Tricontium (German Edition)
Er konnte nicht beurteilen, wie viel Theodulf tatsächlich über die Barsakhanen und ihre Bräuche wusste, doch unabhängig davon, wie es darum bestellt war, hatte der Schwertmeister seinem Fürsten soeben wissentlich blanken Unsinn erzählt. Dabei konnte es ihm doch eigentlich nichts nützen, Ardeijas Lügenmärchen auch nur teilweise zu bestätigen. Auch die Erklärung, dass seine scheinbare Unterstützung eine List sein mochte, um Ardeijas Vertrauen zu gewinnen, kam eigentlich nicht in Betracht. Nach allem, was in der Vergangenheit zwischen ihnen vorgefallen war, musste Theodulf sich denken können, dass so verdächtig freiwillig geleistete Hilfe allenfalls Argwohn hervorrufen würde.
»Euer Großvater liegt in Aquae Calicis begraben?«, fragte Asgrim in die Stille und mitten in Ardeijas Gedanken hinein.
»Ihr wollt ein Grab schänden, nur weil Euch ein Schwert gefällt?« Ardeija hoffte, dass er hinreichend empört klang; insgeheim entzückte ihn die Vorstellung, dass Asgrim eben dies veranlassen und dabei ertappt werden könnte. Einem Fürsten mochte man einiges durchgehen lassen, und mit harten Strafen würde er wohl nicht zu rechnen haben, doch würde es seinen Ruf nicht besser machen, wenn man über ihn erzählen konnte, dass er aus Gier die Gräber alter Männer nach Beigaben durchwühlen ließ.
Asgrim lachte, als hätte Ardeija einen Scherz gemacht, ohne ihn selbst zu verstehen. »Es läge mir fern, die Totenruhe zu stören, nur um ein Schwert an mich zu bringen, Herr Ardeija. Wir werden uns wohl etwas anderes einfallen lassen müssen … Was haltet Ihr von zwölf Solidi?«
Ardeija hatte sich vorgenommen, Asgrims neue Forderung auf jeden Fall äußerlich ruhig anzuhören, doch nun blieb ihm der Mund offen stehen. »Die könnte ich nicht einmal aufbringen, wenn Ihr tatsächlich ein Anrecht darauf hättet, schon gar nicht von einem Tag auf den nächsten; das wisst Ihr auch.«
»Bedauerlich«, sagte Asgrim, ohne auch nur im Geringsten bedauernd zu klingen. »Da ich kein Unmensch bin und es mir fern liegt, Euch in Armut stürzen zu wollen, werde ich Euch wohl noch eine dritte Lösung anbieten müssen … Vielleicht könnt Ihr die Schuld ja abarbeiten?«
»Das ist schändlich, Fürst.« Es war ein Vergnügen, die ehrende Anrede wie eine üble Beleidigung klingen zu lassen. »Ich sehe keinen Grund, auch nur einen Finger für Euch zu rühren!«
Doch Asgrim ließ sich von einem Gefangenen, der ohnehin nicht mehr anrichten konnte als ein kläffender Kettenhund, nicht aus der Fassung bringen. »Ihr solltet mehr als einen Grund sehen. Sagte ich nicht, dass ich noch eine zweite Forderung an Euch hätte? Ihr schuldet mir nicht nur eine Entschädigung für Eure jüngsten Untaten, sondern auch dafür, dass Ihr damals in Aquae durch Betrug und böse Zauberei meinen Schwertmeister unehrenhaft besiegt habt.«
»Ich habe ehrlich gewonnen!« Ardeija sah zu Theodulf hinüber, der aber anscheinend nicht über den nötigen Anstand verfügte, seine Worte jetzt, da es wirklich notwendig gewesen wäre, noch einmal zu bestätigen.
Asgrim verzog verächtlich die Lippen. »Für so feige, auch das noch zu leugnen, hätte ich Euch nicht gehalten. Jeder hat mitbekommen, dass die alte Steppenhexe, die Euch zur Welt gebracht hat, vorher viermal Euren Schwertgriff berührt und irgendeine Beschwörung dazu gemurmelt hat!«
Ardeija befürchtete, dass es nicht hilfreich gewesen wäre, zu erläutern, dass seine Mutter vor diesem Kampf den Schutz der guten Geister des Ostens, Nordens, Westens und Südens auf ihn herabgefleht hatte, wie man es bei den Barsakhanen sonst nur vor großen Schlachten tat. »Sie hat nur gebetet.«
»Erzählt mir doch nichts! Ohne ihre Hexerei hättet Ihr verloren. So aber habt Ihr Herrn Theodulf und damit mich vor einem König gedemütigt.«
Ardeija war zu erzürnt, sich noch länger zurückzuhalten. »Hütet Eure Zunge, Fürst! Ich habe diesen Kampf ehrlich gewonnen und könnte auch jeden anderen ehrlich gewinnen!«
»So?«
»Noch ein Wort und ich beweise es Euch hier und jetzt, mit bloßen Händen!«
Asgrim trat sicherheitshalber einen Schritt zurück, aber er lachte. »Versprecht mir lieber, es genau dann unter Beweis zu stellen, wenn ich Euch darum bitte. Wäre das nicht ein Handel, Ardeija? Euer Wort, mir diesen Beweis gegen den Mann, den ich Euch bezeichne, dann zu liefern, wenn ich es wünsche, im Austausch gegen … Nun, sagen wir, gegen eine angenehmere Unterkunft, bis wir alles Übrige
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