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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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schweißnass an der Stirn. Er goss den Männern Tee aus einem Samowar nach.
    Grischenko hatte ein mulmiges Gefühl. Dass sie zahlreiche Feinde hatten, lag nicht nur an ihren Protesten gegen den Raubbau an Sibiriens Bodenschätzen. Moskau fürchtete auch den guten Kontakt der Naturschützer ins Ausland.
     
    Bevor der 51-jährige Grischenko aus Omsk mehr als zehn Jahre zuvor die Sibirien - Kommission gründete, hatte er als Maschineningenieur mit der Rohstoffausbeutung selber gutes Geld verdient. 1995 akzeptierte er freiwillig eine Versetzung seines Teams nach Sachalin, der östlichsten Insel Russlands. Es lockte ein guter Verdienst, aber auch die Chance, selbstständig neue Erdgasvorkommen zu erkunden und zu erschließen. Doch das bergige Eiland von der doppelten Größe Italiens wirkte auf die Männer wie ein aus dem Schoß gefallener Engel von Mütterchen Erde. Zerborstene Lastwagen, zerfallene Häuser, treibende Autowracks an den Stränden des Ochotskischen und des Japanischen Meeres bestimmten das Bild; Kinder spielten zwischen Abfallbergen aus feuchten Mauersteinen und stinkendem Hausmüll. Und wo sich Felsen erhoben, zeichneten sie mit ihren gespenstischen Formen ein Bild der Unwirtlichkeit. Die Menschen, die hier lebten, hatten schon beinahe asiatisch geschnittene Gesichter. Sie arrangierten sich mit der wenig stimmungsvollen Landschaft und suchten ihr Auskommen im Handel mit Flussfischen aus dem Amur, mit Seefischen aus dem Meer oder schufteten für wenig Lohn auf den Gasfeldern des Rohstoffkonzerns Petrolis . Sie wussten nichts von den Milliarden Tonnen an Erdöl und Erdgas, die sich hier im Verlauf der letzten 95 Millionen Jahre im Boden unter ihren Füßen gebildet hatten.
    Im Städtchen Juschno-Sachalinsk bezogen die Männer Quartier und erkundeten im Auftrag ihres Arbeitgebers Petrolis neue Rohstofflager. Doch als sie schließlich auf die weithin sichtbaren Auswirkungen des Abbaus stießen, stürzten sie diese Beobachtungen in echte Gewissenskonflikte. Sie sahen auf verbrannte Natur, ölverschmutzte Strände, verendete Fische und Vögel. Die Insel der Ureinwohnergemeinschaften der Nivchen, Nanai, Ewenken, Oroken und Orotschen ächzte sichtbar unter den Folgen des staatlich geförderten Raubbaus. Grischenko wurde klar, dass auch er sich an der weiteren Zerstörung Sachalins würde beteiligen müssen, wenn sie den Konzern nicht verließen. Schließlich sorgte ein dramatischer Zwischenfall für eine endgültige Entscheidung.
    Bei der Errichtung eines Terminals für die Verschiffung von Flüssiggas in der Hafenstadt Korsakow stürzten auf Grund mangelnder Sicherheitsvorkehrungen zwei ewenkische Arbeiter vom Pumpenturm in 30 Meter Tiefe. Dieses Ereignis war der Tropfen, der das Fass voll aufgestauter Wut zum Überlaufen brachte. Sie boykottierten Transportwege, entzündeten Weizenfelder und zerstörten Pumpstationen an den kilometerlangen Leitungen. Russisches Militär rückte von See und aus der Luft auf die Insel vor und bombardierte die Dörfer der Ureinwohner. Marinesoldaten sicherten indes die Pumpstationen.
    Nur kurze Zeit später hatte die Großmacht Russland die Insel unter Kontrolle. Oleg Grischenko und sein Team zogen Konsequenzen. Sie meldeten sich offiziell von ihrer Arbeit ab und kündigten mit der Begründung, dem Konzern auf Grund der Vorkommnisse nicht mehr loyal gegenüberstehen zu können.
    »Auf welcher Seite wollt ihr zukünftig stehen?«, fragte er die Männer seines Teams damals. Bis auf einen, der wirtschaftliche Sorgen fürchtete, fanden sich fünf Spezialisten zur Sibirien-Kommission zusammen, gaben sich die Bezeichnung Naturkommissare und sprachen im Moskauer Energieministerium vor. Den Aktivisten reichten nur wenige Wochen, um einen Freundeskreis um die Sibirien-Kommission aufzubauen. Denn immer dort, wo ausländische Konzerne nach Öl und Gas suchten, fühlten sich die Bewohner der jeweiligen Gebiete um ihre Heimat gebracht. Grischenko und seine Naturkommissare sahen sich als Ankläger und waren so innerhalb von wenigen Monaten zu einer gefürchteten Macht geworden. Der russische Geheimdienst wartete nur auf eine Gelegenheit, die »Feinde des russischen Wohlstands« zu neutralisieren.
    Und heute, fünf Jahre nach Gründung der Sibirien-Kommission, bot sich dafür eine überraschende Gelegenheit für die Agenten des russischen Inlandsgeheimdienstes.

8
    Berlin-Mitte, Auswärtiges Amt, nächster Tag, 18:55 Uhr
    Die Tür zu Raum 1808 war fest verschlossen. Dennoch drangen aus seinem

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