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Treibland

Treibland

Titel: Treibland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Till Raether
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behandelt, er hat kaum ein Wort zu ihm gesagt, manchmal hat er ihn nicht mal angeschaut, und Peters war immer zuvorkommend, so ergeben. Das war so ihre Rollenverteilung. Aber da drin, am Pissoir, da hat der Alte fast gewinselt, während Peters ihn unter Druck gesetzt hat wie ein albanischer Zuhälter.»
    «Womit hat er ihn unter Druck gesetzt?»
    «Was mit einem Video. Er hat ein Video, und wenn der Alte nicht mitmacht bei dem Lorsch-Plan, dann gibt Peters das Video an die Staatsanwaltschaft.»
    Video, dachte Danowski, old school.
    «Können Sie damit was anfangen?», fragte Wolka Jordanova.
    «Ist das eigentlich ein richtiger Name, Wolka?»
    «Das würden Sie hoffentlich nicht meine Großmutter fragen.»
    «Nein. Das würde ich nicht.» Er sah über das Fairway und füllte seine Lungen mit der kühlen, feuchten Nacht.
    «Wissen Sie, was das für ein Video war? Hat das Peters mal gesagt? Was da drauf war?»
    Sie zögerte. «Lorsch hat das auch gefragt.»
    «Lorsch hat davon gewusst?»
    «Ja, Peters hat sich mit ihm verbündet gegen Steenkamp, als der Alte nicht mehr wollte.»
    «Und was hat Peters geantwortet?»
    «Was mit Kindern», sagte sie schnell.
    «Wie bitte?»
    «Ich weiß. Eine schreckliche Vorstellung. Das alte Schwein. Aber das war genau, was Peters gesagt hat: Was mit Kindern. Ich hab das sogar aufgenommen. Irgendwann hab ich damit angefangen, weil die sich immer zur gleichen Zeit getroffen haben: Peters und Steenkamp Mittwochmorgens, und Lorsch und Peters Donnerstagabends. Da ist meine Frau immer auf Vernissagen, hat Lorsch gesagt. Und ich hab angefangen, auf dem Männerklo so ein kleines Aufnahmegerät zu verstecken. Stimmaktiviert. Fünf Stunden Laufzeit. Nervig, das durchzuhören. Alles hab ich auch noch nicht geschafft. Ich wollte immer was finden, was dem Alten schaden könnte.»
    «Das Video könnte ihm schaden», sagte Danowski.
    «Ja, und angeblich ist es sogar hier im Clubhaus», sagte sie. «Das hat Peters behauptet, als Lorsch gefragt hat, ob es an einem sicheren Ort ist. Peters hat gesagt: Das kennen Sie doch, der sicherste Ort ist direkt vor Ihrer Nase. Aber es gibt hier nur einen Computer, ein altes Ding unten im Clubraum unter dem Restaurant. Da waren aber keine Videos drauf, die irgendwas bedeutet hätten, nur von Turnieren. Ich kenne mich damit ganz gut aus. Vielleicht ist irgendwo ein Laptop mit Videos versteckt.»
    Danowski sah sie an durch die Dunkelheit. Sie war Anfang, höchstens Mitte zwanzig.
    «Warum interessiert Sie das?», fragte sie wie jemand, der zu viel von sich erzählt hatte und das jetzt bereute.
    Er antwortete nicht darauf. Weil es sein Job war? Stattdessen sagte er: «Ich muss Sie um einen Gefallen bitten.»
    «Ja?»
    «Um drei, um genau zu sein.» Er hatte nachgezählt.
    «Ich weiß nicht. Sie haben mir noch nicht einmal Ihren Ausweis gezeigt», sagte sie. «Würden Sie das noch machen?»
    Den habe ich in der Tasche eines Toten vergessen, dachte Danowski und ahnte, wie sich das jetzt entwickeln würde. Schade. Es hatte so gut angefangen.
    «Ist es dafür nicht sowieso zu dunkel?», fragte er lahm, und sie wich unbeeindruckt zurück. Und jetzt, dachte Danowski, werde ich das genauso machen wie Steenkamp in ihrer Geschichte: ausnutzen, dass ich immer noch größer und kräftiger bin als sie. Und schneller, wie sich zeigte, als er einen Ausfallschritt auf sie zu machte und sie nicht weit genug zurückwich. Er entwand ihr die Schrotflinte grober und entschiedener, als er sich gewünscht hätte, aber er wollte jetzt kein Risiko mehr eingehen. Dann wich er zurück und richtete die Flinte ausdrücklich nicht auf sie.
    Sie schüttelte den Kopf und sah an ihm vorbei. Er schämte sich.
    «Und jetzt noch Ihr Telefon, bitte», sagte er. Sie reagierte nicht. Er drehte die Flinte leicht in ihre Richtung und sagte: «Bitte.» Sie griff in die Tasche ihrer vielleicht weinroten Greenkeeperjacke und warf ihm ein altes Klapphandy vor die Füße. Er hob es auf, ohne den Blick von ihr zu wenden.
    «Das waren zwei Gefallen. Der dritte wäre gewesen, dass Sie nordwestlich Richtung Klövensteen gehen und nicht die Polizei rufen. Jetzt muss ich Sie bitten, sich an den Hochsitz zu lehnen.»
    «Nein», sagte sie. «Niemals.» Als fürchtete sie, er wollte sie schlagen oder vergewaltigen.
    «Ich tue Ihnen nichts», sagte Danowski und ekelte sich so vor seiner eigenen Stimme, dass sie ihm auf der Zunge erstarb. Wie viele Leute, die seine Kollegen und er verhaftet hatten, hatten vorher irgendwann

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