Sie auf der Bühne gesprochen haben», sagte Sonja.
    «Ich weiß das alles sehr zu schätzen», sagte Danowski, der daran, wie sehr er sich setzen wollte, merkte, wie müde er war. «Aber können Sie mir vorab einfach schon mal kurz sagen: Was haben Sie, und warum wollen Sie mir helfen?»
    Wieder die Blicke zwischen den vieren. Offenbar hatten sie verabredet, sich erst davon zu überzeugen, dass er vertrauenswürdig war, und ganz so überzeugt davon waren sie noch nicht. Aber die Zeit schien zu drängen.
    «Wir haben die Tasche, nach der Sie gefragt haben», sagte Sonja flach, als wären ihr die Worte unheimlich. «Die Aktentasche von Carsten Lorsch.»
    Danowski runzelte die Stirn. Okay, das war interessant. Das war, um ehrlich zu sein, das bei Weitem Interessanteste, was er seit Tagen gehört hatte.
    «Warum sind Sie damit nicht gleich zu mir gekommen?», fragte er, bevor er es verhindern konnte. «Sie gehören zur Crew, Sie wussten doch schon vorher, dass hier jemand von der Hamburger Polizei an Bord ist. Und zwar ich.»
    «Ganz ehrlich», sagte Francis, «wir haben Sie ein paar Tage lang beobachtet. Und Sie wirkten nicht gerade wie jemand, dem man …»
    «Eher mit sich selbst beschäftigt», unterbrach Sonja.
    «Ziemlich trantütig», schloss Maik.
    «Depressiv, würde ich eher sagen», begütigte Sonja. «Vielleicht sollten Sie sich mal untersuchen lassen.»
    «Danke», sagte Danowski. «Hab ich schon.» Scheiße, dachte er. Diese Kinder. Sie waren ungefähr halb so alt wie er, und trotzdem sahen sie quer übers Oberdeck, dass er bis vor kurzem versucht hatte, sich unsichtbar zu machen.
    «Wie geht es Simone Bender?», fragte er nüchtern, um das Thema zu wechseln.
    «Sie … hat sich infiziert», sagte Sonja. Danowski merkte, dass er mit nichts anderem gerechnet hatte und dass es ihn trotzdem aufregte.
    «Das erzählen Sie mir jetzt? Und warum überhaupt mir? Sie wissen genauso gut wie ich, dass jeder Infektionsverdacht sofort gemeldet werden muss. Und was auch immer Sie damit meinen, wenn Sie sagen, Simone Bender wäre isoliert worden: Das ist unter keinen Umständen das, was damit wirklich gemeint ist. Also, aus fachlicher Sicht. Meine Güte.»
    «Vielleicht ersparen Sie uns Ihre offizielle Polizisten-Nummer», sagte Francis. «Wenn Sie bis jetzt noch nicht gemerkt haben, dass hier nichts mehr nach irgendwelchen Regeln abläuft, dann sind Sie offenbar wirklich der Falsche.»
    «Dafür ist es jetzt zu spät», sagte Danowski. «Ich bin der Einzige. Kommt damit klar.»
    «Der einzige was?», fragte Maik, unbedarft unbeeindruckt von Danowskis Überwältigungsrhetorik. Danowski sah ihn an und sagte dann: «Der Einzige hier an Bord, der sich überhaupt dafür interessiert, was aus Simone Bender geworden ist. Aus welchen Gründen auch immer. Okay, es ist möglicherweise einfach das Ergebnis einer überhasteten Berufswahl vor über zwanzig Jahren.» Er fing an, sich zu verzetteln. Und riss sich zusammen. «Aber außer Ihnen und mir ist allen anderen hier an Bord völlig egal, wer oder wo Simone Bender ist und wie es ihr geht. Vielleicht verbindet uns nichts, aber das. Und ich vermute, dass Sie deshalb geschrieben haben, dass Sie mir helfen wollen. Wegen Simone Bender.»
    Es entstand eine kurze Pause. Bis Katja, die offenbar den Namen verstanden hatte, mit einem Akzent sagte, den Danowski für bulgarisch hielt: «She was our Miss Große Freiheit.»
    «What?»
    «Sie hat die Miss-Wahlen hier

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