Tribunal
glänzte im Licht der Taschenlampe. In der Kanzlei zeugte dieser Schweiß von seinem hohen Kaffeekonsum, dem stets fettigen Mittagessen und dem Stress seiner täglichen Arbeit. Jetzt war er sichtbar gewordene Furcht vor dem unbekannten Bromscheidt, hinter dessen freundlicher und konzilianter Fassade eine andere Persönlichkeit steckte, die ohne Zweifel nicht lediglich ein Projekt im Rahmen der Veranstaltungen zur Kulturhauptstadt durchführen wollte.
Löffke wollte an die angeregte Unterhaltung in Bromscheidts Villa anknüpfen und in die vertrauensvolle, warme Atmosphäre eintauchen, die sie vorhin noch miteinander verbunden hatte. Es gelang ihm einfach nicht wahrzuhaben, von einer Kulisse getäuscht worden zu sein. Er horchte angestrengt in den Stollen. Dörthe hatte sich an ihn geklammert. Es war das erste Mal in ihrer Ehe, dass ihr Mann hilflos war. Löffke, der sonst farbig und wortgewaltig von seinen Prozessen berichtete, der bei den Sozietätsbesprechungen mit lässiger Geste posierte, während er die Leistungen der anderen herabwürdigte und mit seinen Umsatzzahlen prahlte, Löffke, der auch zu Hause dominierte, keinen Zweifel kannte und sich aus jeder Verlegenheit herauszuwinden wusste, dieser Löffke schien plötzlich verändert.
»Hubert?« Frodeleit hatte seinen Freund ins Visier genommen. »Du hast eine Ahnung, wer Bromscheidt ist«, flüsterte er schneidend. »Ich spüre es.«
»Nein, ich schwöre es.« Löffke verteidigte sich wie gegen eine Anklage. Sein Schwur erinnerte Frodeleit an das Leugnen seiner Angeklagten.
»Du riechst wieder aus dem Mund, Hubert.« Frodeleit griff in seine Hosentasche. »Hier, ein Pfefferminzbonbon. – Du warst sein erster Kontakt, Hubert. Du bist in seinem Plan eine Schaltstelle.«
Frodeleit leuchtete seinem Freund ins Gesicht. »Denk endlich nach, Hubert! Du bist der Schlüssel«, flüsterte er beschwörend.
»Wer flüstert, lügt«, tönte es spöttisch von der Wand. »Was bereden Sie denn da? Sie schmieden doch wohl nicht Ausbruchspläne?« Bromscheidt kicherte kindlich. »Es ist zwecklos, das wissen Sie doch längst. Sie werden die gute alte Stahltür nicht gewaltsam öffnen können. Oder haben Sie Werkzeuge? Hat einer von Ihnen vielleicht eine Nagelfeile bei sich?«
Wieder dieses kindliche Kichern.
»Keine Ausbruchspläne«, haspelte Löffke. »Wir wollen mit Ihnen reden, Herr Bromscheidt. Wir bitten Sie um ein Gespräch. Warum zeigen Sie sich nicht? Sie wollen doch auch mit uns reden, sonst hätten Sie keine Mikrofone und Lautsprecher installiert.«
Löffkes Bitte war Frodeleit zu unterwürfig. »Wir haben ein Recht darauf«, setzte er deshalb nach.
»Die Tür ist offen«, kam es knapp zurück.
Sie sahen sich ungläubig an.
Frodeleit trat vor und drückte zaghaft auf die Klinke der schweren Eisentür. Tatsächlich: Sie gab nach. Bromscheidt hatte unbemerkt das Schloss geöffnet.
Das Türblatt wich schwer und träge zurück. Unsicher starrten sie auf den sich öffnenden Spalt, bis er den Blick in den hell erleuchteten Hauptstollen freigab. Das einschießende Licht blendete sie.
Löffke taumelte als Erster vor, doch dann zögerte er. Der unverhofft eröffnete Weg konnte eine Falle sein.
»Herr Bromscheidt?«, krächzte er. »Wir kommen jetzt zu Ihnen.« Er wartete einen Augenblick. »Ist es Ihnen recht, wenn wir jetzt kommen?«
Er horchte in die Stille, doch Bromscheidt rührte sich nicht. Fragend blickte Löffke zu den anderen. Im Schein des aus dem Hauptstollen flutenden Lichts sah er Frodeleits eiserne Miene. Er wusste, dass Frodeleit von ihm erwartete, als Erster durch die Tür zu gehen.
Löffke duckte sich rechts an die Stollenwand. Dörthe stand dicht hinter ihm. Sie waren sich so nah wie selten zuvor. Schritt für Schritt tastete er sich nach vorn, während er sich von Dörthe beschützt wähnte. Löffke fühlte sich mit einem Mal für das Desaster verantwortlich, in das er sie geführt hatte. Es galt, etwas gutzumachen, auch wenn er sich nichts hatte zuschulden kommen lassen.
Die anderen warteten einige Meter hinter ihm im Stollen. Das Licht lockte. Keiner von ihnen würde ihm diese Schritte abnehmen. Wie eine behäbige Katze schlich Löffke. Wusste er nicht, dass Bromscheidt jede seiner Bewegungen verfolgte?
Langsam durchschritt er den massiven Türrahmen. Rasch erfasste er den Raum. Bromscheidt hatte offenbar, als sie eingesperrt waren, die Zeit genutzt und zwei Deckenfluter aufgestellt, die das Gewölbe ausleuchteten. Der Stollen maß an
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