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Treibland

Treibland

Titel: Treibland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Till Raether
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Bernhard-Nocht-Institut. Während ich hier stehe und mir Ihre – Sie müssen schon entschuldigen – unqualifizierten Ausführungen anhöre, sind meine Kollegen dabei, aus dem Blut des Toten eine ausreichend große Anzahl von Viren zu isolieren, damit wir sie untersuchen können. Bisher kann ich nur so viel sagen: Die Gerüchte stimmen, unserer Einschätzung nach handelt es sich um ein Filovirus. Die Phänomenologie der Infektionsgeschichte und des Todeskampfes deuten darauf hin. Da der Verstorbene das Schiff offenbar als Gesunder betreten hat, scheint es sich um ein äußerst aggressives Virus mit kurzer Inkubationszeit zu handeln.»
    «Aber genau wissen Sie das nicht», sagte Peters, bevor jemand anders dazwischenfragen konnte.
    «Nein», sagte Schelzig. «Genau weiß ich das erst morgen früh. Aber ich war im Kongo und habe vor Ort im Auftrag der WHO mit Filoviren gearbeitet. Ich kenne Originalsamples des Ausbruchs 1988 in den USA . Ich habe Menschen gesehen, die an Ebola gestorben sind. Das, was ich Ihnen hier erzähle, ist das, was wir einen ‹educated guess› nennen. Ich rate Ihnen, sich darauf zu verlassen.»
    «Das heißt, der Tote muss sich auf der Reise oder an Bord des Schiffes infiziert haben?», fragte der Sitzriese von der Bundespolizei.
    «Wegen der kurzen Inkubationszeit von Ebola und ähnlichen Viren gehe ich davon aus. Der Tote kommt aus Hamburg und hat, soweit wir wissen, in den letzten Monaten keine Auslandsreise unternommen. Übrigens muss ich wissen, mit wem der Passagier Carsten Lorsch an Bord Kontakt hatte. Ob er einen festen Sitzplatz beim Abendessen hatte, zum Beispiel. Damit wir seine Tischnachbarn untersuchen und wenn nötig isolieren können.»
    Der Vertreter der Reederei konsultierte ein einzelnes Blatt Papier, das vor ihm auf dem Tisch lag, und antwortete ohne aufzublicken. «Wir geben eigentlich keine Informationen über unsere Passagiere an die Öffentlichkeit, aber in diesem Fall kann ich Ihnen sagen, dass Herr Lorsch kein gesetztes Abendessen in einem unserer Restaurants gebucht hatte. Also keine festen Tischnachbarn.» Er zögerte. «Viel Room Service.»
    Tülin Schelzig nickte. «Sie treiben dann bitte die Kabinenstewardess auf.»
    «Wie soll sich jemand an Bord eines unserer Schiffe mit einem afrikanischen Virus anstecken?», fragte der Vertreter der Reederei, wütend jetzt. «Die ‹Große Freiheit› hat Helgoland, Edinburgh, Newcastle und einen holländischen Nordseehafen nördlich von Amsterdam angelaufen und ist dazwischen durch die Inneren und Äußeren Hebriden gekreuzt. Weit entfernt von Afrika.»
    «Das wird die Kriminalpolizei beantworten müssen», sagte Schelzig und blickte zu Danowski, ohne ihn suchen zu müssen.
    « LKA ? Warum?», fragte der Kollege von der Bundespolizei.
    Danowski räusperte sich. «Frau Schelzig ist bisher die Einzige, die den Fundort der Leiche und die Kabine des Toten zumindest oberflächlich untersucht hat.» Wie immer verfiel er in einen übertrieben offiziellen Tonfall, wenn er vor einer größeren Gruppe Menschen über seine Arbeit sprach. Er erinnerte sich kurz an das Fiasko, als Stellas Klassenlehrer ihn eingeladen hatte, den Kindern von der Polizei zu erzählen. «Nach ihrer Einschätzung gibt es Spuren, die darauf hindeuten, dass der Tote infiziert worden ist oder sich selbst absichtlich infiziert hat. Mehr kann ich im Moment dazu noch nicht sagen.»
    «Warum untersuchen Sie nicht selbst den Tatort?», fragte der Bundespolizist und musterte Danowski wie einen Anwärter.
    «Weil wir die Kabine und die Krankenstation abgeriegelt und mit einer Schleuse versehen haben, die jetzt erst fertig sein dürfte. Aus unserer Sicht liegt ein Biohazard der Stufe  4 vor», erklärte Schelzig, bevor Danowski sich selbst verteidigen konnte. «Aber ich vermute, dass Hauptkommissar Danowski morgen Vormittag die Kabine untersuchen kann.»
    Danowski schluckte. Ein paar im Raum lachten, darunter Wilken Peters von der Gesundheitsbehörde. Offenbar sah man, wie unangenehm ihm die Vorstellung war. Ein wenig von der Spannung wich aus dem Raum, nur der Assistent des Bürgermeisters schüttelte immer noch den Kopf. «Darf ich festhalten, dass wir über einen einzigen Kranken reden?», sagte er. «Mehr nicht?»
    «Wir haben den Schiffsarzt isoliert und beobachten ihn», sagte Schelzig. «Im Moment ist es schwer zu erkennen, ob seine Symptome von einer möglichen Infektion oder vom jahrelangen Betäubungsmittel-Abusus herrühren.»
    «Okay», sagte Peters,

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