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Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!

Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!

Titel: Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Altmann
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magisches Wort. Und selbstverständlich bleiben die Zumutungen und Wirrungen auch im Leben eines Beharrlichen bestehen. Aber er wird anders mit ihnen umgehen. Cooler, distanzierter, souveräner, weniger Energie verschleudernd. Ich bemerkte es bei Leuten, deren Geduldsfaden lang genug war. Und bemerke es bei mir, an den (wenigen) Tagen, an denen die Meditation gelang und die Welt und ich anders miteinander umgingen. Ich beneide Frauen und Männer, die so ein virtuelles Passepartout besitzen, das auf elegante, nicht neurotische Weise ihr Leben regelt.
    Sehe ich heute die Vorschau eines Bruce-Willis-Films, würde ich gern kotzen. Mitten auf die Leinwand. So ein Typ kann hundert Jahre werden und noch immer nicht begreifen, dass seine Gewaltarien in die Analphase eines Vierjährigen gehören. Wie wahr, ich spüre selbst Gewalt in mir. Aber ich will anders mit ihr umgehen, sie kreativer umsetzen, als mit der Knarre in der Hand die Welt leerschießen.
    Ich habe nicht mitbekommen, natürlich nicht, in welcher Sekunde ich an Willis und seine Blutlachen zu denken anfing, die Nasenspitze und den Atem vergaß, und in welcher Sekunde ich wieder »zu mir kam«, weil ich mein Herz schneller schlagen spürte. Meditation ist grausam, sie konfrontiert mit jedem einzelnen Abgrund. Vorzugsweise dem eigenen. Weil Zeit ist, Stille, weil nichts ablenkt, kein Buch, keine Nachrichten, kein Liebesspiel. Man ist sich skrupellos ausgeliefert. Gerade zu Beginn, wenn die täglichen zehn Stunden wie der Boxkampf mit einem Schwergewichts-Weltmeister anmuten. Aussichtslos. Man hat den Bademantel noch nicht ausgezogen und schon fliegt der erste Kinnhaken.
    Und wie von selbst folgen die Augenblicke abstruser Lächerlichkeit, in denen ich mich frage, ob ich so weit reisen musste, um mir den Heiligenschein »spirituell« aufzustecken. Ob ich hier den Sucher vorführe, der sich einbildet, in seinem Alter noch etwas zu finden. So eine Ergriffenheits-Maskerade ausprobiere, die nichts als einen Jojo-Effekt produziert. Wer kennt nicht jene Zeitgenossen, die über den Jakobsweg nach Compostela latschten und hinterher – schwer mitgenommen von ihren Räuschen als wundersam erschütterte Pilger – der Welt verkündeten, »dass ihr Leben ganz anders wurde«. Zwei Wochen anders, sicher, dann ist der Wallfahrer-Lack wieder ab, dann kommt wieder der alte Affe Mensch zum Vorschein.
    Deshalb ist Vipassana ein Minderheiten-Programm. Denn hier walten keine heiligen Schutzpatrone, die irgendjemanden beschützen. Hier muss einer lernen, für sich selbst zu sorgen. Das hat mit Würde zu tun, mit dem weniger dramatischen Wort »Eigensinn«, mit der Sehnsucht, kein Schaf zu werden, das blökend anderen Schafen hinterher trottet. (Es gab vor Jahren die Zeitungsmeldung über ein griechisches Schaf, das in eine Felsspalte sprang. Und tot liegen blieb. Und alle anderen Schafe der Herde sprangen hinterher. Sinnbildlicher geht es nicht.) Vipassana ist aufsässig, es ist in seinem Anspruch an den einzelnen nicht zu toppen. Es ist uralt und ultramodern.
    Ich habe ebenfalls meine Illusionen mitgebracht. Ich knechte mich die zehn Tage, weil ich denke, dass mir die Exerzitien auch als Schreiber gut tun werden. Vielleicht komme ich näher an mein Unbewusstes. Durch die Stille, die radikale Konzentration. Vielleicht habe ich hinterher Zugang zu Quellen, die bisher nicht sprudelten. Wie jeder Mensch bin ich von der Furcht getrieben, dass ich nur einen Teil, schlimmer, nur einen Bruchteil meiner Gaben ausbeute. Das Sitzen soll mich schärfen, meine Augen, die Ohren, das Talent, genau hinzuschauen. Und das Talent, das Gesehene in Sprache zu übersetzen.
    Ich Kindskopf. Ich sollte mich disziplinieren und meditieren. Statt meine Wunschliste durchzugehen, die ich dem Weihnachtsmann Vipassana mitgebracht habe. Das bringt mich zum Lachen, laut in der Dhamma Hall . Das entspannt, und ich vergebe mir. Und beginne wieder bei eins, zwinge mich wieder zurück auf das Seil. Wieder vergeblich, denn ein Sperrfeuer zieht gerade durch meinen Schädel. Von der Dhamma Hall blitze ich nach Paris, eine nächste Erinnerung jagt mich in ein Café. Und ich sitze zwei Tische von einem »Liebespaar« entfernt. Sie schmusen. Plötzlich klingelt ein Handy und sie holt es aus ihrer Tasche, stoppt das Schmusen und redet. Das Männchen neben ihr nimmt das klaglos hin. (Ich würde die Frau im Weinglas ertränken.) Was für jämmerliche Küsser müssen wir sein, dass Frauen jede Ablenkung genügt, um die Intimität zu

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