Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
schnappte unwillkürlich nach Luft. Ehebrecher hin oder her, sie war wunderschön, und der Anhänger sah haargenau aus wie eines der Rosettenfenster der Kathedrale von Notre Dame. Zweifellos hatte er sie deshalb ausgesucht.
»Ich nehme an, das heißt, dass sie dir gefällt«, sagte er vorsichtig.
Mir fehlten die Worte. Ich öffnete den Mund, konnte jedoch nur stumm nicken. Mein ganzer Körper war wie gelähmt. Ich hatte mein Lebtag kein mit so viel Liebe ausgesuchtes Geschenk erhalten.
»Oder dass du schon zwei davon hast«, fügte er hinzu, nachdem ich noch immer nichts gesagt hatte.
Jetzt erwachte ich aus meiner Trance und nickte heftig. Meine Lippen folgten. »Ja.«
Er lachte. »Ja, du hast schon zwei?«
Ich schüttelte wie betäubt den Kopf. »Nein, ich meinte … ich finde sie wunderschön.«
Er nahm die Hand von meinem Oberschenkel, ergriff meine Hand und hob sie zum Mund, um sie zärtlich zu küssen.
»Gut. Ich musste an dich denken, als ich sie gesehen hab.«
Seine Bemerkung versetzte mir einen Stich. Ich hatte mich an die Hoffnung geklammert, dass er seine Sekretärin losgeschickt hatte mit dem Auftrag, etwas für mich auszusuchen. Vielleicht gab es bei Calloway Consulting aber auch eine eigene Abteilung, die für das Besorgen von Geschenken zuständig war. Ich hatte mir ausgemalt, wie er dort angerufen und gesagt hatte: »Ich habe so viel zu tun, dass ich mich leider nicht um meine Frau, meine neue Freundin und meine Arbeit kümmern kann. Wenn Sie also so freundlich wären, für meine Reise nach Paris eine hübsche kleine ›Flugzeugtüte‹ zusammenzustellen … Ich muss nämlich noch meinen Koffer packen.« Und wenig später hatte er mit der für das Verpacken von Geschenken zuständigen Abteilung telefoniert und dasselbe noch mal erzählt.
Insgeheim wusste ich, dass ich mir etwas vormachte. Ich wusste, dass er jeden einzelnen Bestandteil höchstpersönlich ausgewählt hatte. Was bedeutete, dass er noch mehr Zeit, die seiner Frau zustand, verschwendet hatte, um eine dämliche Flugzeugtüte für mich zu basteln. Es war einfach nicht fair. Und es war definitiv nicht richtig, dass ich mich so sehr darüber freute.
Es hätte alles ganz anders laufen müssen. Warum musste
er es mir so schwer machen? Ich wusste, ich hätte Jamie eigentlich um den Hals fallen und ihn küssen, mich überschwänglich bei ihm für diese unglaublich süße Geste bedanken müssen. Aber ich konnte nicht. Ich konnte genau deshalb nicht, weil ich es so schrecklich gern getan hätte.
In meinem Kopf wirbelten die Gedanken im Kreis herum. Ich wusste nicht mehr ein noch aus, wusste nicht mehr, was ich fühlen sollte und was nicht. Ich sah ihn an – er schien auf eine anerkennende Reaktion zu warten -, dann blickte ich wieder auf den Inhalt meiner ganz persönlichen Flugzeugtüte und wollte nichts weiter, als ihn zu lieben. Nichts wünschte ich mir sehnlicher, als dass die ganze Sache ein Missverständnis wäre. Ich wünschte, es gäbe wie bei Matrix eine blaue Pille, die einen alles vergessen lässt.
Doch als ich vor dem Check-in-Bereich des Flughafens aus der Limousine stieg, wusste ich, ich konnte nicht vergessen. Ich konnte die Tatsache nicht ignorieren, dass ich mit dem Ehemann einer anderen nach Paris flog.
Und es würde eine verdammt lange Reise werden, wenn mir Jamie weiter mit solchen Aktionen das Leben schwer machte. Dabei saßen wir noch nicht einmal im Flugzeug.
Was hatte ich mir da bloß eingebrockt?
Mir wurde bald klar, dass es gar nicht übel ist, wenn man als Marketingberater unterwegs ist und die zu beratende millionenschwere Firma sämtliche Reisekosten übernimmt. Alles war vom Feinsten, vom Check-in über die Gratisdrinks in der internationalen First-Class-Lounge und die Erste-Klasse-Sitzplätze an Bord bis hin zum Hotelzimmer im Ritz, das sich im ersten Arrondissement von Paris befindet.
Ich war beeindruckt, obwohl ich auf meinen Geschäftsreisen regelmäßig erster Klasse geflogen war.
Jamie wollte mich offenbar beeindrucken. In jeder neuen
Phase unserer Reise spürte ich seine Augen auf mir ruhen. Er beobachtete meine Reaktion, als wir die Lounge am Flughafen betraten und ich den Blick über die Plasmafernseher, die drei Bars, die Büffettische mit diversen Köstlichkeiten schweifen ließ. Ich nickte beifällig und lächelte ihn an.
Er beobachtete mich auch, als wir ins Flugzeug stiegen und von einer freundlichen Stewardess durch die Business Class und die Treppe hoch in die erste Klasse
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