Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
Hälfte im kühlen Vorraum stand.
»Können wir jetzt endlich beginnen?«, fragte Dr. Salm genervt, und sein Tonfall ließ ahnen, dass er nicht gewillt war, noch weitere Verzögerungen hinzunehmen. »Wittpfuhl, fangen Sie an!«
Betont langsam klappte der Gerichtsmediziner einen Ordner auf und überflog den Inhalt, der aus mehreren Dutzend eng betippter Blätter bestand. »Das Opfer wurde am Dienstagabend um etwa zehn nach acht Uhr abends erschossen, plus/minus eine Viertelstunde und …«
»Herr Fielmeister kannte seinen Mörder vermutlich«, fügte Dr. Bodde hinzu. Das Auftreten der Leiterin der Spurensicherung war gewohnt sachlich und routiniert. »Wir konnten keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens entdecken. Dann allerdings kam es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen den beiden Personen, in deren Folge Herrn Fielmeister zwei Fausthiebe ins Gesicht trafen. Anschließend streckte ihn eine Kugel in den Brustkorb nieder.«
»Insgesamt haben Herrn Fielmeister drei Kugeln getroffen«, ergänzte wieder Dr. Wittpfuhl, während er Sahne mit etwas Kuchen auf seinen Teller schöpfte und begann, den süßen Matsch genüsslich – und zum Leidwesen des Dezernatsleiters auch ohne Hast – zu verzehren. Nachdem er sich etwa die Hälfte des Karottenbreis löffelnd einverleibt hatte, fuhr er fort: »Wie die Kollegin bereits erwähnte, erwischte die erste Kugel Herrn Fielmeister in der Brust und beschädigte seine Lunge. Das zweite Geschoss traf ihn in der Magengegend. Es streifte die Leber, war aber nicht lebensgefährlich. Die letzte Kugel erwischte ihn am Hals und zerfetzte die Luftröhre, wodurch Fielmeister erstickte. Und bevor Sie fragen: Ja, der Täter hat eine Waffe mit Schalldämpfer benutzt.«
Rita präsentierte das Bild einer Pistole. »Die Tatwaffe war nach Aussage der Ballistiker eine Selbstladepistole der Marke Walter PP, Kaliber 6,35 Millimeter. Viele Jahre wurde sie als Polizeidienstwaffe genutzt, bevor sie 1972 ausgemustert wurde, aber bei Sportschützen ist sie noch heute beliebt. Kein seltenes Modell also, allein in Berlin werden davon etliche im Jahr geklaut.«
»Schön«, sagte Dr. Salm.
Kalkbrenner wusste zwar nicht, was an dieser Information schön sein sollte, aber er enthielt sich eines Kommentars.
»Auch wenn die Schlägerei es vermuten lässt, dürfte es sich bei dem Mord um mehr als nur eine Tat im Affekt handeln.« Der Dezernatsleiter nieste. »Schließlich tragen die wenigsten Leute eine Pistole einfach so bei sich, wenn sie sich im Hotel verabreden.«
»Demnach spielte der Mörder also schon im Vorhinein zumindest mit dem Gedanken, Herrn Fielmeister umzubringen«, konkretisierte Berger. »Oder er kam tatsächlich mit der konkreten Absicht zu dem Treffen, ihn zu töten.«
»Dann hätten wir es mit vorsätzlichem Mord zu tun«, brachte es Kalkbrenner auf den Punkt und goss sich Mineralwasser in ein Glas. Es war furchtbar warm in dem Zimmer, und der Schweiß rann ihm von den Achseln an den Armen hinunter.
»Wissen wir inzwischen, warum Fielmeister das Hotelzimmer gebucht hatte?« Dr. Salm zupfte ein Taschentuch aus seiner Hose und schnäuzte sich wie ein Walross. »Ich meine, ging es um eine Affäre? Wollte er sie vielleicht beenden? Drehte der eifersüchtige Partner vielleicht durch, als er davon erfuhr?«
Ein Verbrechen aus der Nähe geschieht immer aus Leidenschaft.
Da war es mal wieder, eines von Kalkbrenners weisen kleinen Helferlein – und eine ungute Erinnerung überkam ihn.
Berger schien den gleichen Gedanken zu haben. Er warf Kalkbrenner einen stechenden Blick zu, dem dieser auswich.
Der Kollege raschelte mit den Unterlagen, die er ohne erkennbares Prinzip vor sich ausbreitete. Schweißtropfen von der Stirn verfingen sich in seinen Augenbrauen. »Ich habe Herrn Fielmeisters persönliches Umfeld durchleuchten lassen.« Berger kämpfte sich durch die Akten und hielt einige Bilder hoch, auf die er wie zufällig stieß. Die Fotos entstammten augenscheinlich dem Fielmeister’schen Familienalbum: zwei kleine Töchter, eine rundlich und hübsch, die andere schlank und adrett. »Die armen Kinder. Sind jetzt ohne Vater. Das wünscht man wirklich …«
»Herr Berger!«, mahnte der Chef.
»Entschuldigen Sie.« Hilflos blätterte sich Berger durch die Ordner. Es war jedes Mal der gleiche enervierende Anblick. »Die Fielmeisters haben vor … Moment noch!« Er rieb sich den verschwitzten Bart, wischte sich über Augen und Stirn. Dann endlich hellte sich seine Miene
Weitere Kostenlose Bücher