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Treuepunkte

Treuepunkte

Titel: Treuepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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dieser Mann hartnäckig sein. Aber der wird sich wundern. Was Hartnäckigkeit angeht, wird er bald die wahre Meisterin kennen lernen. Das wollen wir doch mal sehen. Das ist jetzt wieder mal so eine prinzipielle Geschichte. Wer hier nämlich zuerst aufgibt, setzt damit ein Zeichen für den Verlauf der gesamten Beziehung.
    Ich rufe meine Lesbenfreundin Heike in München an. Allerdings vom Festnetz. Sicherheitshalber. Nicht dass Christoph gerade in dem Moment auf dem Handy durchklingelt, wenn ich mit Heike plaudere. Heike ist die beste Freundin überhaupt. Heike hat immer gute Ideen und kennt sich mit vertrackten Beziehungsgeschichten aus. Sie hört sich geduldig mein Drama an. Die Krankenhaus-Bein-ab-Geschichte findet Heike ein wenig drastisch, aber nicht unlustig. Sie kichert. Jedenfalls sei diese kleine Angelegenheit keinesfalls ein Grund, sich nicht mehr zu melden. Das scheint Christoph augenscheinlich ein wenig anders zu sehen. »Ach Männer«, stöhnt Heike nur, »seit wann haben die Humor?« Da stimme ich ihr absolut zu. Männer lachen schon mal gerne, aber äußerst ungern über sich selbst. Und verarschen lassen die sich schon gar nicht besonders gerne. Was ich wiederum auch verstehen kann.
    »Aber was mache ich jetzt?«, bitte ich meine Lieblingsfreundin um Rat. »Ruf ihn an und sag, dass es dir furchtbar Leid tut«, schlägt sie vor. »Das ist die schnellste und einfachste Variante. Gut, du musst zu Kreuze kriechen und ein bisschen rumschleimen, aber er wartet sicher schon auf deinen Anruf und dann ist die Sache erledigt und alles gut.« Das war nicht die Art Vorschlag, die ich mir erhofft hatte. Da wäre ich auch allein drauf gekommen. Ich hatte mir schon eine originellere Idee erwartet, irgendeine Lösung, bei der wir beide, Christoph und ich, mit hoch erhobenem Kopf davonkommen – oder doch wenigstens ich. »Heike, streng dich an, das kann ja wohl nicht dein Ernst sein, dass ich Christoph dermaßen einsülzen soll. So ein Anruf ist doch ein komplettes Schuldbekenntnis. Ein Eingeständnis. Ich fühle mich aber eigentlich überhaupt nicht schuldig. Wenn ich das mache, hat der totales Oberwasser und treibt sich ab sofort Nacht für Nacht mit dieser doofen Michelle rum, schon weil er weiß, dass er quasi noch einen gut hat. Das geht gar nicht. Auf keinen Fall. Außerdem bist du meine Freundin und nicht Christophs. Oder nur ein bisschen Christophs. Also bitte.« »Na ja, es ist ja nicht so, dass ich nicht noch mehr Vorschläge hätte«, meldet sich Heike wieder zu Wort, »das war jetzt nur die schnelle, unkomplizierte Variante. Ich finde ja diese Spielchen bei Paaren irgendwie albern. Sag doch einfach die Wahrheit. Dass du vor Eifersucht total sauer warst und deshalb mit allen Mitteln versucht hast, ihn heimzulocken. Er wird sich geschmeichelt fühlen und dir sofort verzeihen.«
    Ich glaube, da läuft was völlig verkehrt. Meine beste Freundin schlägt mir anscheinend ernsthaft vor, ich solle
mich bei meinem Mann einschmeicheln. Hat die Drogen genommen oder was ist mit der los? Wenn das die Tipps von Heike sind, möchte ich die von meiner Mutter gar nicht erst hören. Was ich da an Bußarbeit aufgelegt bekäme, kann ich mir in etwa vorstellen. Einmal Jakobsweg und zurück – wenigstens mental. »Sag mal, warst du auf einem Beziehungsseminar oder was ist mit dir?«, frage ich sicherheitshalber mal nach. Das wird ja immer doller. Mag sein, dass uneingeschränkte Wahrheit im Beziehungsleben das einzig Vernünftige und Erwachsene ist, aber ich glaube nur bedingt daran. Ohne ein bisschen Geplänkel wird das schnell ein sehr einseitiges Spiel. Und wie solche Spiele ausgehen, weiß man ja. »Also gut, mit Vernunft kommt man bei dir wohl nicht weit«, lenkt Heike lachend ein. »Dann bleibt nur stillhalten. Die Abwartestrategie. Kommen lassen, sagt man im Sport. Mal schauen, was der Gegner auf der Pfanne hat. Ist allerdings nichts für Ungeduldige.« Das kommt meiner Vorstellung schon wesentlich näher. Mehr habe ich bisher ja auch nicht getan. Abgewartet. Somit keine wirklich neue Strategie. »Und wie lange soll ich warten?«, will ich wissen. »Bis er sich rührt«, erklärt Heike sehr pragmatisch. Ich kann nicht behaupten, dass mich dieses Gespräch sehr viel weiter gebracht hat. Irgendwie hätte ich mir von Heike mehr Finesse erwartet.
    Komischerweise denken Hetero-Frauen oft, dass es in Frauenbeziehungen, also bei Lesben, sehr viel zivilisierter zugehen müsse. Darüber hat Heike schon oft sehr herzhaft gelacht.

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