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Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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hatte nie eine Karriere in der Justiz angestrebt und wusste bereits zu diesem Zeitpunkt, dass gute Anwälte leicht ein Mehrfaches der Richterbesoldung verdienten. Ihm ging es lediglich darum, das Examen zu bestehen, um anschließend in die Dortmunder Kanzlei Dr. Hübenthal, zu der er frühzeitig Kontakte aufgebaut hatte, als Anwalt eintreten zu können. Frodeleit hingegen wollte immer Richter werden und Löffke hatte frühzeitig gemerkt, dass Achims vordergründiges Argument, mit dem Richteramt ein gleichmäßiges, gutes und sicheres Einkommen zu erzielen, dessen eigentlichen Ehrgeiz verdeckte, in der Justiz Karriere zu machen. Schon damals hatte er den ausbildenden Vorsitzenden Richter belächelt. »Wenn ich mit 60 nicht über ein Landgericht hinausgekommen bin, habe ich etwas falsch gemacht«, hatte er gesagt. Da hatte Löffke erkannt, dass er von dem ehrgeizigen Frodeleit profitieren konnte. Achim arbeitete sich äußerst gewissenhaft in Akten und Ausbildungsliteratur ein und brillierte im Referendariat mit mustergültig strukturierten und rhetorisch ausgefeilten Vorträgen, wobei er das Wissen des Ausbilders mit Zitaten aus obergerichtlichen Entscheidungen noch zu toppen wusste und es gut ertragen konnte, dass mit Ausnahme von Löffke die anderen Referendare zu ihm persönlich Abstand hielten.
    Löffke hatte sich mit dem Lernstoff abmühen müssen. Ihm lagen feinsinnige juristische Konstruktionen nicht. Ihm half ein gewisses Judiz, vertretbare Lösungen zu entwickeln, aber er vermochte sie nicht in den theoretischen Rahmen zu kleiden, den Achim mühelos entwickeln konnte. Auch Löffke war damals Einzelgänger. Sein zuweilen dumpfes Auftreten, seine markigen Sprüche und sein erklärter Wille, sich nicht vertieft mit juristischer Theorie zu beschäftigen, stießen bei den anderen ebenso auf Ablehnung wie der als Streber verschriene Achim. Sie konnten sich näherkommen, weil sie nicht in Konkurrenz zueinander standen und wussten, dass sie sich niemals auf dieselbe Stelle bewerben würden. So fand Löffke in Frodeleit einen willkommenen Partner, der ihn bei Klausuren abschreiben ließ, so, wie Frodeleit für Löffke ein Kollege war, der ihn immer wieder zu Besuchen ins Westfalenstation einlud, wenn der BVB ein Heimspiel hatte und er über die Verbindungen seiner Eltern an VIP-Karten gekommen war. Frodeleit hatte schließlich wie erwartet das Examen mit Prädikat abgeschlossen, Löffke hingegen nur knapp bestanden, trotzdem hatte jeder aus seiner Sicht das erreicht, was er wollte. Danach trat Frodeleit seine Richterlaufbahn in Dortmund an und Löffke begann wie geplant seine Rechtsanwaltskarriere in der Kanzlei Dr. Hübenthal. Ihre Verbindung hielten sie aber weiterhin aufrecht. Es folgten erste gemeinsame Wochenendfahrten, bald auch zusammen mit den Frauen. Sie feierten gemeinsam die Geburtstage, saßen seit einigen Jahren auch am Heiligen Abend zusammen, an dem stets die Löffkes für das leibliche Wohl sorgten. Dörthe und Verena gingen mindestens ein Mal monatlich zusammen in die Stadt einkaufen und darüber hinaus pflegten sie einmal wöchentlich ein gemeinsames Sektfrühstück, als luxuriösen Jour fixe gewissermaßen.
    »Hubert, du bist hier nicht in der blauen Lagune. Bromscheidt will dir an den Kragen.« Frodeleit sah Löffke stechend ins Gesicht, doch der hob hilflos die Schultern.
    »Herr Bromscheidt, ich schalte jetzt die Taschenlampe an. Darf ich das?«, fragte Frodeleit.
    Sie horchten auf, doch sie erhielten keine Antwort.
    »Sei vorsichtig!«, mahnte seine Frau, doch Frodeleit richtete die Taschenlampe bereits auf die Stollenwände und den Boden.
    Sie erkannten einzelne schwarze Kabel, die lose auf dem Stollenboden und an der Wand entlang geführt waren. In der Ecke der nahezu quadratischen Halle waren einige dünne Kabel bis in etwa ein Meter Höhe geführt und dort in einer ausgebrochenen Nische mit einer kleinen Kamera, Lautsprecher und Mikrofonen verbunden. Frodeleit leuchtete auf die Geräte. Das Auge der Kamera spiegelte das Licht der Taschenlampe. Frodeleit knipste das Licht aus, trat einige Meter zurück und positionierte sich so, dass Bromscheidt seine ganze Statur sehen konnte.
    »Herr Löffke ist sich keiner Schuld bewusst«, sagte er in Richtung Kamera. »Sie müssen uns schon auf die Sprünge helfen, damit wir Sie verstehen.«
    Der Lautsprecher blieb stumm.
    Frodeleit war sich nicht sicher, ob die Kamera ihn überhaupt aufnahm. Er winkte mit seiner rechten Hand. »Herr

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