Trigger - Dorn, W: Trigger
zuvor per Handy zum Sicherungskasten gelotst hatte. »Wahrscheinlich findet man irgendwo noch’nen Stempel mit dem Reichsadler auf einer der Schaltungen. Wundern würd’s mich nicht. Die sparen an der falschen Stelle, wissen Sie. Diesen Schrott zu warten kostet auf die Dauer mehr als eine neue Schließanlage.«
Mark nickte verständnisvoll. »Sehen Sie es so: Solange wir uns aufgrund der Sparmaßnahmen keine neue Schließanlage leisten können, ist Ihr Job hier sicher.«
»Hm«, machte der Techniker, ohne von seiner Arbeit aufzusehen. »Da haben Sie auch wieder Recht.«
Ellen musste schmunzeln. »Guten Morgen, die Herren. Gibt es Probleme?«
»Nur der übliche Fehlalarm«, erwiderte Mark. »Du bist ziemlich blass. Geht es dir gut?«
»Nichts, was eine Kanne starker Kaffee nicht wieder geradebiegen könnte. Schön, dass du da bist.«
Er hob eine Braue. »Wir sind verabredet, schon vergessen?«
»Natürlich nicht.«
Die Art, wie er sie musterte, gefiel Ellen nicht. »Was ist? Warum siehst du mich so an?«
»Nicht hier«, lautete die knappe Antwort.
»Sagen Sie mal«, unterbrach sie der Techniker, »wäre es möglich, dass Sie diesen … diesen Typen da drin von der Tür wegscheuchen? Der macht mich nervös.«
Erst jetzt fiel Ellen der Patient auf – Rüdiger Maler, ein etwa Zwanzigjähriger mit kahlgeschorenem Kopf und dicken Brillengläsern. Er drückte sich nur wenige Zentimeter von dem Techniker entfernt an der Glastür die Nase platt und leckte dabei über die Scheibe, wobei seine Zunge wie ein dicker Blutegel aussah.
»Mach ich. Wenn Sie uns dafür hineinlassen.«
Der Techniker werkelte kurz in dem offenen Schaltkasten herum, ehe der Summton der Schließanlage zu hören war.
Rüdiger Maler wich mit verdutztem Blick von der Scheibe zurück, und Ellen und Mark betraten die Station.
»Hallo, Herr Maler, nicht beim Frühstück?«, fragte Ellen.
»Warum macht der Mann da draußen die Tür kaputt?«, kam die Gegenfrage. Obwohl der junge Mann mit seinen
knappen eins neunzig eine imposante Erscheinung darstellte, war sein Denken nicht sehr viel weiter entwickelt als das eines kleinen Kindes. Dazu passte auch seine Stimme, die sich in einer Höhenlage bewegte, als würde es noch Jahre bis zum Stimmbruch dauern.
»Er macht sie nicht kaputt«, erklärte Ellen. »Er repariert sie gerade.«
»Aha«, machte Maler, dann verzog er das Gesicht zu einem Grinsen. »Hab mir einen runtergeholt.« Stolz zeigte er auf den Fleck im Schritt seiner Jeans. »Willste mal sehen?«
Noch bevor Ellen dieses Angebot ausschlagen konnte, kam Carola, die neue Nachtschwester, aus dem Zimmer geeilt, das sich Maler mit Herrn Brenner teilte.
»Rüdiger, komm sofort her!«
Nun erst sah sie Ellen und Mark und lief rot an. Zuerst dachte Ellen, ihre plötzliche Verlegenheit liege daran, dass die Schwester wusste, welch großen Wert Ellen auf einen respektvollen Umgangston mit den Patienten legte. Ein unprofessionelles Du oder die Anrede beim Vornamen waren für Ellen ein Tabu, ganz gleich, was der Betreffende auch ausgefressen haben mochte.
Aber dann wurde ihr klar, dass Carolas Verlegenheit mit etwas anderem zu tun haben musste. Mit etwas, das sie hinter ihrem zierlichen Rücken zu verstecken versuchte.
»Was ist denn los?«, fragte Ellen.
»Wenn ich gewusst hätte, wie es hier zugeht, hätte ich mich nicht von der Intensivstation hierher versetzen lassen, das können Sie mir glauben«, maulte die Schwester. »Die ganze Nacht wird man von diesen Gestörten auf Trab gehalten, muss ihren Dreck aufwischen, schauen, dass sie so schnell wie möglich ihr Frühstück kriegen, sich mit drei
Fehlalarmen herumschlagen – und dann auch noch das hier!«
Mit einer raschen Bewegung zog sie die Hände hinter dem Rücken hervor und hielt Ellen zwei Pornomagazine vors Gesicht.
»Ups«, entwich es Mark, den dies sichtlich amüsierte. »Und das am frühen Morgen.«
Ellen bedachte ihn mit einem kurzen Seitenblick, der seine Wirkung nicht verfehlte.
Diese Station ist mein Verantwortungsbereich, mein Lieber, sagte sie mit diesem Blick, und wenn sich das Pflegepersonal von HEISSE STUDENTINNEN und MONSTERTITTEN EXTRA abgestoßen fühlt, dann nehme ich so etwas ernst.
Mark verstummte augenblicklich.
Dass sich Schwester Carola davon abgestoßen fühlte, zeigte sie mehr als deutlich – so deutlich, dass es in der Tat etwas Belustigendes hatte. Sie hielt die beiden Magazine jeweils zwischen Daumen und Zeigefinger, als handele es sich um etwas
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