Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
in dieser Angelegenheit recherchiert.
Und Bodkema weiß davon.
»Herr Schulze ist an einem Schlaganfall gestorben«, sagte der Chefredakteur betont ruhig. »Eine tragische Geschichte, keine Frage, aber was hat die Mordkommission mit der Sache zu tun?«
»Mit Herrn Schulze für den Augenblick wenig.«
»Aber mit dem Fall Fielmeister?«
»Auch der spielt für den Moment keine Rolle.«
»Herr Kalkbrenner«, meinte Bodkema. »So werden wir uns doch nur im Kreis drehen, und keiner hat etwas davon. Wollen wir nicht endlich offen miteinander reden?«
Nein.
»Okay«, antwortete Kalkbrenner. »Erzählen Sie mir also, was Sie über den Fall Schulze wissen.«
Dass Bodkema sich die Offenheit nicht so vorgestellt hatte, war ihm an seiner Miene abzulesen. Trotzdem antwortete er: »Herr Schulze ist vor anderthalb Monaten gestorben. Das kam überraschend für alle – nur knapp einen Monat nach dem Wahlsieg seiner Partei und seiner Berufung zum Staatssekretär, kurzum: nach dem Erreichen all seiner beruflichen Ziele. Aber die Todesursache war eindeutig: ein Schlaganfall. Überarbeitung und Stress sind ja bei Politikern nicht selten, aber das alles sollte Ihnen ja bekannt sein – oder zumindest Ihren Kollegen, die damals mit dem Fall betraut waren.«
»Und damit war das Thema für Sie in journalistischer Hinsicht abgeschlossen?«
»Ja. Es gab keinerlei offene Fragen mehr.«
»Aber Herr Sackowitz hatte Zweifel, richtig?«
»Nein, die hatte er«, Bodkema dehnte seine Worte, »eigentlich nicht.«
»Also: Für Sie war das Thema abgehakt, für Herrn Sackowitz aber nicht. Liege ich mit der Vermutung richtig?«, präzisierte Muth.
Bodkema drückte sich um eine direkte Antwort, aber sein Schweigen bestätigte ihre Schlussfolgerung.
»Wir wissen inzwischen, dass Herr Sackowitz gestern mit Ernst Radomski, Schulzes damaligem Sekretär, telefoniert hat. Etwa eine halbe Stunde später wurde Radomski ermordet.«
Der Chefredakteur riss die Augen auf. »Er wurde was?«
»Herr Sackowitz hat Ihnen nichts davon erzählt?«
»Ich sagte doch, wir haben gestern das letzte Mal gesprochen.«
»Und auch in den Tagen davor hat er nicht durchblicken lassen, dass er einer heißen Sache auf der Spur ist?«
»Ich wüsste nicht, was das für eine heiße Sache gewesen sein sollte.«
»Eine, die ihn jetzt vor der Polizei flüchten lässt.« Kalkbrenner verließ Bodkemas Büro und ging zu Sackowitz’ Schreibtisch. »Was hat er da gerade mitgenommen?«
»Sah nach einer CD aus«, sagte Muth.
»Was haben Sie vor?«, wollte Bodkema erregt wissen.
Kalkbrenner berührte die Computertastatur, der Bildschirmschoner verschwand, und ein Passwort wurde abgefragt. Der Kommissar blickte auffordernd zum Chefredakteur, der sich jedoch abwandte.
»Ihnen ist bestimmt klar, dass wir den Rechner von Herrn Sackowitz beschlagnahmen müssen?«, fragte Kalkbrenner rhetorisch.
»Auf keinen Fall! Das verstößt gegen die …«
»Oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich gleich dem Staatsanwalt die Angelegenheit schildere?« Kalkbrenner hielt Bodkema sein Handy vor die Nase. »Ich bin nämlich davon überzeugt, dass er die richterliche Anordnung zur Beschlagnahme des Computers erwirken wird, im schlimmsten Falle sogar eine Durchsuchung der gesamten Redaktion – und alles noch, bevor Sie Ihr Büro erreicht haben.«
»Dann machen Sie halt. Meinetwegen!«, stieß Bodkema wutschnaubend hervor.
Muth entfernte die Kabel vom Rechner und klemmte sich den Mac unter den Arm, dann verließen sie in eisiger Atmosphäre die Redaktion.
»Gib mir den Rechner«, sagte Kalkbrenner im Fahrstuhl.
»Warum?«
»Darum.«
»Weil ich eine Frau bin?«
»Weil er für dich zu schwer ist.«
Die junge Kollegin lachte und hielt den Mac weiterhin an sich gedrückt. »Ich bin wirklich nicht schwanger!«
Gemeinsam hasteten sie durch die Kälte zum Präsidium hinüber. Im Sitzungssaal schwitzten bereits die Kommissare Hertz und Milowski aus Grünau, drei weitere, Kalkbrenner unbekannte Personen hielten sich an ihrer Seite auf. Ihr Vorgesetzter und zwei zusätzliche Ermittler der Direktion 6, vermutete Kalkbrenner. Alle trugen betroffene Mienen zur Schau. Auch Thanner und seine dürre Kollegin Louise Beckmann, die am Tisch saßen, hatten offensichtlich sichtbar schlechte Laune, aber angesichts der Wendungen im Fall Fielmeister war ihnen das nicht zu verübeln.
Eigentümlicherweise hatte sich auch Berger zu der Runde gesellt. Im zerknitterten Anzug lehnte er an der Pinnwand und zwirbelte
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