Treibland
zurückkehren würde, und Katja und Francis begleiteten Danowski zurück zu seiner Kabine, um unterwegs Ausschau zu halten. Weil Maik die Schlüsselkarte in der Innentasche von Danowskis Jackett hatte, öffnete Katja ihm die Tür mit dem Generalschlüssel, den sie bei sich trug. Hm, dachte Danowski, jeder aus der Crew konnte in jede Kabine, das war ja auch mal interessant. Und dann waren sie ganz erleichtert, weil Maik gemütlich eingewickelt im von Danowski nicht benutzten Bett auf dem Bauch lag. Offenbar war er also doch in der Bar aufgestöbert und vertrieben worden, und keine schlechte Idee von ihm, sich mit Hilfe von Danowskis Schlüsselkarte einfach hier zu verstecken.
Es war erst mal gar nicht einfach, ihn aufzuwecken, und Danowski merkte früher als die anderen, dass es schlechterdings unmöglich war, denn Maik war tot. Noch warm, aber tot. Ja, friedlich sah er aus, aber mehr war da nicht mehr. Während Francis sich in den Papierkorb aus robustem anthrazitfarbenem Plastik erbrach, musterte Danowski den Fundort aus dem Augenwinkel und dachte: Erstickt, im Schlaf erstickt. Und dann: Weil jemand ihn für mich gehalten hat.
Katja, die bisher stumm dagestanden hatte, warf sich nun aufs Bett und zerrte und klammerte an Maik und schrie gedämpft in die Decken und Kissen, sodass es klang wie Trauer von ganz weit weg.
39 . Kapitel
Und so schnell war ihre neue Freundschaft dann auch wieder vorbei. Der Rest erinnerte ihn an Formalitäten. Natürlich wollten sie ihm noch helfen, aber zugleich wollten sie nichts mehr mit ihm zu tun haben. Also zeigten sie ihm, wo hinter der Open-Air-Bar auf dem Oberdeck Steckdosen waren, an denen er seine Telefone aufladen konnte, die noch warm waren von Maiks Körper. In seiner Kabine konnte er sich nicht mehr aufhalten: Er wollte nicht mit einem Toten wohnen, und was, wenn jemand den Irrtum bemerkte und nach ihm suchte? Er dachte an gar nichts, als Francis und er die so gut wie bewusstlose Katja zurück zur Bar und zu Sonja führten. Es dauerte nicht lange, und er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie Sonja reagiert hatte. Starr, weiter funktionierend, aber auch so, als wäre es seine Schuld, weil eigentlich er gemeint war.
Sonja und Francis und er vereinbarten, dass die Animateure zu dritt mit Katja zurück in die Kabine gehen würden, Katja zwischen sich stützend. «Der ist schlecht geworden», würden sie am Posten behaupten, und das stimmte ganz grundsätzlich ja auch. Und der Vierte, wo war der?, würden die Posten fragen. «Der hat noch was aufgerissen», würden sie über Danowski sagen, der sozusagen Maik war, und Danowski würde irgendwie versuchen, über Finzi oder Behling und Tülin Schelzig Hilfe an Bord zu holen und Schutz für sich und die anderen.
Er hockte hinter der Bar an der Treppe zum Oberdeck und beobachtete, wie seine Telefone erwachten. Lauter neue Nachrichten. Nachrichten von Leslie und den Kindern. Nichts, was er würdigen konnte, im Gegenteil, fahrig scrollte er sich durch die Zuneigung seiner Familie. Anrufe ohne Mailbox-Nachricht von Kathrin Lorsch auf dem Diensthandy. Behling, der irgendwas schwadronierte und ihm Zeit stahl, die er nicht hatte. Oder hatte er plötzlich alle Zeit der Welt, weil andere ihn für tot hielten?
Nichts auf der Mailbox von Finzi, irgendwie auch typisch. Wollte der ihn nicht besuchen? Nur eine Nachricht von ihm, die entweder ein komplizierter Scherz oder unkomplizierte Faulheit war: «wolka jordanova». Hatte das was mit Wodka zu tun? Egal, weg. Dann auf Kurzwahl, aber bei Finzi ging nur die Mailbox ran. Wertvolle Zeit. Wo war Schelzigs Nummer? Selbst jetzt war es Danowski fast unerträglich, Behling anzurufen, also schob er es auf. Hatte er von Schelzig nur die Institutsnummer? Unfassbar. Im Institut ging keiner ran. Zu faul, die Handynummer einzuspeichern, die auf der Telefonliste des Krisenstabs stand. Vor lauter Wut über sich selbst wählte er dann doch Behlings Nummer. Hatte der überhaupt Bereitschaft?
«Behling?» Schon die Stimme klang wie aus dem Ei gepellt. Wusste der nicht, wie spät es war?
«Ich bin’s», sagte Danowski und duckte sich hinter den Tresen, erschrocken, wie klar und weit seine Stimme über das leere Pooldeck trug. Er merkte, wie Behling einen Moment zögerte und dann beschloss, sich nicht so anzustellen. Tagsüber hätte er erst mal «Wer ist ich?» gesagt.
«Moin, Adam.»
«Hör zu, ich erreich Finzi nicht. Ich brauch dringend eure Hilfe.»
«Ich weiß, ich weiß», sagte Behling, und
Weitere Kostenlose Bücher