Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
Stille behagte ihm nicht. Es hatte zu viele solcher Momente gegeben, bevor sie ihn verlassen hatte.
»Und? Was ist jetzt?«, fragte sie.
»Na gut«, willigte er ein. »Wollen wir gleich los?«
Karin lachte verächtlich. »Du glaubst doch nicht, dass ich jetzt zur Arbeit fahre? Weißt du eigentlich, wie spät es ist? Leonie müsste längst im Bett sein, und wir können sie nicht alleine lassen.«
»Aber Till ist doch hier.«
»Du willst die beiden sich selbst überlassen?« Sie strafte Sackowitz mit einem stechenden Blick. »Außerdem gibt es keinen Grund, warum ich jetzt ins Hotel fahren und an den Safe gehen sollte. Den Kollegen würde das auffallen, der Chef würde Fragen stellen, ein Verdacht würde entstehen. Das verstehst sicher selbst du?«
Er musste sich eingestehen, dass sie nicht ganz unrecht hatte. »Okay, aber morgen früh dann?«
Karin reagierte nicht.
»Papa!«, tönte Leonies Stimme durch die Diele. »Komm endlich!«
Sackowitz wandte sich zum Gehen, hielt dann inne und räusperte sich.
Karin nickte. »Du kannst auf der Couch schlafen. Wie immer.«
84
Ein Blick auf das Rezept, das er sich aus dem Internet heruntergeladen hatte, klärte Kalkbrenner darüber auf, welche Zutaten ihm für die Lasagne noch fehlten: eigentlich alle – bis auf die Milch. Beim Umsteigen kaufte er am Ostbahnhof Hackfleisch, Olivenöl, Zwiebeln, Knoblauchzehen, Rotwein, Tomaten, Käse, Mehl, Salz, Pfeffer, Muskatnuss und Lasagneplatten.
Der Einkauf machte ihm Freude, denn er war ein Zeichen dafür, dass er sich nicht nur die Küche, sondern auch sein neues Leben einrichtete.
Und Jessy gehört dazu!
Er packte noch zwei Flaschen Rotwein, Spätburgunder, in den Wagen, bezahlte und fuhr weiter nach Treptow, wo er beschwingt seine Wohnung enterte. Bernie kriegte sich vor Freude über das Wiedersehen kaum ein.
»Ist es dir mit Milena gut ergangen?«, fragte er den Vierbeiner.
Der Bernhardiner kläffte zustimmend. Obwohl er ausgewachsen so groß war wie ein Schäferhund, brachte er nur ein fiependes Bellen zustande. Trotzdem würde er, würde die Situation es erfordern, bestimmt jeden Einbrecher zu Fall bringen – vor Lachen. Kalkbrenner tätschelte ihm liebevoll die Flanke. »Du hast zugenommen, oder?«
Er inspizierte den Schrank mit dem Hundefutter und stellte zufrieden fest, dass die Hundesitterin sich während seiner Abwesenheit exakt an seine Vorgaben gehalten hatte.
Dann krempelte er seine Ärmel hoch, würfelte die Zwiebeln, zerkleinerte die Knoblauchzehen und briet das Hackfleisch in einer Pfanne an. Während er zufrieden vor sich hin arbeitete, fiel ihm ein, dass er keine Auflaufform besaß.
Himmel
,
das ist ja schlimmer als zu deiner Junggesellenzeit.
Notgedrungen schichtete er die Lasagne in die Pfanne und schob sie in den Backofen.
Du bist ja auch wieder Junggeselle
,
gemahnte ihn eine Stimme. Aber irgendwie fühlte es sich komisch an, nicht zu vergleichen mit den Empfindungen, die er mit achtzehn oder neunzehn verspürt hatte.
Alles andere als Sturm und Drang.
Die wenigen Möbel seiner Mutter hatten die Umzugshelfer kunterbunt über die Wohnung verteilt. Auch die Kisten standen noch herum. Er rückte die Sofas, Schränke und das Bett zurecht und packte die Kartons aus, bis er glaubte, die beiden Zimmer halbwegs geschmackvoll eingerichtet zu haben. Bei dem Anblick der alten Sachen fühlte er sich wie ein kleiner Junge, der vierzig Jahre zurück durch die Zeit gereist war und sich nun in der Wohnung seiner Eltern wiederfand. Einzig Jessys Bild, das er an der Wand über dem Sofa angebracht hatte, stellte die Verbindung zur Gegenwart her – und das Türklingeln, das ihn in dieser Sekunde aus seinen Gedanken riss.
Bernie tänzelte aufgeregt vor der Wohnungstür auf und ab und gab erst Ruhe, als Jessy in die Diele trat und ihrem Vater eine Topfpflanze in die Hand drückte. »Alles Gute zum Einzug.«
»Danke«, freute er sich. Dann schielte er auf das weiße Etikett in der Blumenerde und erfuhr, dass es sich bei der Blume mit den eckig-herzförmigen Blättern um eine Zimmerlinde handelte. Das erste Grün in seiner Wohnung. Er selbst hatte bisher keinen Gedanken an Pflanzen verschwendet.
Jessy hängte ihre Jacke an die Behelfsgarderobe: zwei Nägel, die er schnell noch in die Wand geschlagen hatte. »Wie praktisch«, schmunzelte sie.
»Wird alles noch.« Er hielt die Linde in den Händen, unschlüssig darüber, wo er sie abstellen sollte. »Magst du dir die Wohnung ansehen?«
»Ja, natürlich.« Staunend
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