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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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sie im Namen elterlicher Liebe begangen wurden, hätten ihn vielleicht retten können, doch dass er es wagte, vor so vielen Ohren eine Beschuldigung gegen seinen Fürsten auszusprechen, war ein Fehler.
    Asgrims Blick verhärtete sich. »Euren Sohn, wie? Dann sagt mir, was Euer sogenannter Sohn Euch versprochen hat, um Euch so plötzlich Eure Vaterliebe wiederfinden zu lassen, obwohl Ihr ihn doch selbst gefangen genommen habt! Geld? Oder nur einen Platz an seinem Feuer, damit Ihr im Alter nicht auf der Straße um Brot betteln müsst? Womit hat er Euren Verrat erkauft? Redet!«
    Theodulf wich nicht zurück. »Er hat mir nichts versprochen, und ich habe nichts verlangt.«
    Asgrim wirkte nicht, als ob er auch nur ein Wort glaubte.
    »Auf die Knie!«, befahl er unvermittelt, und die Geste, mit der er auf die bunt glasierten Fliesen des Bodens wies, hätte ebenso gut einem Hund gelten können.
    Es war nicht zu erkennen, ob Theodulf der Aufforderung absichtlich nicht nachkam, um seinem Herrn zu trotzen, oder ob ihn die Erkenntnis lähmte, dass seine Ehrlichkeit ihm keine halbwegs angemessene Strafe, sondern eine öffentliche Demütigung einbringen würde. Der Fürst seinerseits hatte wohl geahnt, dass sein Schwertmeister stehen bleiben würde, denn er beharrte nicht darauf, seinen Befehl befolgt zu sehen, sondern trat gerade weit genug zurück, um sein Schwert zu ziehen.
    Was dann kam, musste er ebenfalls in kalter Berechnung vorausgesehen haben, und es geschah zu schnell, als dass jemand hätte eingreifen oder auch nur eine Warnung rufen können. Theodulfs rechte Hand fuhr dorthin, wo sich ein Schwertgriff hätte befinden müssen, hätte er die Waffe am Gürtel getragen und nicht sorglos in seinem Zimmer zurückgelassen. Asgrim schlug zu, einmal, zweimal, mit der gleichen Kraft, die den tönernen Becher an der Wand hatte zerschellen lassen und nun, hinter den Stahl einer guten Klinge gelegt, absichtsvoll weit mehr zerstörte, genug, um Theodulf doch noch in die Knie zu zwingen, aschfahl vor Schmerz und Entsetzen und unfähig, sich zu wehren, als das Schwert noch einmal fiel, abermals mit der flachen Seite, doch wohlgezielt.
    Ardeija war losgelaufen, als der Fürst den Arm zum ersten Mal erhoben hatte, und hatte doch gewusst, dass er zu langsam sein würde, Asgrims Rache zu verhindern. Nur aus dem Augenwinkel sah er, dass einer der Krieger den günstigen Zeitpunkt nutzte, um zur Vordertür zu eilen und sie zu entriegeln, doch es war ihm beinahe gleichgültig.
    Der schlimmste Schaden war schon angerichtet und es war eine zweifelhafte Erleichterung, zu begreifen, dass Theodulf nicht der Tod drohte, sondern von nun an ein elendes Leben. Ein Schwertmeister mit zwei gebrochenen Handgelenken, die in seinem Alter kaum noch rasch und sauber heilen würden, konnte wahrhaftig nicht mehr als das Bettlerdasein, das Asgrim ihm so freundlich vorhergesagt hatte, von seiner Zukunft erwarten.
    Ardeija hätte alles gern ungeschehen gemacht; da er das nicht konnte, war die Versuchung groß, Asgrim das Schwert, Theodulfs Schwert, geradewegs in den Rücken zu stoßen. Dennoch rief er dem Fürsten zu, sich zu verteidigen, weniger aus Edelmut als in dem Wissen, dass es ihm selbst nicht gut bekommen wäre, einen Mann vor seinem versammelten Haushalt wie ein Stück Vieh abzustechen.
    Erst als die Schwerter hart aufeinanderprallten, wurde ihm bewusst, dass keiner der Krieger versucht hatte, ihn von seinem Angriff auf Asgrim abzuhalten. Es wäre wohl zu viel gewesen, zu hoffen, dass es sie heimlich empörte, wie ihr Herr seinem Schwertmeister, den sie wohl achteten, vielleicht gar schätzten, für ein halb entschuldbares Vergehen ohne Erbarmen die Hände zertrümmert hatte. Wahrscheinlich gafften sie nur, um zu sehen, wie es ausgehen würde, wenn ein entflohener Gefangener, der noch dazu verwundet und geschwächt war, sich in blindem Zorn auf den Fürsten warf.
    Nach der Schlacht von Bocernae war Ardeija überzeugt gewesen, es sei mit seinen einst hochgerühmten Fechtkünsten endgültig vorbei. Gut, er war noch zu gebrauchen gewesen, um nötigenfalls ein paar Wegelagerer in die Flucht zu schlagen, und genau das hatte er für reisende Kaufleute auf der Strecke zwischen Aquae und Padiacum auch getan, bis er in Herrads Dienste getreten war, doch mehr hatte er sich nicht länger zugetraut, nachdem seinen Bewegungen Anmut und Gleichmäßigkeit verloren gegangen waren. Er hatte seinen linken Fuß, dem er diesen Ärger zu verdanken hatte, damals nicht

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