Trigger - Dorn, W: Trigger
Frage, was der Kerl mit der Frau anstellen würde. Sicherlich würde er sie nicht zu Kerzenlicht und einem romantischen Abendessen mit nach Hause nehmen.
Er wird dich verprügeln und dir ein für alle Mal einbläuen, wer der Herr im Haus ist – und was mit denjenigen passiert, die diese Regeln missachten.
Ellen griff nach dem Telefon, ließ dann aber wieder davon ab. Wen sollte sie informieren? Mark? Der glaubte ihr ebenso wenig wie die Nachtschwester oder der Techniker, der fest davon überzeugt gewesen war, es habe sich mal wieder um das Relais gehandelt.
Natürlich konnte sie Mark von ihren Vermutungen erzählen, aber ihr Stolz hinderte sie daran. Nicht, nachdem er sie vor wenigen Minuten noch wie eine durchgeknallte hysterische Kuh hingestellt hatte.
Die Polizei? Was sollte sie denen erzählen? Sie wusste so gut wie nichts über diese Patientin. Und überhaupt, wenn ihr nicht einmal ihr Kollege und das Personal Glauben
schenkten, dass es die Patientin wirklich gegeben hatte, wieso sollte ihr dann die Polizei glauben?
Nein, die Antwort darauf war so offensichtlich wie die Tatsache, dass sie sich dies alles nicht nur eingebildet hatte.
Sie musste selbst herausfinden, was passiert war. Und sie wusste auch schon, wo sie mit der Suche beginnen würde.
Kapitel 9
Als Ellen durch die Glastür trat, schlug ihr der unangenehme Kampfergeruch von Desinfektionsmitteln entgegen, der typisch für allgemeinmedizinische Bereiche war und an den sie sich wohl nie würde gewöhnen können.
Sie spürte, wie sich ihr Magen, in erster Linie wegen dieses Geruchs, aber auch, weil sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, verkrampfte. Doch im Augenblick spielte Essen für sie eine Nebenrolle. Sie hungerte nach Wahrheit, nach den Informationen, die sie nur hier finden würde. Hier, in dieser Notaufnahme, war die Frau ohne Namen angekommen, und von hier aus hatte man sie auf Station 9 der Waldklinik überwiesen, wie Chris in dem nun verschwundenen – gestohlenen! – Anmeldebogen vermerkt hatte. Demnach musste es hier auch Unterlagen geben.
Das Problem war nur, dass das Stadtklinikum ein eigenständiges Krankenhaus war und Ellen den Arztbericht über ihren Intranet-Zugang zur Klinikdatenbank nicht abfragen konnte. Auch war es schwierig, schriftlich oder per E-Mail
einen Arztbericht für eine Patientin anzufordern, deren Name unbekannt war. Also blieb Ellen nur, auf dem traditionellen Dienstweg persönlich nachzufragen.
Trotz aller Umständlichkeit war ihr das nicht ganz unrecht gewesen. Von ihrer Station bis zur Notaufnahme waren es fast zehn Gehminuten durch den Klinikpark, und die Bewegung hatte ihr gutgetan. Das Laufen hatte ihre Wut über Marks Zweifel und die der Schwester ein wenig kleiner werden lassen, ebenso wie den Zorn auf ihre eigene Hilflosigkeit, nicht das Gegenteil beweisen zu können und wie eine Idiotin dazustehen.
Doch die Spannung war geblieben. Kein Wunder, war doch der schlimmstmögliche Fall eingetreten, der hatte passieren können: Die Frau, die Chris ihr anvertraut hatte, war verschwunden, wenn nicht gar entführt worden.
Patientin gibt an, in Gefahr zu sein, hatte Chris notiert. Ich glaube ihr.
Ellen schauderte bei diesem Gedanken. Dieses eine Wort – Gefahr – erschien ihr wie ein gigantisches Ungeheuer. Wie ein großer schwarzer Hund …
Wie sie schon befürchtet hatte, war Ellen nicht die einzige Hilfesuchende in der Notaufnahme. Die junge Schwester hinter dem Anmeldepult wurde von einer kleinen Menschenansammlung bedrängt, die aufgeregt in deutsch-türkischem Kauderwelsch auf sie einredete. Nach dem, was Ellen davon verstand, war der kleine Junge, der neben seinem Vater im Rollstuhl saß und heulte, beim Spielen von irgendwo heruntergesprungen und hatte sich dabei das Fußgelenk gebrochen.
Das kann dauern, dachte Ellen genervt und sah sich nach
weiterem Klinikpersonal um. Eine zweite Schwester kam eiligen Schrittes den Flur entlang. Doch noch bevor sich Ellen an der Familie vorbeigedrängt hatte, um die Schwester anzusprechen, schob diese bereits den Jungen durch eine Flügeltür, auf deren Milchglasscheibe die Worte NOTFALLAMBULANZ und KEIN ZUTRITT! zu lesen waren.
Die Familie schien dies mit Ausnahme des Vaters, der sich eine Zigarette in den Mund steckte und vor die Tür hinaustrat, gar nicht mitbekommen zu haben. Die Schwester am Schalter gab den noch immer hysterisch durcheinanderredenden Frauen unter Zuhilfenahme ausladender Handgesten zu verstehen, man möge sich doch bitte in
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