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Treuepunkte

Treuepunkte

Titel: Treuepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Mann, Tamara selbst und der hochbegabte Nasenbohrer schlendern über den Schulhof auf uns zu. Tamara winkt. »Na, gefällt es euch auch so gut?«, fragt sie aufgeregt. »Ja,
ganz gut«, sage ich und beobachte dabei meine wie versteinert aussehende Tochter. »Und wird der Emil hierher gehen?«, frage ich so beiläufig wie möglich. »Eventuell«, beantwortet Stevie, Emils Vater, meine Frage und Tamara stellt die Gegenfrage: »Und was ist mit Claudia?« Oh, vermintes Gebiet. Ich kann ja schlecht sagen: »Claudia ist alles recht, Hauptsache euer Emil taucht garantiert nicht auch dort auf.« »Je nachdem«, gebe ich eine vage Antwort, die alles offen lässt.
    »Wenn der Emil nicht kommt, gehe ich«, zeigt Claudia keinerlei Feingefühl, sondern im Gegenteil beschämende Offenheit. Die ist ja nun wirklich knallhart. Aber Emil sieht kein bisschen verstört aus. Tamara lacht auch nur: »Ja, da geht es dem Emil ähnlich. Er will auch nur dahin, wo eure Tochter nicht hingeht.« »So ein Quatsch«, lacht mein Mann (der mal wieder keine Ahnung hat), »was sich liebt, das neckt sich.« Das sollte wohl zur Auflockerung der Situation beitragen, geht aber gründlich in die Hose. Eine Art Verbalbombe. Manchmal sollte man, wenn man die Lage nicht kennt, lieber einfach mal die Klappe halten. Claudia sieht aus, als würde sie wahlweise gerne ihren Vater töten oder sich direkt an Ort und Stelle übergeben. »Niemals gehe ich dahin, wo der hingeht«, platzt es aus ihr heraus und damit niemand im Unklaren darüber bleibt, wen sie meinen könnte, zeigt sie mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Emil. Der nimmt seinen daraufhin wenigstens für einen Moment aus der Nase und deutet auf Claudia: »Mit der blöden Doofkuh gehe ich auch nirgends hin.« Jetzt hat selbst Christoph verstanden, dass es sich bei den beiden augenscheinlich nicht um die große Liebe handelt. »Mal abwarten«, sagt er und
haut Stevie jovial auf die Schulter. Nach dem Motto: Das legt sich schon noch, Kumpel, das hat meine Tochter bestimmt nicht so gemeint. Auch Stevie lächelt: »Der Emil ist eigentlich sowieso hier nicht richtig. Wegen dem Begabtsein und so.« Eines ist spätestens jetzt auch deutlich geworden: Von seinem Vater kann Emils immense Hochbegabung nicht kommen. Oder lässt der direkte Vergleich mit Stevie seinen Sohn so schlau wirken? Wie auch immer, ich bin froh, wenn Emils Eltern für ihren Sohn eine andere Schule wählen, denn mein Gefühl sagt mir, dass es mit der Mädchenschule nicht gut aussieht.
     
    Ich habe Recht, obwohl ich diesmal darauf hätte verzichten können. Wegen Claudia. Die Mädchenschule schickt uns eine Absage. Zwei Wochen nach dem Gespräch. Christoph ist zutiefst brüskiert. »Was fällt diesem Kerl bloß ein«, meckert er, als er den Formbrief liest. »Er kann es sich halt aussuchen und da sind ihm Kirchgänger wahrscheinlich lieber. Oder Mädchen, die in Mathe keine Drei haben. Oder Mütter, die Loblieder auf den Papst singen«, zeige ich mich pragmatisch. Christoph ärgert sich, dass er nicht dabei war. Das wiederum ärgert mich. Als wäre ich nicht in der Lage, allein ein Schulbewerbungsgespräch zu führen. Als wäre alles völlig anders gelaufen, wenn er dabei gewesen wäre. Ich habe das Gefühl, mein Mann gibt mir die Schuld. Dass es jemand wagt, sein eigen Fleisch und Blut abzulehnen, scheint ihn extrem zu kränken. Kurz überlege ich, Verena anzurufen. Verenas Mann ist der Bruder vom Konrektor der Schule. Aber Verena gehört nicht zu meinen besten Freundinnen, sie ist eigentlich nicht mehr als eine ehemalige Spielplatzbekannte,
die ich nur kennen gelernt habe, weil ihr Sohn Torben meiner Tochter eine Schippe auf den Kopf gehauen hat.
    Christoph ist von der Idee, die ich blöderweise laut geäußert habe, sehr angetan. »Ruf an, man muss seine Beziehungen nutzen.« Hätte ich doch bloß nichts gesagt. Wie doof. »Ich kenne die gar nicht gut, das ist mir peinlich«, gestehe ich. Das findet Christoph jetzt wiederum doof. »Was heißt da peinlich, wenn es um unsere Tochter geht, sollte uns nichts peinlich sein.« Er schnauft nachdrücklich und sagt: »Würde ich die kennen, ich wäre schon längst am Telefon.« Die Erläuterung, dass Kennen etwas anderes ist, als mal auf einem Spielplatz aneinander geraten zu sein, erspare ich mir. »Ich mache es morgen«, sage ich, um Zeit zu gewinnen. Ich habe noch nicht mal die Telefonnummer von dieser Verena.
     
    Natürlich könnte ich Thea anrufen, die Mutter von Belinda, einer alten

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