Trigger - Dorn, W: Trigger
waren gerötet, das Gesicht tränenverschmiert, und ein alles dominierender Gedanke schien ihr groß und breit auf die Stirn geschrieben zu sein: BITTE SCHICKT MICH ZURÜCK AUF DIE INTENSIVSTATION.
»Zimmer sieben? Aber das habe ich doch gestern schon zu Herrn Dr. Behrendt gesagt. Ich weiß nichts von einer Patientin auf Zimmer sieben.« Vor lauter Seifenschaum waren die Hände der Schwester kaum noch zu sehen. »Das Zimmer ist nicht belegt.«
»Unmöglich!«
Ellen riss den Belegungsplan von der Pinnwand. Die
beiden herzförmigen Magneten, die ihn dort gehalten hatten, schepperten zu Boden.
Tatsächlich: Wenn man dem Plan glauben wollte, stand Zimmer 7 leer.
»Ellen?« Mark trat neben sie und wechselte einen kurzen Blick mit der konsterniert blickenden Schwester. »Können wir unter vier Augen sprechen?«
»Was geht hier vor, Mark? Wo ist die Frau aus Zimmer sieben? Wieso ist sie nicht im Belegungsplan aufgeführt? Ich meine, auch wenn ihr Name nicht bekannt war, man hätte zumindest das Zimmer als belegt ankreuzen müssen.«
»Und wenn außer Chris und dir niemand von ihrer Aufnahme gewusst hat?«
»Mark, die Frau ist seit drei Tagen hier auf Station. Man kann sie doch nicht so einfach übersehen haben. Sie musste etwas essen und … Moment mal.« Ellen schnappte sich die Bestellliste für die Klinikküche vom Schreibtisch. »Seit Freitag sind dreimal täglich zwölf Mahlzeiten geliefert worden. Zwölf! Mit der Bestellung für Zimmer sieben hätten es dreizehn sein müssen.«
»Wenn ich es doch sage, Zimmer sieben ist nicht belegt.« Es war erstaunlich, wie schnell Schwester Carola wieder zu ihrem trotzigen Tonfall zurückfinden konnte. »Ich habe bei meinen Kontrollgängen bestimmt zweimal in dem Zimmer nachgeschaut. Und ich kontrolliere gründlich, da kann man mir nichts nachsagen. Wenn jemand drin gewesen wäre, hätte ich ihn gesehen.«
Das musste Ellen akzeptieren. Nicht selten kam es vor, dass Patienten ein leerstehendes Zimmer für ein nächtliches Schäferstündchen nutzten. Schließlich gab es für so etwas
in der Klinik keinen offiziellen Platz, auch wenn man schon oft über das Thema diskutiert hatte. Das Personal der Nachtschicht war dazu angehalten, regelmäßig in allen Räumen nachzusehen – ganz gleich, ob sie als belegt gekennzeichnet waren oder nicht.
Und da auch der Abstellraum für das Reinigungspersonal sowie der Erste-Hilfe-Raum und das Badezimmer zu diesem Rundgang gehörten, wagte Ellen nicht, die überflüssige Frage zu stellen, ob Carola dort ebenfalls nachgesehen hatte. Dann kam ihr eine andere Idee. Eine Idee, die ihr einen Stich versetzte.
»Der Fehlalarm! Was, wenn es gar keiner gewesen ist?«
»Was denken Sie wohl, wo ich jedes Mal sofort gewesen bin, wenn der Alarm losging?« Wäre die Nachtschwester eine Figur in einem Comicstrip gewesen, hätte über ihr eine dicke Gewitterwolke mit Blitzen gehangen. »Dreimal ging dieses Mistding los, aber jedes Mal war die Tür fest geschlossen. Und ich glaube ja wohl nicht, dass Sie dieser Patientin Ihren Zahlencode verraten haben, Frau Doktor.«
An jedem anderen Tag hätte Ellen diese Unverschämtheit nicht so einfach auf sich sitzen lassen, aber im Augenblick war sie viel zu durcheinander, um den Sarkasmus dieser Aussage weiter zu beachten. Denn mit einem hatte die Schwester zweifelsohne Recht: Ohne den passenden Schlüssel und den richtigen Code konnte man die Tür nicht öffnen.
Bisher war es jedes Mal ein defektes Relais gewesen, das den Alarm ausgelöst hatte, aber nicht für den Schließmechanismus der Sicherheitstür verantwortlich war. Und diesmal?
Ellen rannte zur Tür, gab hastig ihren Code ein und erwischte
den Techniker gerade noch, ehe er das Gebäude verlassen konnte.
»Ja, wieder das gleiche Teil«, beantwortete er ihre Frage. »Und ich will meinen Allerwertesten drauf verwetten, dass es sich bald wieder meldet. Man müsste das ganze Schaltgehäuse auswechseln. Aber erzählen Sie das mal dem Verwaltungsleiter. Der wirft Sie aus dem Büro, ehe Sie Kostenvoranschlag auch nur ausgesprochen haben.«
»Und Sie sind sich ganz sicher, dass dieses Relais nichts mit dem Türöffner zu tun hat?«
»Absolut. Es löst nur den Alarm aus, aber die Tür bleibt zu. Deswegen unternimmt die Verwaltung ja auch nichts. Ich muss weiter. Also dann, bis zum nächsten Alarm.«
Er sah sich noch einmal nach Rüdiger Maler um, der ihm durch die Glastür nachwinkte, dann stapfte er davon.
»Eine ziemlich seltsame Geschichte.«
Mark
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