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Treuepunkte

Treuepunkte

Titel: Treuepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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und so. Oder gehe mit ihnen einkaufen.« Ich hoffe, Anita und Tamara verzeihen mir diese winzige Notlüge. Anita ist ja tatsächlich älter als ich und Tamara auch, jedenfalls ein halbes Jahr. Und ich meine, sie kommen ja oft genug zum Kaffee. Und Nachbarn sind sie auch. Und Einkaufen waren wir auch schon zusammen. Direktor Knuschke wird ja nicht bei uns durch die Straße schlendern und Erkundigungen einziehen. »Gerade ältere Menschen brauchen ja ein wenig Ansprache und menschliche Wärme«, schmücke ich das Ganze noch ein wenig aus. »Es ist also so etwas wie Nachbarschaftshilfe.« Er nickt. Das scheint ihm zu gefallen. Ich bin stolz auf mich. Gut gemacht, Schnidt, denke ich, aber da geht’s schon weiter.
    »Wären Sie denn auch bereit, Frau Schnidt, sich hier in der Schule einzubringen?« Er blickt erwartungsvoll auf mich. »Soll ich unterrichten?«, frage ich ratlos. Er lächelt. »Nein, da haben wir Fachpersonal, aber in unserem Bistro, der Bibliothek und im Garten können wir jede helfende Hand gut gebrauchen. Die Schulgebühren decken ja nur das Nötigste.« Das fehlt mir noch. Im Schulbistro Brötchen schmieren. Aber solange ich jetzt nichts unterschreiben muss, kann ich ja alles zusagen. Der wird meine Tochter, wenn er sie denn mal aufgenommen hat, wohl nicht wieder der Schule verweisen, nur weil die Mutter nicht regelmäßig im Bistro werkelt. »Mein Mann arbeitet
sehr gerne im Garten«, versuche ich mal andere ins Spiel zu bringen. »So, interessant«, antwortet Herr Doktor Knuschke und fährt fort: »Wir garantieren, dass hier keinesfalls Unterricht ausfällt.« Was die Gartenarbeit mit dem Schulausfall zu tun hat, ist mir unklar, aber vielleicht wollte Herr Doktor Knuschke nur einen weiteren Schultrumpf ausspielen. Schließlich kostet die Privatschule ja Schulgebühren und da muss er schon ein bisschen was bieten. »Toll«, sage ich und denke nur, dass mir das als Schülerin nicht sehr gefallen hätte. Garantierter Unterricht. Nie mal eine Stunde, die überraschend ausfällt. Aber als Mutter finde ich es ein gutes Argument für die Schule.
    Dann sind wir endlich entlassen. »Wir melden uns! Rufen Sie nicht an, wir sagen Ihnen Bescheid«, sagt Herr Knuschke und Mark sagt: »Können wir jetzt endlich raus?« Taktisch keine kluge Bemerkung, aber durchaus verständlich. Er schnappt sich vom Keksteller noch eine Hand voll Kekse und steuert auf die Tür zu. Natürlich, ohne ordentlich »Auf Wiedersehen« oder Ähnliches zu sagen. Dafür macht meine Tochter einen Knicks vor dem Direktor. Schade, dass ich keinen Fotoapparat zur Hand habe, ich wusste überhaupt nicht, dass Claudia weiß, wie ein Knicks geht. Meine Güte, wie erniedrigend. Das geht nun echt zu weit.
    Beim Rausgehen werfe ich einen Blick auf seinen Schreibtisch. Ein riesiges gerahmtes Foto. Nicht etwa die Knuschke-Familie, sondern Herr Direktor Knuschke und der Papst. Na prima, da war meine Südamerikaner-Bemerkung bestimmt sehr nützlich.
    Wir fahren in die Eisdiele. Ich finde, wir haben uns eine Belohnung verdient. Claudia will wissen, ob sie jetzt auf die Schule ohne Jungs gehen darf. »Ich weiß es nicht«, sage ich wahrheitsgemäß. »Wenn ich da nicht hin darf, bist du schuld«, jammert sie ihren Bruder an. Ich versuche, alle zu beruhigen: »Niemand ist an irgendwas schuld, viele Mädchen wollen da hin, die können gar nicht alle nehmen. Warten wir es einfach ab.« »Nur weil wir nicht in die Kirche gehen«, motzt Claudia. »Ich will ab jetzt in die Kirche gehen. Damit ich da hin kann.« »Der Papa geht mit dir, wenn du unbedingt willst, und wenn das nicht klappt mit der Schule, gehst du auf die andere Schule.« Sie fängt an zu weinen: »Da will ich nicht hin, da geht der Emil hin und dann muss ich für immer mit dem Emil zur Schule gehen.« »Nein, musst du nicht«, sage ich, weiß zwar nicht, ob das den Tatsachen entspricht, aber jetzt gilt es, erst mal für Entspannung zu sorgen.
     
    Wenige Tage später fahren wir zum Tag der offenen Tür ins Gemischte Gymnasium. Hier geht es um die reine Besichtigung. Wir müssen nicht bei irgendeinem Direktor antreten und Fragen beantworten, was mir vom Prinzip her wesentlich besser gefällt. Ansonsten – alles ähnlich, nur die Schule ist ein wenig größer. »Die andere ist viel schöner«, nölt Claudia. »Diese ist doch auch sehr schön!«, betone ich voller Inbrunst und um einer vermeintlichen Absage der Mädchenschule vorzubauen. Da erspäht Claudia ihr persönliches Grauen: Stevie, Tamaras

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