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Trigger - Dorn, W: Trigger

Titel: Trigger - Dorn, W: Trigger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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Arzt.

    Doch Ellen hatte Glück. Sogar mehr, als sie erhofft hatte. Das Krankenhausinformationssystem, kurz KIS, war dieselbe Software, die auch in ihrer eigenen Klinik verwendet wurde.
    Ellen öffnete die Suchmaske und gab das Datum des vergangenen Freitags ein. Nach einem kurzen Bitte warten erschien eine Liste mit Namen, neben denen die Uhrzeit der Aufnahme und eine fortlaufende Folge von Aktennummern zu lesen war. Die Liste war erstaunlich lang. Freitags schien hier einiges los zu sein, vor allem abends und nachts. Kein Wunder, immerhin wurde der meiste Alkohol am Wochenende getrunken, da waren Unfälle jeglicher Art geradezu vorprogrammiert.
    Ellen rief erneut die Suchmaske auf und sortierte die weiblichen Patienten heraus. Noch immer umfasste die Liste an die zwanzig Namen. Da sie jedoch das Geburtsjahr ihrer Patientin nicht wusste, blieb ihr nichts anderes übrig, als jeden Namen einzeln aufzurufen.
    Mist!
    Von irgendwoher auf dem Gang war die weinerliche Stimme eines Mannes zu hören. »Aber ich brauch sie doch!«
    Ellen warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr neben dem Wandregal. Ihr blieben noch achtzehn Minuten. Wenn sie dann nicht zurück auf ihrer Station war, würde sie Ärger bekommen – allerdings wäre der nicht zu vergleichen mit dem, den sie kriegen würde, wenn man sie hier erwischte.
    Hektisch ging sie die Liste durch. Schnittwunden, eine Handgelenksfraktur, eine ausgerenkte Schulter, ein … Da!
    Die Frau hieß Silvia Janov, und so wie es aussah, handelte es sich hier um einen Treffer.

    Geboren: 20.01.1974, las Ellen. Das passte. Von Beruf war Frau Janov Hausfrau.
    Der behandelnde Arzt, dessen Name mit B. Drexler angegeben war, hatte bei ihr mehrere Hämatome auf beiden Gesichtshälften festgestellt sowie weitere im Brustbereich und an den Armen. Einige davon waren aus seiner Sicht nicht auf den aktuellen Unfall zurückzuführen, was im Klartext bedeutete, er vermutete, sie sei in letzter Zeit häufiger verprügelt worden. Dennoch wurde B. Drexler nicht konkreter, sondern kommentierte die Art des Unfalls mit: Gibt an, eine Treppe hinabgestürzt zu sein.
    Ellen las weiter. Frau Janov stand bei ihrer Einlieferung unter Schock. Trotz der heftigen Schläge, die sie bezogen haben musste, konnte der Notarzt keine Frakturen oder innere Verletzungen feststellen. Unter »Weitere Auffälligkeiten« war vermerkt: Starker Alkoholkonsum, mangelnde Körperhygiene, daraus resultierende Pilzinfektionen im Achsel- und Schambereich.
    Obwohl sie selbst schon genügend Patienten- und Unfallberichte verfasst hatte, kam Ellen die nüchterne Sachlichkeit dieses Berichts ekelerregend vor. Das Schicksal dieser Frau stand so offen zwischen den Zeilen, und dennoch schien Silvia Janov für diesen B. Drexler nicht mehr als ein versifftes, alkoholisiertes Subjekt zu sein. Eine der unzähligen Frauen aus sogenannten Problemfamilien, die von ihrem Gatten geprügelt wurden und es vielleicht nicht besser verdient hatten.
    »Mit der würdest du bestimmt nicht im selben Lokal sitzen wollen, lieber Herr Drexler«, murmelte Ellen und klickte auf Datei drucken.
    Sie war überzeugt, dass es sich bei dieser Silvia Janov um
die Frau ohne Namen handelte, das sagte ihr eine innere Stimme. Dennoch wollte sie auch noch die anderen Namen durchsehen. Doch dazu kam sie nicht mehr.
    Gerade als Ellen die nächste Datei öffnete, ging die Tür auf. Herein kam Dr. Anna März.

Kapitel 10
    Betrat man das Büro des ärztlichen Direktors der Waldklinik, fiel einem als Erstes der gewaltige Eichenholzschreibtisch auf. Wie ein Altar stand er inmitten des Raumes.
    Doch wenn Professor Dr. Raimund Fleischer dahinter saß, schien der Tisch zu schrumpfen. Fleischer war ein hünenhafter Mann um die fünfzig, athletisch gebaut und mit markanten Gesichtszügen. Sein volles, grau meliertes Haar versuchte er mit Pomade zu bändigen, was ihn wie einen Leinwandstar aus den Fünfzigerjahren aussehen ließ.
    Diese Frisur und sein stets übertrieben gepflegtes Äußeres trugen Schuld daran, dass ihn manche Klinikmitarbeiter hinter vorgehaltener Hand den Schönling nannten. Allerdings wagte keiner, diesen Namen laut auszusprechen, selbst dann nicht, wenn man ihm eine Stange Geld dafür geboten hätte.
    Neben der Klinikleitung fungierte Fleischer auch noch als Forscher und Universitätsdozent. Er war dafür bekannt, kaum eine freie Minute in seinem Tagesplan zu haben. Doch seit Ellens unbefugtem Eindringen in das Arztzimmer
der Nachbarklinik war kaum eine halbe

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