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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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oder zu vertreiben, bevor die Pest überhaupt die Stadt erreichte.
    Was mit den Straßburger Juden geschah, erfahren wir aus einem Bericht des Chronisten Fritsche Closener: »Do man zalt 1349 jor, da wurdent die Juden zu Strosburg verbrant in irme kirchof uf eime hultzinen gerüste an sante Feltins tage [St. Valentin, der 14. Februar; J. D.]…« [Zit. n. Ohler, 1990, S. 257.] Anhand des Datums wird ersichtlich, dass der von der Obrigkeit veranlasste und gebilligte Massenmord stattfand, bevor die Pest Straßburg erreicht hatte.
    Der allgemeine Vorwurf gegen die Juden seit der Zeit des Ersten Kreuzzugs und die offizielle Rechtfertigung für ihre Verfolgung war die Behauptung, sie hätten die Brunnen vergiftet. Wer sich allerdings taufen ließ, blieb am Leben. Religiöse Motive standen indes eher selten hinter den mittelalterlichen Pogromen. Den meisten ging es um Geld. Viele Christen standen bei jüdischen Geldverleihern in der Schuld; kamen die fiktiven Verbrechensvorwürfe auf, so waren sie ein willkommener Anlass, sich an der Klage zu beteiligen, um durch eine Verurteilung des Geldgebers schuldenfrei zu werden. In Straßburg wurde nach den Morden sogar das den Juden gestohlene Bargeld unter den Handwerkern der Stadt verteilt.
    Einzelne jüdische Gemeinden wurden durch die Pogrome vollständig vernichtet oder zerschlagen. Vielfach erinnerte nach ihrem Niedergang kaum noch etwas daran, dass sie überhaupt existiert hatten. Ein Beispiel ist die jüdische Gemeinde von Lahr in der Ortenau. Hier erinnerten bis ins 19. Jahrhundert hinein nur noch die dann umbenannte Judengasse und ein alter Besitzeintrag »Michels des Juden« im Bürgerbuch von 1356 an die ehemalige Anwesenheit von Juden in der Stadt. Wahrscheinlich wurde die ehemalige Gemeinde in der Pestzeit Opfer der bei einer Versammlung von adeligen Herren aus der Region im elsässischen Benfeld beschlossenen Vertreibung der Juden aus ihren Gebieten. Dass diese Vertreibung kirchenrechtlich nicht legitim war, störte die hohen Herren anscheinend nicht. Papst Clemens VI. hatte nämlich bereits in einer Bulle vom 26. September 1348 ausdrücklich untersagt, die Juden zu verfolgen; er betonte, dass auch die angeblichen Brunnenvergifter an der Pest starben. Und auch in Regensburg schrieb ein Domherr, »dass keine andere Stadt mehr Juden zählte als Wien. Unter diesen waren aber die Pestopfer so zahlreich, dass sie ihren Friedhof in großem Umfang erweitern […] mussten. Sie wären freilich recht dumm gewesen, sich selbst zu vergiften« [zit. n. Bergdolt, 1995, S. 127]. Die jüdischen Gemeinden von Wien und Regensburg sowie jene im Kirchenstaat und in Avignon wurden gerettet. Übertroffen wurden die Verluste an jüdischen Menschenleben durch die Pogrome während der Pest erst durch den barbarischen Massenmord der Nazis an den europäischen Juden im 20. Jahrhundert.

 
    Die Pest und ihr Erreger
     
     
    Während des gesamten Mittelalters gelang es nicht, den Ansteckungsweg der Pest zu ermitteln. Erst in einem 1546 veröffentlichten Buch legte der italienische Arzt und Dichter Girolamo Fracastro (1484-1553) die Ansicht dar, dass eine Ansteckung durch Keime möglich sei. Diese Keime, so erklärte er, würden über die Kleidung, den Kontakt zwischen Gesunden und Kranken sowie durch die Luft übertragen und könnten so eine in einem Menschen schwelende Krankheit auf einen anderen übertragen. Diese Keimtheorie löste sich von der bis dahin allgemein anerkannten und durchaus ernst genommenen Miasmentheorie, der zufolge schlechte Gerüche eine Krankheit auslösten.
    Als einzigem noch der mittelalterlichen Medizin verpflichteten Arzt soll es Michel de Nostredame, besser bekannt als Nostradamus, gelungen sein, ein Heilmittel gegen die Pest zu finden. Der engagierte Mediziner reiste der Krankheit hinterher und erwarb sich in Frankreich einen großen Ruf als Pestarzt. Sein Erfolg basierte wohl auf einem selbst entwickelten Medikament, dessen Rezept bis heute überliefert ist. Die Grundlage seiner Medizin bildete ein aus Rosenblüten gewonnener Extrakt, hinzu kamen ein Pulver aus Zypressenholz, Gewürznelken, Calamusöl und Aloe. Aus diesen Zutaten stellte Nostradamus Pastillen her, die er seinen Patienten verabreichte. Moderne Mediziner sind unsicher, ob diese Pastillen tatsächlich eine Wirkung gegen die Pesterreger besaßen. Vermutet wird, wenn überhaupt, eine desinfizierende Wirkung des Rosenöls oder aber die antibakterielle Wirkung unbewusst mit den Rosenblättern in das

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