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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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lassen, dass es Schmuck oder Münzen enthielt, doch war es beileibe nicht groß genug für alles, was sich in einem Leben von über fünfzig Jahren hätte ansammeln können.
    Immerhin kam unter den Hemden am Boden der Kleidertruhe noch ein Dolch mit guter Klinge zum Vorschein, doch fehlten all die Kleinigkeiten, die hätten verraten können, dass dies Theodulfs Habe war und nicht die eines beliebigen Kriegers. Es gab keine bestickten Kissen, keinen Spiegel, keine heimlichen Branntweinvorräte, keine Spielsteine, Würfel oder Schachbretter, kein Musikinstrument, keine Jagdtrophäen oder im Krieg erbeutete Stücke, keine übrig gebliebene Handvoll Tonmurmeln aus Kindertagen, kein widerwillig aufbewahrtes hässliches Geschenk wohlmeinender Freunde, kein verstecktes Liebespfand und noch nicht einmal ein Heiligenbild oder Götterfigürchen oder sonst irgendetwas, das Rückschlüsse auf seinen Besitzer zugelassen hätte.
    Auch die vorhandene Kleidung war eher zweckmäßig als schön und wohl größtenteils auf dem Brandhorst selbst hergestellt. Der meergrüne Mantel, den Ardeija noch immer trug, war mit seiner silbernen Spange, die zwei Schwäne mit verschlungenen Hälsen zeigte, die einzige Eitelkeit. Zwar lag auch ein ordentlich gefaltetes Festgewand aus blauem Wollstoff in der Truhe, doch war es nicht mehr neu, und die Stickereien, die den Kragen einfassten, waren so zurückhaltend und einfallslos, dass Ardeija sich ohne weiteres zugetraut hätte, im Laufe einiger ruhiger Abende etwas viel Besseres zustandezubringen.
    Bis auf die Teeschalen, auf denen sich bunte Drachen entlangschlängelten, war auch alles Übrige schlicht und schmucklos. Ardeija hatte den vagen Verdacht, dass Theodulf sich in einem Haus, in dem es allerlei hübschen Tand und häufig auch Unordnung gab, nicht unbedingt wohlfühlen würde, doch das war ebenso wie die Frage, ob Asri und er sich vertragen würden, eine Sorge für später. Zunächst einmal war es nur wichtig, heil nach Aquae Calicis zu gelangen. Ardeija hoffte, dass sie würden aufatmen können, sobald sie aus der Burg hinaus waren; wenn Oshelm tatsächlich mit einigen Kriegern am Wald wartete und mitbekam, was vorging, würde er gewiss mit zu Herrn Getas Begleitern stoßen. Falls der Vogt versucht war, auf dem Weg nach Aquae sein Wort aus irgendeinem Grunde zu brechen, würde er es sich zweimal überlegen, wenn er es nicht nur mit einem Verwundeten und einem befreiten Gefangenen, sondern mit einer ganzen Anzahl von Herrads Gefolgsleuten zu tun hatte.
    Ardeija wusste nicht, ob Theodulf sich ähnliche Gedanken machte. Er saß, die unbrauchbaren Hände vorsichtig in den Schoß gelegt, auf der Bettkante und hatte sich bisher noch nicht einmal umgesehen, als ginge ihn das, was Ardeija tat, nichts an. Seit ihrer Rückkehr in das Zimmer, das nicht mehr wirklich das seine war, hatte er nicht viel gesagt, sondern hatte alles still und mit einer Beherrschung über sich ergehen lassen, von der Ardeija nicht wusste, ob er sie bewundernswert oder erschreckend finden sollte.
    Asgrims Medicus, den eine der Frauen aus dem Gefolge der Fürstin in einer Aufwallung von Mitgefühl geholt hatte, war betrunken gewesen. Er hatte nicht viel erreicht, und Ardeija hatte ihn schließlich hinausgeworfen. Da niemand sonst hatte helfen wollen oder auch nur bereit gewesen war, die Kräuterfrau, von der Theodulf gesprochen hatte, zu rufen, hatte Ardeija sich selbst an die Arbeit gemacht, mit gutem Willen, doch ohne viel Wissen. Die Trümmer, die Asgrim hinterlassen hatte, waren etwas anderes als der eine glatte Bruch, den er vor Jahren einmal geschient hatte. In Aquae würde ein Arzt, der etwas davon verstand, sich die Sache ansehen müssen, und wahrscheinlich würde er feststellen, dass Ardeija mehr Schaden angerichtet als geholfen hatte, doch irgendetwas hatte er tun müssen, und sei es nur, um seinem Vater zu zeigen, dass sich jemand um ihn kümmerte, wenn Theodulf darauf denn überhaupt Wert legte. Es wäre alles leichter gewesen, wenn er geflucht oder geweint hätte; eine Gefühlsäußerung welcher Art auch immer hätte es Ardeija erlaubt, beruhigende Worte zu finden oder die Hand auszustrecken. Wäre es Asri gewesen, die verletzt dort gesessen hätte, hätte er sie schon längst im Arm gehalten, und selbst wenn es sich um Valerian gehandelt hätte, der Zärtlichkeiten weder verlangt noch überreich verteilt hatte, hätte er wohl nicht anders gehandelt, doch mit Theodulf war er nicht vertraut genug, um ihm

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