Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
Gott keine Schönheit.
Sackowitz spürte, dass er sie für sich gewinnen konnte. Er stand kurz vor seinem angepeilten Ziel. »Und woran ist Herr Schulze gestorben?«
Magda stutzte. Ihre Augen verengten sich fragend: »Woher wissen Sie, wie mein Chef hieß?«
12
»Sie haben sich seinen Ausweis nicht zeigen lassen?«
Kalkbrenners Frage versickerte ohne eine Antwort in der Stille des kleinen Aufenthaltsraumes. Der Geräuschpegel aus der Lobby war hier nur gedämpft zu vernehmen. Anders als den öffentlichen Bereich des
Adler
hatte man das Zimmer betont schmucklos eingerichtet: blasse Raufaser, klein gepunktetes Linoleum, dazu ein Metalltisch, drei Holzstühle und ein kleines Radio.
Der junge Mann am Tisch zupfte nervös an der fleckenlosen Uniform, die ihm am dürren Leib schlotterte. Er schwieg noch immer.
»Mensch, Herr Wuttke!« Dem Direktionsmanager Jakobs platzte der Kragen seines faltenfreien Hemdes. »Jetzt antworten Sie doch!«
Wuttke arbeitete seit drei Jahren an der Rezeption des
Adler
, meist übernahm er die Spätschicht
.
Obwohl er ausgebildeter Hotelfachmann war, hatte ihn keine Schulung auf den Anblick einer blutigen Leiche vorbereitet. Vor wenigen Minuten hatte er den Toten als jenen Peter Friedrichs identifiziert, dem er den Schlüssel zu Zimmer 245 ausgehändigt hatte, jetzt hing Wuttke bleich und schweigend auf seinem Stuhl und reagierte immerhin durch ein Nicken.
»Er wollte anonym bleiben«, brachte er dann heraus.
»Sie haben also vermutet, dass der angegebene Name falsch war?«, hakte Kalkbrenner nach.
Noch ein Kopfnicken.
»Und das war Ihnen egal?«
Sein Kopf sank auf die Brust. Stille.
»Wie viel hat er Ihnen dafür gezahlt?«
»500 Euro.« Wuttke mied den erbosten Blick seines Vorgesetzten.
»Aber Ihnen war doch klar, dass Sie damit gegen die Vorschriften Ihres Arbeitgebers verstoßen, oder etwa nicht?«
»Schon.«
»Und warum haben Sie’s dann gemacht?«
»Ich bin geschieden, habe einen Sohn, und«, Wuttke stockte, »Friedrichs … also, ich meine, der Mann wollte nur ein bisschen ungestört sein.«
»Und das für 500 Euro? Das ist doch nicht Ihr Ernst?«
»Aber der Mann war in Ordnung.«
»Sie kannten ihn?«, horchte Kalkbrenner auf.
»Nein, ich habe ihn zum ersten Mal eingecheckt.«
»Dann ist er Ihnen schon früher bei einem Ihrer Kollegen aufgefallen?«
»Warum fragen Sie nicht die anderen, ob sie den Mann kennen?«
»Ich kann Sie beruhigen: Mein Kollege ist gerade dabei, genau das zu tun.«
Wie aufs Stichwort trat Berger ins Zimmer. Aus der benachbarten Küche folgte ihm der Duft von gebratenem Fleisch, der Kalkbrenners Magen in Aufruhr versetzte. Noch immer hatte er nichts gegessen. Berger deutete ein Kopfschütteln an.
»Herr Wuttke«, nahm Kalkbrenner erneut den Faden auf. »Wenn Sie den Mann vorher noch nie gesehen haben, woher wollen Sie dann so genau gewusst haben, dass er in Ordnung war?«
»Er war korrekt. Vornehm. Drückte sich gewählt aus.«
»Und deshalb dachten Sie: ›Okay, ich drücke ein Auge zu und gönne ihm ein Schäferstündchen‹?«
»Nun ja, solche Gäste haben wir öfter.«
»Sie geben also zu, dass Sie nicht zum ersten Mal gegen die …«
»Jetzt reißen Sie sich mal am Riemen!« Der Kopf des Direktionsmanagers färbte sich tomatenrot. »Wir sind doch kein …«
»Das weiß ich, Herr Jakobs, aber die Sache …«
»… wird sich nicht wiederholen, so viel ist sicher. Das wird Konsequenzen für Sie haben!«
Als hätte jemand einen Stöpsel gezogen, sackte Wuttke in sich zusammen. »Ich wollte damit doch nur sagen:
Solche
Gäste, die haben wir häufiger.« Nach einem kurzen Moment des Schweigens sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus: »Sie wissen schon, Männer und Frauen, die sich … Also, was ich meine: Das sieht man den Paaren an, dass sie …«
»… gleich aufs Zimmer verschwinden, um ihre Ehepartner zu betrügen?« Kalkbrenner hatte den Satz beendet.
Wuttke wischte sich mit einem Stofftaschentuch die verschwitzte, bleiche Stirn ab. »Ja, genau. Also, wenn man länger im Hotelbetrieb arbeitet, dann sieht man es den Leuten tatsächlich irgendwann an. Vor allem den Männern. Die sind dann, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, eben irgendwie anders.«
»Aber heute war es das erste Mal, dass ein Mann darum gebeten hat, anonym zu bleiben?«
»Ja.«
»Ist Ihnen an dem Mann etwas aufgefallen?«
»Nein, das sagte ich doch schon.«
»Nein, das sagten Sie nicht. Sie sagten, er sei Ihnen korrekt und vornehm
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