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Trieb

Trieb

Titel: Trieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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und wendete er unaufhörlich einen Notizblock, als würde ihn ein dringliches Problem beschäftigen.
    Deep Purple leierten kurz, bevor sie mit einem Knirschen verstummten. Die Kassettenseite war zu Ende. Von draußen drang ein erstaunlich entferntes und gleichmäßiges Rauschen herein, obwohl die S-Bahn und die Ausfallstraße in Richtung Schönefeld doch nur eine Querstraße entfernt lagen.
    »Wohin müssen wir?«, fragte Kalkbrenner.
    »Brandenburger Tor.« Berger überblätterte einige leere Seiten seines Blocks, bis er auf zwei, drei handschriftliche Einträge stieß. »Hotel
Adler

    »Ins
Adler
? Was ist passiert?«
    »Ein Mord.«
    »Nein, wirklich?« Kalkbrenner tat über die Maßen erstaunt.
    Berger schnaubte vergrätzt.
    »Und was weißt du noch?«
    Schmollend packte der Kollege seinen Notizblock weg. »Nicht mehr als du.«
    »Dann sollten wir uns schleunigst auf den Weg machen.«
    »Genau deshalb bin ich hier.«
    »Schön.« Kalkbrenner schnappte sich seinen Mantel. »Können wir unterwegs noch etwas essen?«

7
    Vor seinem geistigen Auge sah Sackowitz schon, wie die blau lackierten, mit feinem Goldstaub verzierten Fingernägel ihm das Gesicht zerkratzten. Hastig verbesserte er sich: »Ich meine, äh, meine Exfrau.«
    »Exfrau? Ha!« Renate durchbohrte ihn mit giftigen Blicken, ließ aber immerhin sein Gesicht unbeschadet.
    Sackowitz wollte noch etwas hinzufügen, doch sie hatte schon auf dem Absatz kehrtgemacht und stöckelte eingeschnappt durchs
Café Verdun
davon. Renate war die längste Zeit seine Freundin gewesen.
    »Karin?«, nahm er den Anruf entgegen.
    »Harald? Bist du das?«
    »Wer sollte denn sonst dran sein? Du hast meine Nummer gewählt.«
    »Ach, lass das. Es ist furchtbar laut bei dir. Wo steckst du?«
    »Ich arbeite.«
    »Klingt eher nach einem Kneipenabend.«
    »Ich arbeite!«, versicherte er ihr mit Nachdruck.
    »Harald!« Vorsichtig wog Karin ihre Worte ab. »Du hast doch nicht wieder …?«
    »Mach dir keine Sorgen. Ich bin seit knapp zwei Jahren trocken, das weißt du. Ich trinke nichts mehr. Außer Cola light.«
    »Ist ja gut. Letztendlich bist du ja auch alt genug.«
    Er steckte dem Barkeeper einen 20-Euro-Schein zu. Als der das Wechselgeld herausgeben wollte, winkte Sackowitz generös ab. »Warum rufst du an?«
    »Wir haben schon den Zehnten, und das Geld ist immer noch nicht auf meinem Konto.«
    »Ich werde es morgen überweisen.«
    »Du weißt doch, dass die Schule begonnen hat. Und Leonie und Till brauchen neue Winterschuhe. Außerdem reitet Till ein Turnier. Das kostet auch wieder Geld, das ich …«
    »Ich sagte doch gerade, dass ich dir das Geld morgen überweise.«
    »Das hast du an Neujahr auch schon behauptet.«
    »Aber diesmal mache ich’s. Wirklich.«
    »Harald, ich verspüre wirklich wenig Lust, die ganze Sache wieder über einen Anwalt zu regeln, aber …«
    »Dann lass es bleiben. Schließlich musst du nicht alles machen, was dein Bruder dir rät.«
    »Aber Wolfgang hat damit gar nichts zu tun.«
    Im Telefonieren nahm Sackowitz seine Jacke an der Garderobe entgegen und trat auf die Bismarckstraße hinaus. Er erschauderte bei der Kälte, die ihm entgegenschlug, aber er war froh, dem Ball Paradox entkommen zu sein. »Karin, glaubst du, ich mache das mit Absicht?«
    »Ich hoffe nicht.«
    Es waren nur drei Worte, dennoch trafen sie ihn schwer. Es war genauso ein Gefühl wie damals, als Karin vor fünf Jahren die Koffer gepackt und ihn verlassen hatte – mit den Kindern. Sein Sohn Till war heute fünfzehn und ritt erfolgreich Dressurturniere. Er war Sackowitz’ ganzer Stolz. Leonie war sieben, der Nachkömmling, das Küken, wie er sie nannte, sein Ein und Alles.
    Auf eine Weise, die Sackowitz manchmal selbst nicht verstand, mochte er auch Karin immer noch, Differenzen und Streitigkeiten hin oder her. Schließlich war nicht er gegangen, sondern sie hatte das Weite gesucht. Sackowitz hegte keine Zweifel daran, dass es ihr Bruder gewesen war, der sie damals zu diesem radikalen Schritt überredet hatte. Wolfgang hatte zu allem etwas zu sagen, wusste für jedes Problem die Lösung. Und weil er selbst schon dreimal verheiratet gewesen war, wähnte er sich zudem noch einen unfehlbaren Experten in Beziehungsfragen. Allerdings war er nicht nur schon dreimal verheiratet, sondern auch dreimal geschieden. Daraus zog er leider keine Schlüsse.
    Okay, vielleicht tat Sackowitz Karins Bruder in diesem einen Punkt sogar Unrecht. Natürlich hatte es gute Gründe gegeben, weshalb Karin

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