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Treuepunkte

Treuepunkte

Titel: Treuepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Tageszeit nicht zuträglich.
    Ich schlafe auf der Couch. Wir haben uns schon richtig angefreundet, die Couch und ich. Kein Wunder, ich verbringe mehr Nächte mit ihr als mit meinem Mann. Jedenfalls in letzter Zeit. Zweimal muss ich nachts raus. Mann, ist mir schlecht. So gedemütigt über der Schüssel gehangen habe ich schon lange nicht mehr. Und auch für meine Frisur ist diese Schüsselhängerei kein Gewinn. Aber wenigstens war der Wein billig und ich spucke kein Vermögen aus.

4
    Am nächsten Morgen hat Christoph die Sprache wiedergefunden. Er motzt mich an. »Oh, du kannst ja sprechen«, sage ich und stecke in diesen kleinen Satz so viel Ironie, wie ich heute Morgen aufbieten kann. Er holt tief Luft: »Allerdings. Und dein Verhalten finde ich langsam nicht mehr lustig. Was soll das?« Er redet mit mir wie mit einem Kind. Und das in meinem Zustand. Ich fühle mich kaum in der Lage, aufrecht zu gehen, bereue jedes Glas Retsina und möchte einfach nur meine Ruhe. »Lass mich. Mir geht’s nicht gut!«, fahre ich ihn an. »Darf man denn mal fragen, wo du eigentlich warst?«, geht das Gemecker weiter. »Frag doch«, sage ich und weiß, dass das wirklich ein wenig kindisch ist, aber irgendwie gefällt es mir, wie sauer er ist. Schließlich bedeutet das doch, dass es ihm nicht vollkommen egal ist, wo ich mich rumtreibe. Ist es vielleicht sogar Eifersucht? Umso besser, dann sieht er mal, wie einen dieses Gefühl peinigen kann. Wenn er noch ein bisschen so weitermacht, falle ich ihm um den Hals und alles wird wieder gut.
    Aber er trollt sich. Schnauft mehrfach laut und deutlich und stapft in die Küche. Dann soll er halt noch einen Tag schmoren. Außerdem – er hätte ja mal fragen können, wie meine Arbeitssuche ausgegangen ist. So viel Interesse an der potenziellen Karriere des Partners ist doch wohl nicht zuviel verlangt.
    Die Kinder sind auch ein wenig seltsam heute Morgen. Claudia fragt sogar, ob ich ab heute Abend wieder zu
Hause wohne. Da sieht man es mal wieder: Die Kinder sind so daran gewöhnt, dass ich rund um die Uhr verfügbar bin, dass sie schon panisch werden, wenn Mutti mal einen Abend aus dem Haus ist. Andererseits ist die Frage auch irgendwie rührend und ich umarme und knuddele meine beiden Süßen, als sie das Haus Richtung Schule und Kindergarten verlassen, so als sei es ein Abschied für immer. Christoph sagt immerhin »tschüs«. Das heißt ja wohl, dass er die Absicht hat, heute Abend wieder hier aufzukreuzen.
     
    Als er mit Mark und Claudia an der Hand zum Auto geht, wallen die ganz großen Emotionen in mir auf. So viel Gefühl, dass man locker vier Rosamunde-Pilcher-Filme daraus hätte machen können. Was für eine wunderbare Familie! Ich könnte losheulen. Es ist ein intensives Familiengefühl, eigentlich genauso wie früher am Schluss bei den Waltons, wenn alle im Bett sind und dann eine Stimme »Gute Nacht, John-Boy« sagte. Genau genommen war das der einzige Moment in meinem Leben, in dem ich mich nach sieben Geschwistern gesehnt habe. Ob Christoph Ähnliches durch den Kopf geht? Ich hoffe es. Schließlich waren wir mal sooo glücklich und sooooo verliebt. Wieso unterliegen diese großen Gefühle solchen Schwankungen? Ist es wie mit Joghurt? Hat alles nur eine bestimmte Haltbarkeit – und die ist eben begrenzt? Andererseits – Bundeswehrzwieback könnte man bestimmt noch nach 80  Jahren Atomkrieg essen und er würde dann sicher auch kaum anders als vor Kriegsausbruch schmecken! Also ist es wohl eher die Frage, was man will. Etwas sehr, sehr aufregend Leckeres, was aber schnell gegessen
werden muss, oder etwas, was nie wirklich prickelnd ist, sich aber dafür ewig hält. Das ist es wahrscheinlich, was es bei der Männerwahl zu berücksichtigen gilt.
    Ist Christoph etwa ein Zwiebackmann? Würde ein Zwiebackmann eine sicherlich leicht verderbliche Ware wie Belle Michelle anschmachten? Eine Jakobsmuschelfrau sozusagen. Und gerade als ich zum Auto rennen will, um meiner Kleinfamilie meine unbändige Liebe zu gestehen, rauschen sie auf und davon.
    Mist, ich habe vergessen, Christoph zu sagen, dass ich heute Abend nochmal was vorhabe. Sollte ich Sabine absagen und den Abend für ein vernünftiges und klärendes Paargespräch nutzen? Mich verhalten wie eine Erwachsene und rationale Person? Ich werde drüber nachdenken. Zunächst mal brauche ich Ruhe und vor allem Aspirin in Mengen. Gerade als ich die Tabletten auflösen will, piepst mein Handy. Das wird Christoph sein, wie

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