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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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immer nur Unschuldige.«
    »Ach, Uthman«, seufzte Joshua. »Wird die Erde noch einmal anders werden, als sie es jetzt ist?«
    »Das fragst du mich? Du bist doch der Schriftkundige. Du kennst die Zukunft. Schließlich erwartet ihr Juden jeden Tag die Ankunft des Messias. Ich dachte, ihr könntet genau ausrechnen, wann er zu kommen hat!« Uthman lachte.
    »Ich weiß nicht, ob er uns in der Gestalt von Jesus Christus nicht schon erschienen ist«, sagte Joshua, der in das Lachen nicht einstimmen wollte. »Ich bin mir nicht sicher, ob man in Jesus nur einen Propheten sehen soll.«
    »Aber das tun wir Muslime doch auch«, sagte Uthman. »Jesus ist einer der vielen Propheten. Mit Mohammed endete die Reihe, er hat das letzte Wort gehabt.«
    »Wenn Henri jetzt hier wäre, könnten wir trefflich darüber streiten, denn dies ist ein Thema, bei dem er sehr gereizt reagieren kann.«
    »Zu Recht«, lachte Uthman erneut. Und ihm wurde bewusst, dass er zum ersten Mal seit Wochen wieder unbekümmert lachen konnte. »Denn die Armen Ritter Christi hätten sich sicher nicht nach einem bloßen Verkünder benannt, das wäre unter ihrer Würde gewesen. Sie taten ihren Dienst im Namen von Gottes Sohn.«
    »Wir sollten zurückreiten. Die Sonne steht schon recht tief. Und wir wollen die Tinkturen noch heute zubereiten.«
    »Und morgen früh verlassen wir Quimper und reiten am Meer entlang. Ist das nicht herrlich?«
    »Es ist kaum zu glauben«, sagte Joshua verträumt. »Plötzlich ist das Leben wieder da. Dem Herrn sei Dank!«
     
     
    »Ich habe eigentlich kein Recht mehr, mich als Templer zu bezeichnen«, sagte Henri unvermutet, als sie am Abend zusammensaßen.
    »Aber warum denn nicht?« Sean hatte sich erschrocken aufgerichtet. »Gerade du hast jedes Recht dazu!«
    »Nein. Ich habe bei Anbruch des Frühlings in der Provence das Recht dazu verloren. Erinnert euch!«
    »Was meinst du?« Uthman war aufmerksam geworden und blickte von seinen Tiegeln auf, die er in der Küche des Medicus bearbeitete. Monacis selbst war sehr wissbegierig und assistierte dem Sarazenen dabei.
    »Armut, Gehorsam und Keuschheit waren unsere Gebote, und das letzte davon habe ich verletzt, als ich mit Marie zusammen war. Ich hoffe, ihr habt sie noch nicht vergessen. Ich habe sie, weiß Gott, geliebt. Wir kamen uns so nahe, dass wir verbrannten. Seitdem kann ich nicht mehr sagen, dass ich keusch lebe.«
    »Aber das war nur allzu menschlich!«, sagte Joshua.
    »Eben, genau das ist es ja, mein Freund! Das Allzumenschliche hat im Leben eines Templers nichts verloren. Die Templer lebten stets in einer anderen Welt und besaßen höhere Ziele als die einfachen Menschen. Und das war auch notwendig in den Zeiten des Kampfes. Ich bin längst keiner mehr von ihnen. Deshalb kann ich auch nicht derjenige sein, der den Tempel neu errichtet. Reinheit und Demut fehlen mir dazu.«
    »Aber wenn du es nicht tust, Herr Henri, dann wird der Tempel niemals mehr errichtet werden.«
    »Das mag sein, Sean. Aber ich muss den Tatsachen ins Auge sehen. Ich habe meinen Auftrag verwirkt. Seit unserer Abreise aus Arles hat es in den letzten Wochen, trotz des ganzen Elends um uns herum, keinen Tag gegeben, an dem ich nicht darüber nachgedacht habe.«
    »Denke ruhig noch einmal darüber nach, Henri!«, meinte Uthman. »Das sollte nicht dein letztes Wort sein.«
    »Beichte doch!«, riet Sean.
    »Gott hat dir gewiss längst verziehen!«, tröstete ihn Joshua. »Welchen Sinn haben denn hohe Ideale und reine Lehren, wenn sie den Menschen auf Erden nicht zumindest ein wenig glücklich machen! Marie war glücklich, und du warst es auch, das haben wir alle euch angesehen.«
    »Das klingt schön, Joshua«, sagte Henri. »Aber ein einzelnes Glück zählt angesichts des vielen Elends auf der Welt leider überhaupt nichts.«
    »Du hast schon so vielen Menschen Gutes getan«, sagte Uthman entschieden, »du hast selbst ein Recht darauf, Glück zu erfahren. Stell dich nicht so an, Templer!«
    Sean lachte hell auf. Henri hörte auch dies mit Erleichterung. Der Junge war auf dem Weg, seine Trauer in den Griff zu bekommen.
     
     
    Nachdem die Tore geöffnet waren, schien alles anders geworden zu sein. Plötzlich war der Wind wieder da, er wehte lau und gleichmäßig, und die Stadt bot ihm keinen Widerstand mehr. In den vergangenen Wochen hatten die Einwohner die Pest in den frühen Abendstunden immer leichter ertragen. Die Seuche schien zu dieser Zeit stets etwas zur Ruhe zu kommen, und die zu erwartenden Toten

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