Treue Genossen
Ihr kleiner Freund hier auftauchte.«
Nikolai Kusmitsch, der unumschränkte Herrscher über den Nickelmarkt, war ein kleiner quirliger Typ, der überall auf dem Tisch Pleins und Carres setzte. Leonid Maximow, der Wodkakönig, war ein Schwergewicht mit Zigarre. Als Mathematiker ging er überlegter zu Werke und spielte nach dem einfachen Progressionssystem, das Dostojewski ruiniert hatte: immer auf Rot setzen und beim nächsten Spiel den Einsatz verdoppeln. Wenn die beiden Millionäre beim Fallen der Kugel zehn- oder zwanzigtausend Dollar verloren, war es für einen guten Zweck und verdiente nur Respekt. Tatsächlich wetteiferten sie darum, wer mehr verlor, wenn die Chips zusammengeharkt wurden, oder vielmehr, hatten darum gewetteifert, bis Schenja zwischen ihnen Posten bezog. Jedes Mal, wenn Kusmitsch mit übertriebener Geste setzte, erntete er von Schenja einen mitleidigen Blick, als sei er ein Idiot, und jede einfallslose Verdopplung des Einsatzes auf Rot durch Maximow entlockte Schenja ein verächtliches Stöhnen. Schob Maximow seine Chips auf Schwarz, grinste Schenja über seinen Wankelmut. Setzte er abermals auf Schwarz, schien Schenja, ohne eine Miene zu verziehen, die Augen zu verdrehen.
»Eine Nervensäge, der Junge«, meinte Rina. »Er hat das Spiel fast zum Erliegen gebracht.«
»Das kann er«, räumte Arkadi ein. Er bemerkte, dass Timofejew in der Menge untergetaucht war.
Kusmitsch und Maximow standen angewidert vom Tisch auf, schenkten Rina ein artiges Lächeln und begrüßten Arkadi mit einer routinierten Freundlichkeit, die signalisierte, dass sie von einem Justizbeamten nichts zu befürchten hatten. Seit Jahren schmierten sie Ermittler oder tricksten sie aus.
»Rina erzählte uns«, begann Kusmitsch, »dass Sie die Sache mit Pascha klären helfen. Das ist gut so. Wir wollen, dass die Leute sich beruhigen. Die russische Wirtschaft tritt in eine ganz neue Phase. Gewalt ist passe.« Maximow nickte beifällig, und Arkadi fühlte sich an Fleischfresser erinnert, die Rindfleisch abschworen. Nicht dass sie Mafiosi gewesen wären. Von einem Mann wurde erwartet, dass er sich zur Wehr setzte, wenn nötig, mit einer Privatarmee. Doch das war eine Phase, und nun, da sie ihr Schäfchen ins Trockene gebracht hatten, waren sie glühende Verfechter von Recht und Ordnung.
Arkadi fragte, ob Iwanow von Ängsten, Drohungen oder gesundheitlichen Problemen gesprochen, ob er neue Namen erwähnt habe oder bestimmten Personen aus dem Weg gegangen sei. Nein, antworteten beide, allerdings sei Iwanow in letzter Zeit nicht mehr der Alte gewesen.
»Hat er mal über Salz gesprochen?«
»Nein.«
Maximow nahm die Zigarre aus dem Mund. »Als ich das von Pascha erfuhr, war ich am Boden zerstört. Wir waren zwar Konkurrenten, aber wir haben uns gegenseitig respektiert und gemocht.«
»Fragen Sie Rina«, sagte Kusmitsch. »Pascha und ich konnten uns den ganzen Tag geschäftlich bekämpfen und dann wie die besten Freunde zusammen die Nacht durchfeiern.«
»Wir haben sogar miteinander Urlaub gemacht«, warf Maximow ein.
»Wie damals in Saint-Tropez?«, fragte Arkadi und dachte, mit Bombe und allem Pipapo?
Sie zuckten zusammen, als hätte er etwas Unappetitliches in den Punsch getan. Dann bemerkte Arkadi, dass Oberst Oschogin erschienen war und Staatsanwalt Surin etwas ins Ohr flüsterte. Sicherheitsleute näherten sich dem Roulettetisch, und Arkadi spürte, dass seine Zeit im Kreis der Elite ablief. Kusmitsch erzählte, dass er mit seinem Privatflugzeug für ein paar Tage nach Istanbul fliege, zum Ausspannen. Maximow begleite ihn mit sechs oder sieben netten Mädchen, und auch Arkadi könne gern mitkommen. Man werde sich schon arrangieren, womit er indirekt zum Ausdruck brachte, dass es möglicherweise ohnehin zu viele Damen für zwei Männer waren. Natürlich sei auch Rina mehr als willkommen.
»Sie sind eine Art Klub«, erklärte sie Arkadi. »Der Klub der gierigen kleinen Jungs.«
»Und Pascha?«
»War der Präsident.«
»Rina hat ihn auf den rechten Weg gebracht«, meinte Kusmitsch.
»Würde ich eine Frau wie Rina kennen lernen«, sagte Maximow, »würde ich auch einen Hausstand gründen. Wein, Weib und Gesang im Übermaß, das kann tödliche Folgen haben.«
»Wo waren Sie eigentlich, als Sie von Paschas Tod erfuhren?«, wollte Arkadi wissen.
»Ich habe Squash gespielt. Mein Trainer kann es bestätigen. Ich habe auf dem Boden des Court gesessen und geweint.«
»Und ich war in Hongkong«, sagte Kusmitsch. »Aus Sorge
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