Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
hatte nicht einmal Handschuhe in seinem Rucksack, die ihn vor der Kälte hätten schützen können. »Ja, das stimmt, die Leute hier sind so«, er überlegte, fand aber nicht das richtige Wort, »so komisch.«
»Soll ich ihnen«, er machte eine Kopfbewegung, »das etwa sagen?«
»Nein, natürlich nicht. Frag sie lieber, ob sie uns zum Bahnhof bringen können.«
»Ty moshesch nas provesti na woksal?«
Der Junge mit der Kappe winkte ihnen, ihm zu folgen. »Paschlij!«
Er führte sie in eine Seitenstraße nach links, und die anderen Jugendlichen schlossen sich ihnen schweigend an. Ihre Goldketten klimperten im Takt ihrer Schritte. Aus dem Handy plärrte ein weiterer Song des Skandal-Rappers.
Time for me to just take matters into my own hands.
Links ging eine weitere enge Straße ab.
Tabori hätte schwören können, dass der Bahnhof rechts von ihnen lag, in der anderen Richtung. »Wohin gehen wir?«
»Zum Bahnhof«, sagte Florim. »Wohin denn sonst?«
»Bist du sicher, dass er uns dorthin bringt?«
»Wenn du es nicht glaubst, dann frag ihn doch!«
»Aber ich kann doch kein Russisch.«
Schweigend marschierten sie eine mehrspurige Straße entlang, an deren beiden Seiten Leuchtreklamen mit seltsamen Schriftzeichen für Restaurants warben. An nichts davon konnte Tabori sich vom Nachmittag erinnern, aber vielleicht bildete er sich ja auch nur ein, dass sie in die falsche Richtung gingen. Schließlich kannte er sich in Berlin nicht aus. Wenn sie zurück zum Bahnhof wollten, mussten sie den Jungen vertrauen. Sie hatten keine andere Wahl.
»Wie heißt er?«, erkundigte sich Tabori.
»Kak tjebja sawut?«, gab Florim die Frage weiter.
»Miro. A was?«
»Meja sawut Florim, a eto Tabori.«
Sie kreuzten eine Allee, deren Fahrbahnen im Sommer wohl von bunten Blumenrabatten geteilt wurden. Jetzt besaßen die Pflanzen weder Blüten noch Blätter, und der Mutterboden war gefroren. Tabori bewunderte stumm die Klamotten, die Miro anhatte. Über seinem grünen Shirt trug er eine dicke Lederjacke mit Fellkragen. Sie sah neu und verdammt teuer aus. »Sind die schon lange in Berlin?«
»Weiß ich doch nicht«, sagte Florim.
»Dann frag sie halt!«
»Ky ushe dawno u Berlinje?«
»Da.«
»Kennen die Ryon, meinen Cousin?«
»Das willst du wissen?« Florim schnaufte. »Vy snajete Riona, jewo dwajurodnowo brata?«
»A schto s njim?«
»On toshe u Berlinje. Ky jewo vidjeli?«
»Moshet. A moshet ji njet.« Miro hielt an einer roten Fußgängerampel. »Ja jewo nje nomnju. Snajesch, gorod balschoji. Sdjes kowo-to vstretitj, byla by djeistvitelno udatscha.«
Florim übersetzte: »Miro sagt, dass er ihn vielleicht gesehen hat, vielleicht aber auch nicht. Er kann sich nicht erinnern. Die Stadt ist groß. Wäre auch wirklich ein Wunder, wenn man sich hier trifft.«
»Aber so ganz abwegig ist das nicht«, meinte Tabori. »Miro haben wir ja auch schon mal gesehen.«
»My tjebja toshe ushe vas vidjeli.« 10
»Da? A gdje?« 11
»Tagda wosle woksala, kak tolko schto my prijechali.« 12
Die Ampel wechselte auf Grün, aber Miro bewegte sich nicht.
»Vy tolko schto prijechali?«
»Da.«
»I vy waobstsche nje chatitje ujesshatj?«
»Njet.«
»Tagda schto she vy chatitje na woksalje?«
»Was ist los?«, fragte Tabori. »Warum gehen wir nicht weiter?«
»Miro hat die ganze Zeit gedacht, wir würden wegfahren wollen«, erläuterte Florim. »Ich habe ihm erzählt, dass wir gerade erst angekommen sind. Jetzt will er wissen, was wir beim Bahnhof wollen.« Zu Miro gewandt sagte er: »Nam nushni djengi u …«, die Jugendlichen begannen zu tuscheln, was Florim verunsicherte, »… tjonloje … mestetschko.«
Auch Tabori entging die Veränderung nicht, die sich in der Gruppe vollzog. »Was hast du gesagt?«
»Dass wir beim Bahnhof Geld verdienen wollen. Und eine warme Unterkunft suchen.«
»Und?«
Bevor Florim antworten konnte, ließ sich Miro vernehmen: »I eto vy chatitje sarabotatj na woksalje.«
»Da, tam«, sagte Florim.
Kumpelhaft legte ihm der junge Russe einen Arm um die Schultern. »Tagda, ja chatschu wam adnu tajny vydatj.«
»Ey, Tabori, er will uns verraten, wie wir Geld verdienen können.«
»Wirklich?« Er spitzte erwartungsvoll die Ohren.
Plötzlich schnürte Miros Arm Florim die Kehle zu. Florim rang nach Luft und bemühte sich vergeblich, aus dem Würgegriff zu entkommen. Miro boxte ihm in den Magen. »Eto naschi tipy.« Dann stieß er Florim zu Boden. Die Jugendlichen scharten sich grinsend um ihn. »Vy k
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