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Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!

Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn!

Titel: Triffst du Buddha, töte ihn! - Altmann, A: Triffst du Buddha, töte ihn! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Altmann
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reflexartig dem Provokateur die Kinnlade zermalmt. Eben ein Mann geworden ist, der begriffen hat, dass jeder Gegenschlag die Spirale der Vergeltung nur noch in elendere Höhen treibt. Somit einen Grundpfeiler des Buddhismus verstand: DU musst dich ändern, du bist verantwortlich. »The only way out is within«, schrieb einer. So wahr, so poetisch.
    Die Briefe protokollieren natürlich auch die Zeiten der Not der Dhamma-Brüder , die Stunden, in denen kein Buddha und kein konzentriertes Atmen und kein Versprechen sich als ausreichend resistenter Damm erweisen, um nicht von einer Sintflut schwarzen Kummers hinweggeschwemmt zu werden. Wie bei Grady B., der bereits über zwanzig Jahre einsitzt, die ersten acht als Kandidat für den Elektrischen Stuhl, dann nochmals vor Gericht musste, dann ewig lebenslänglich bekam und eines Abends via TV-Nachrichten erfuhr, dass seine Tochter ermordet wurde. Freundlicherweise hat der Sender nicht auf die unsäglichsten Details des Verbrechens verzichtet. Was geht da vor? In einem Vater, einem Mann, einem Zuchthäusler? Und was, wenn er erfährt, dass der Verlust eines Kindes an der Donaldson-Hausordnung nichts ändert, sprich, keinen Kontakt zur Familie erlaubt? Was kann ein Mensch tragen, ohne zugrunde zu gehen? An Qual, die er verursacht hat, und die andere ihm verursachen? Grady ist nicht verschwunden, hat sich nicht am Eisenrohr seines Hochbetts erhängt. Er meditiert weiter, sagt, dass die anderen Dhamma-Brüder ihn mit Nähe und Zuspruch versorgen.
    Noch ein Wandel fällt auf. Die harten Jungs werden wieder sentimental, wenn ein Sonnenstrahl ihr Gesicht streift, wenn ein Hase über den Gefängnishof hoppelt, wenn einer am späten Nachmittag nach oben blickt und, nach Jahren, die verschiedenen Farben bemerkt, mit denen der Himmel und seine Wolken über ihn hinwegziehen.
    Um neun Uhr eine kurze Pause. Wir schlendern still durch den sonnigen Garten. Man kann den Vögeln zuhören und die drei Gärtner beobachten, die gelassen das Unkraut jäten. Unglaublich ihre dünnen Waden. Und das nach so vielen Jahren körperlicher Arbeit. Rätselhaft, wie solche Beine einen Männerkörper durch ein ganzes Leben tragen.
    Als ich mich wieder in die Dhamma Hall setze, stelle ich fest, dass ich den Schlüssel zu meiner Zelle nicht bei mir habe. Ich stehe auf und hetze zurück, nichts, ich suche den Weg ab, nichts. Bis ich kapiere, dass ich ihn nicht in die dafür vorgesehene Tasche gesteckt habe. Das ist ein schlagendes Beispiel für die drängende Notwendigkeit von Vipassana. Ich sitze wieder und lasse die Situation Revue passieren. Die Zeit und die Energie, die ich gerade verschleudert habe. Weil ich eine Sekunde »abwesend« war, den Schlüssel irgendwo verstaute und gleichzeitig an etwas anderes dachte. Reichen fünf Monate meines Lebens, die ich insgesamt damit verbrachte, nach Gegenständen zu suchen, die ich gerade irgendwo unachtsam deponiert hatte? Und muss ich nochmals drei Monate abschreiben, die ich bei Freunden und Freundinnen aufrecht, auf Knien oder bäuchlings investierte, um bei der Suche nach Brillen, Hausschlüsseln, Handys und Make -up-Spiegeln behilflich zu sein?
    Ich besitze eine lange To-do-Liste für den Fall, dass ich doch noch als Diktator eingreifen darf. Heute würde ich die Lektüre von Paulo Coelho als Vergehen gegen das menschliche Hirn deklarieren (sorry, er fiel mir heute Morgen ein) und in jedem Kindergarten eine Stunde Meditation als Pflichtfach einführen. Trillionen von Stunden kostbarer Lebenszeit und ganze Urwälder – siehe den brasilianischen Eso-Salbader – könnten damit gerettet werden.
    Jeder Leser, der bis zu dieser Stelle hier im Buch gekommen ist, darf von Glück reden. Denn er hat alle seine geistigen Abwesenheiten im Laufe seines Lebens heil überstanden. Hier ein Fehlgriff ohne Wiederkehr, hier eine Szene, die ich vor Jahren in Bangkok beobachtete. Ich weiß nicht, ob eine Woche vergeht, in der ich nicht an sie denke.
    Ich will die Ratchadamri Road überqueren, warte auf einen günstigen Augenblick. Ich schaue auf den Verkehr, und rein zufällig geraten ein Motorradfahrer mit Kind auf dem Rücksitz, vielleicht Vater und Tochter, in meinen Blickwinkel. Sie kommen von links auf der anderen Straßenseite näher. Beide ohne Helm. Möglicherweise fallen sie mir auf, weil sie lachend miteinander reden, sehr fröhlich scheinen. Sie sind es noch drei, vier Sekunden. So lange dauert es, bis der Mann sich wieder nach hinten zu dem Kind dreht, die Maschine

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