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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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Geschichte, die er mit der größten Sicherheit vortrug, keine Widersprüche auftaten, und dass er sich noch in die Falle locken lassen würde, war kaum anzunehmen.
    Er habe – so hatte er mit einem freundlichen Lächeln unter den Zotteln und Zöpfen seines Bartes hervor ausgeführt – nicht gewusst, dass die ehrwürdige Richterin des Königs hier eingetroffen sei. Leute in der Gegend, namentlich ein Kohlenbrenner und ein alter Einsiedler, der seinerzeit vom Kloster in Bocernae übrig geblieben sei, hätten ihm erzählt, dass sich in den Ruinen von Tricontium in letzter Zeit häufig eine Anzahl von Gesetzlosen träfe, und das sei nicht schön, zumal doch die Straße zum Brandhorst und nach Corvisium hinüber gelegentlich noch begangen sei und beim alten Wachturm ehrliche Menschen lebten. »Herr Honorius hat seinen Richtersitz dorthin verlegt, da er ein festes Dach über dem Kopf haben wollte. Den Markgrafenhof hier hat er brennend vorgefunden.«
    »Brennend? Warum ist davon nie etwas nach Aquae gedrungen?«
    Der Zauberer hatte fein gelächelt. »Nach Aquae wird schon etwas gedrungen sein, aber es ist gewiss nicht öffentlich gemacht worden. Ihr habt Herrn Adalhard gekannt, Frau Herrad. Wenn er hätte bekannt werden lassen, dass Otachars Gefolgsleute den alten Markgrafenhof niedergebrannt hatten, dann hätte er etwas unternehmen und vielleicht gar im Namen des Königs in den Krieg ziehen müssen. Also hat er lieber darüber geschwiegen und Honorius hat wohl der Mut gefehlt, selbst nach Aquae zu reiten und es dort laut herauszuschreien.«
    » Otachars Leute?«
    Malegis hatte die Schultern gehoben. »Nun ja … Die seiner ältesten Tochter. Wisst Ihr nicht, dass sie zwei Tagesreisen weit im Heidenland auf Gütern sitzt, die sie von ihrer Mutter ererbt hat? Es hat sich über die Jahre eine ganze Reihe von Kriegern ihres Vaters um sie geschart und sie hat andere Leute von sich aus zu sich gerufen. Was glaubt Ihr, warum alle Dörfer hier verwaist sind? Frau Ida weiß sehr gut, dass es niemandem etwas nützt, viel Land zu beherrschen, wenn er nicht zugleich über Menschen herrscht, und da sie der Krone nicht das Land selbst entreißen kann, hat sie ihr die Leute gestohlen … Doch gestohlen kann man kaum sagen, da viele Höfe hier einmal ihrem Vater gehört haben und die Menschen darauf in seinen Diensten standen.«
    »Ich lege keinen Wert darauf, mich über Otachar und sein Schicksal zu unterhalten, Herr Malegis, es sei denn, was Ihr darüber zu sagen habt, hat etwas mit Eurer Anwesenheit hier zu tun. Erklärt mir, was Ihr gestern und heute getan habt!«
    Dazu war der Zauberer nur zu gern bereit gewesen: Er habe auf dem Rückweg vom Brandhorst zwischen den Trümmern von Tricontium Feuerschein bemerkt und beschlossen, dem Gesindel einen Schrecken einzujagen. Nein, einen Stein habe er nicht auf die Richterin geworfen, die Sache könne er sich nicht erklären, vielleicht ein übler Scherz ihrer eigenen Leute? Wie auch immer, er habe bemerkt, dass Tricontium heute immer noch nicht verlassen gewesen sei, und sich berufen gefühlt, das Schlimmste zu verhindern, als er von ferne gesehen habe, dass jemand in die Gruft hinabgestiegen sei, denn dass dort unten Gold in den Gräbern läge, wisse doch jeder … Und, ja, er habe zur Selbsthilfe greifen müssen, sei doch allgemein bekannt, dass Honorius weder eine ausreichende Anzahl von Bewaffneten in seinem Gefolge habe, noch darauf erpicht sei, sich mit ganzen Banden von Räubern auseinanderzusetzen. Es täte ihm ausgesprochen leid, dass sein Geisterspuk nun die Falschen getroffen habe, doch böse Absicht sei das nicht gewesen.
    Der Zauberer mochte in dieser Erzählung Wahrheit und Lüge kühn miteinander vermengt haben, doch er hatte über seinen Besuch auf dem Brandhorst bereitwillig Auskunft gegeben und sich dabei, soweit Wulfila es hatte beurteilen können, nicht zu Ausschmückungen hinreißen lassen. Auch das, was er über Honorius und über die Entwicklungen in Tricontium nach Otachars Tod zu sagen gehabt hatte, klang glaubhaft.
    Das alles aber half Herrad wenig weiter, was den zweifachen Spuk betraf, und so war sie nun höchst verstimmt, als sie ihren kalt gewordenen Tee in kleinen Schlucken aus einer schlichten Tonschale trank. »Ich werde ihn gehen lassen müssen«, verkündete sie, den Blick quer über den leeren Hof auf Malegis gerichtet, der, von Adela und einem der Knechte bewacht, ruhig auf ihre Entscheidung wartete. »Dafür, dass er den Stein geworfen hat, habe

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