Tricontium (German Edition)
es schließlich von der Fürstin. Hätten nicht ihre reich bestickten Gewänder, die zahllosen Ringe an ihren knochigen Händen und die langen, perlengeschmückten Ohrgehänge verraten, dass sie die Gebieterin auf der Burg war, hätte man sie beinahe übersehen können. Sie war eine kleine Frau, nicht einmal so groß wie ihre Tochter, und ihr spitzes Gesichtchen war so nichtssagend, dass Ardeija wusste, dass er es vergessen haben würde, sobald sie ihm den Rücken zudrehte. »Niemand hier würde sich dem König und seinen Amtsträgern entgegenstellen. Wir alle haben Gundulf gehuldigt, als man ihn krönte, wie es Sitte ist. Seht das ein!«
Es schwang zu viel Angst mit, als dass dies Letzte noch sehr nach der stolzen Forderung einer Dame von Rang hätte klingen können, doch ein Befehl wäre Ardeija weit lieber gewesen als eine besorgte Bitte.
Er wollte nicht einsehen müssen, dass es dieser Frau nicht um die Ehre des Hauses, der durch dies unwürdige Ende des Kampfes nicht gedient war, oder schlicht darum, die Oberhand zu behalten, ging, sondern um ihren Mann und sein Leben; doch unter all der Furcht war Zuneigung zu erahnen, als sie nun Asgrims Blick suchte. Ardeija hatte nicht geglaubt, dass irgendjemand auf der Welt Asgrim wahrhaftig liebhaben konnte, und hätte auf diese Erkenntnis gern verzichtet.
»Nein«, erwiderte er und schob den Gedanken, dass er sich vielleicht gerade wie ein schlechter Mensch verhielt, weit fort, »nein, das sehe ich nicht ein. Wollt Ihr, Asgrim, leugnen, vor zwei Jahren grob eine Gerichtssitzung in Aquae unterbrochen und einen Eurer Männer, über den dort befunden werden sollte, gewaltsam befreit zu haben? Leugnet Ihr, sodann den damaligen Vogt von Aquae mit drei guten Pferden bestochen zu haben, damit die Sache nicht weiter verfolgt würde, obwohl Ihr so weit gegangen wart, mit eigener Hand eine königliche Richterin zu schlagen? Leugnet Ihr, mich vor einigen Tagen gefangen genommen zu haben, obwohl ich in den Diensten eben dieser königlichen Richterin reiste? Ihr habt das Recht des Königs mehrfach gebrochen und den Frieden gestört.«
»Unbewiesene Vorwürfe!«, entgegnete Asgrim verächtlich und klang verdächtig erleichtert, als hätte er mit einer ganz anderen Beschuldigung gerechnet. »Ihr wisst wahrhaftig nicht mehr, was Ihr redet. Nun lasst mich los; ohne meine Zustimmung werdet Ihr diesen Raum nicht heil verlassen.«
Die Behauptung hätte angesichts der Tatsache, wer von ihnen beiden das Schwert in der Hand hielt, kaum vermessener sein können, und Ardeija war nahe daran, zu verzweifeln. Konnte der verdammte Fürst nicht endlich aufgeben? Er hatte einen Kampf verloren, und um sich noch mit Würde zurückzuziehen, hätte er seinen Gefangenen danach freigeben sollen. Vielleicht war Asgrims widernatürlicher Starrsinn auch die göttliche Strafe für die Torheit, die Ardeija begangen hatte, als er in der Annahme, durch freche Furchtlosigkeit etwas erreichen zu können, hier eingedrungen war.
Er hatte doch nie den Fürsten als Geisel nehmen wollen; er wollte nur seine Freiheit, ein Bad und ein weiches Bett, ungefähr in dieser Reihenfolge und so rasch wie möglich … Doch wenn er es genau bedachte, hätte es ihm auch schon gereicht, noch immer unentdeckt in Theodulfs Zimmer versteckt zu liegen und einen neugewonnenen Vater zu haben, den er ungestört verabscheuen konnte, der aber dafür zwei gesunde Hände hatte.
»Vielleicht habt Ihr doch recht«, sagte er zu Asgrim. »Ich werde Euch wohl umbringen müssen. Wenn ich ohnehin wieder zurück in Euren Kerker gesteckt werde, soll sich dieser Ausflug doch gelohnt haben, und da der Vogt von Aquae Calicis nicht bereit zu sein scheint, meine Klage gegen Euch anzuhören, bleibt mir nichts anderes übrig. Sagt also, was Ihr noch zu sagen habt, und dann betet.«
Vorhersehbarerweise sagte Asgrim kein einziges Wort; dafür geschah aber, worauf Ardeija gehofft hatte.
Herr Geta regte sich unbehaglich und begann, hastig zu sprechen: »Nein, wartet. Eure Klage scheint mir nicht berechtigt, doch mag auch Fürst Asgrim etwas falsch eingeschätzt haben, als er Euch gefangen nehmen ließ. Ich stelle Euch unter meinen Schutz, Euch und Euren Vater, und geleite Euch frei und sicher nach Aquae Calicis – sofern Ihr Euren Fehler einseht und Herrn Asgrim auf der Stelle loslasst.« Als Ardeija sich nicht rührte, setzte er rasch hinzu: »Habt keine Angst – ich schwöre, es zu halten, wie ich es versprochen habe.«
»Fügt Eurem Schwur hinzu,
Weitere Kostenlose Bücher