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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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es leicht Schaden anrichten konnte.
    »Gut«, gab er zurück. »Wenn Ihr mich nicht gehen lassen wollt, werdet Ihr selbst mitkommen. Das Tor wird man uns schon öffnen.«
    »Nehmt Vernunft an!« Herr Geta war schon während des Zweikampfs aufgesprungen und stand nun, seinen leeren Becher noch immer in der Hand, recht lächerlich und verstört da, verzweifelt bemüht, wie ein würdiger Vogt und nicht wie ein ängstlicher Mann, der lieber weit fort gewesen wäre, zu klingen. »Ihr könnt nicht einfach eine Geisel nehmen. Seht, ich verstehe Euren Zorn ob der Bestrafung Eures Vaters, doch …«
    »Das war keine Bestrafung, sondern ungerechte Rache«, schnitt Ardeija ihm das Wort ab und schob den unwilligen Asgrim einen Schritt vorwärts. »Und ich nehme keine Geiseln. Der Fürst ist nur vorerst festgenommen, bis ich ihn förmlich anklagen kann.«
    »Festgenommen?« Der arme Vogt brachte die wenigen Silben nur mit Mühe hervor.
    »Seid Ihr noch ganz bei Verstand?«, kam es dafür von einem der Krieger. »Das könnt Ihr nicht tun!«
    Selbst Theodulf, der sich nur langsam wieder aufgerichtet hatte, da niemand es gewagt oder für nötig befunden hatte, ihm auf die Beine zu helfen, schüttelte leicht den Kopf.
    Ardeija hätte ihm gern beruhigend zugelächelt, doch er besann sich gerade noch rechtzeitig darauf, dass er den Mann, der sein Vater sein wollte, eigentlich nicht leiden konnte. »Und ob ich das kann!«, verkündete er stattdessen in die Runde. »Es ist wahr, dass er hier die Rechtsprechung innehat und unantastbar ist, doch das gilt nicht, wenn er sich gegen den König erhebt und vergeht.«
    »Gegen den König?«, wiederholte Geta tonlos, und der Atem des bislang so beherrschten Fürsten ging rascher, sei es, dass er die Berechtigung des Vorwurfs anerkannte, sei es, dass er nur glaubte, es mit einem gefährlichen Verrückten zu tun zu haben.
    Mittlerweile waren nicht mehr allein die Krieger Zuschauer des seltsamen Spiels; vor beiden Türen drängten sich Bedienstete, und Asgrims Fürstin war hereingekommen, mit ihr ein hagerer Geistlicher und ein etwa zwölfjähriges Mädchen. Sehr zu seiner Beschämung wusste Ardeija noch gut genug, was er Theodulf darüber erzählt hatte, was man mit Eltern vor den Augen ihrer Kinder nicht anstellen dürfe; er selbst verhielt sich gerade nicht viel besser, und als mildernden Umstand konnte er höchstens anführen, dass Asgrim auch nicht anders gehandelt hatte.
    »Ja«, sagte er an Geta gewandt und sah doch nur die fassungslosen Augen des Kindes in seinem kostbaren pelzgesäumten Umhang, das er mit einer raschen Bewegung zur Fürstin auf dem Brandhorst hätte machen können, wenn er denn gewollt hätte. »Fürst Asgrim ist kleinlich und so werde ich ebenfalls kleinlich sein. Wenn er darauf beharrt, jeden, der bewaffnet auf seinem Land zu erscheinen wagt, gefangen nehmen zu dürfen, nur um ihn dann zu erpressen, dann habe ich einen ebenso guten Grund, ihn seinerseits zu verhaften. Wer einen Amtsträger des Königs in der rechtmäßigen Ausübung seiner Amtsgewalt behindert, der stellt sich dem König selbst in den Weg und soll entsprechend bestraft werden. So ist es Gesetz, das habe ich selbst gelesen.«
    Genau genommen war das auch der einzige Teil der Leges et constitutiones , den er je in schriftlicher Form gesehen hatte, und er hätte sich nicht die Mühe gemacht, den langen Satz in der Übersetzung auf dem Seitenrand von Frau Herrads Gesetzbuch Buchstaben für Buchstaben zusammenzusetzen, wenn die Richterin nicht selbst hinter ihm gewacht und mit Nachdruck darauf bestanden hätte. »Wenigstens dies hier müsst Ihr lesen und zitieren können«, hatte sie gesagt. »Das könnt Ihr brauchen, wenn Euch jemand dumm kommen will.«
    Je nach Veranlagung hatten die Spitzbuben von Aquae, die nicht befürchten mussten, dass sich die Aufmerksamkeit eines Königs je auf sie richten würde, stets über diese ernste Mahnung gelacht, die Schultern gezuckt oder spöttisch die Augenbrauen gehoben. Hier aber, bei diesen Leuten, für die der König kein fernes Bild aus Gold und Purpur war, das man nur alle paar Jahre einmal bewundern konnte, wenn ein Hoftag in Aquae abgehalten wurde, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut, dessen Macht und Ohnmacht man sehr genau einschätzen konnte, herrschte erst einmal Schweigen. Die Folgen, die die Beteiligung an Faroalds Aufstand für die Leute auf dem Brandhorst gehabt hatte, waren kaum überstanden und gewiss noch nicht vergessen.
    »Ihr redet irre!«, kam

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